Die Verbindung von Einspruchsverfahren stellt eine Verfahrenshandlung dar, die grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden kann. Auf die Frage, ob die Verbindung als Verwaltungsakt einzuordnen ist oder nicht, kommt es insoweit nicht an.
Die Verbindung der Einspruchsverfahren ist als Verfahrenshandlung nicht selbstständig anfechtbar.
Die Verbindung von Einspruchsverfahren ist eine Verfahrenshandlung.
Verfahrenshandlungen sind Maßnahmen, die beispielsweise dem Erlass eines Verwaltungsakts vorausgehen und nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt (noch) keine materiell-rechtliche Regelung treffen, sondern diese erst vorbereiten; sie sind geeignet, das Verwaltungsverfahren zu fördern, können es aber nicht abschließen1.
Zwar enthält die Abgabenordnung keine ausdrücklichen Regelungen über die Verbindung von Einspruchsverfahren; doch ist eine solche nach allgemeiner Auffassung gleichwohl möglich2. Sie ist in den Fällen, in denen -wie im Streitfall- mehrere Feststellungsbeteiligte Einspruch erheben, regelmäßig auch geboten, da in diesem Fall eine Entscheidung über die Rechtsbehelfe grundsätzlich nur einheitlich ergehen kann3. Die Verbindung der Einspruchsverfahren ersetzt in diesem Fall die Hinzuziehung eines der Beteiligten zum Einspruchsverfahren des anderen4.
Verfahrenshandlungen sind grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, der sowohl § 128 Abs. 2 FGO als auch § 44a VwGO zugrunde liegt, und gilt gleichermaßen auch für das Verwaltungsverfahren nach der AO.
Gemäß § 128 Abs. 2 FGO können im finanzgerichtlichen Verfahren neben prozessleitenden Verfügungen und Aufklärungsanordnung etc. Beschlüsse über Verbindung und Trennung von Verfahren nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Selbst eine Überprüfung und Abhilfe durch den BFH im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gegen die Endentscheidung des Finanzgericht scheidet regelmäßig aus (vgl. § 124 Abs. 2 i.V.m. § 128 Abs. 2 FGO)5.
Eine Ausnahme lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung nur dann zu, wenn sich nach entsprechender Rüge eines Beteiligten ergibt, dass die Vornahme oder das Unterlassen der Verbindung oder Trennung willkürlich gewesen -also ohne sachlichen Grund erfolgt- ist oder dass ein Beteiligter durch die Verbindung oder Trennung prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wurde6.
Aber auch in diesem Fall ist § 128 Abs. 2 FGO zu beachten, mit der Folge, dass die Verbindung regelmäßig nicht isoliert angegriffen werden kann. Eine entsprechende Überprüfung erfolgt gegebenenfalls erst im Rechtsmittelverfahren gegen die Endentscheidung des Finanzgericht, also im Rahmen einer gegen diese Entscheidung gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde7 oder einer Revision8.
In ähnlicher Weise bestimmt § 44a Satz 1 VwGO, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können. Dies gilt nach § 44a Satz 2 VwGO nur dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
Aus der Gegenüberstellung der in dieser Regelung verwendeten Begriffe „Verfahrenshandlung“ und „Sachentscheidung“ folgert das BVerwG, dass der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe alle behördlichen Maßnahmen erfasst, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen, und dass es insoweit unerheblich ist, welche Rechtsform diese vorbereitende Maßnahme hat, ob es sich also um einen Verwaltungsakt handelt oder aber um einen Realakt9.
Dies gilt dem BVerwG zufolge auch in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a VwGO oder nach § 123 VwGO, da in einem Eilverfahren nicht weitergehender Rechtsschutz erlangt werden kann als im Klageverfahren; entsprechende Anträge sind demzufolge regelmäßig, soweit nicht ein Ausnahmefall nach § 44a Satz 2 VwGO vorliegt, unzulässig10.
Der Bundesfinanzhof wiederum hat bereits in anderem Zusammenhang auf § 44a VwGO zurückgegriffen und darauf verwiesen, dass die darin enthaltene Regelung eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes darstellt, nach dem Verfahrenshandlungen nicht selbstständig angefochten werden können, solange das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist11.
Das entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts12.
Ausgehend von diesen Überlegungen kann auch im Verwaltungsverfahren nach der AO die Verbindung von Einspruchsverfahren als Verfahrenshandlung, die das eigentliche Verwaltungsverfahren noch nicht abschließt; vom Grundsatz her weder mit einer isolierten Klage noch -wie hier- im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes angefochten werden. Darauf, ob die Verbindung als Verwaltungsakt einzuordnen ist oder nicht, kommt es insoweit nicht an.
Selbst dann, wenn vorgebracht wird, die Vornahme oder das Unterlassen einer Verbindung oder Trennung seien willkürlich oder würden einen Beteiligten in der Wahrnehmung seiner Rechte behindern, kann eine entsprechende Überprüfung regelmäßig erst im Rechtsmittelverfahren gegen die Endentscheidung des Finanzamt erfolgen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30. März 2021 – VII B 62/20
- vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 118 AO Rz 177, m.w.N.; ebenso für das allgemeine Verwaltungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 09.05.2019 – 4 VR 1/19, NVwZ 2019, 1357, Rz 17, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 31.05.1978 – I R 76/76, BFHE 125, 332, BStBl II 1978, 600, unter I.; s.a. Thürmer in HHSp, § 73 FGO Rz 7, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz 50; Brandis in Tipke/Kruse, § 73 FGO Rz 1; Klein/Rätke, AO, 15. Aufl., § 367 Rz 32[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 125, 332, BStBl II 1978, 600, unter I.; ebenso BFH, Beschluss vom 12.04.2018 – X B 144, 145/17, BFH/NV 2018, 966, Rz 32; s.a. Werth in Gosch, AO § 352 Rz 39[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.10.2008 – IV R 82/06, BFH/NV 2009, 581, unter II. 1.a.; s.a. Siegers in HHSp, § 352 AO Rz 282, und Tappe in HHSp, § 353 AO Rz 82[↩]
- s.a. BFH, Beschluss vom 04.11.2009 – V S 18/09 (PKH), BFH/NV 2010, 228, unter II. 2.b, m.w.N.[↩]
- vgl. etwa BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2018, 966, Rz 30; vom 27.04.2012 – III B 241/11, BFH/NV 2012, 1322, Rz 6; und vom 13.05.2011 – V B 60/10, BFH/NV 2011, 1886, Rz 8, jeweils m.w.N.; BFH, Urteil vom 27.09.1994 – VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353, unter C.II. 3.; s.a. Thürmer in HHSp, § 73 FGO Rz 42; Brandis in Tipke/Kruse, § 73 FGO Rz 13[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2018, 966; in BFH/NV 2012, 1322, und in BFH/NV 2011, 1886[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 08.11.2005 – VIII R 2/96, BFH/NV 2006, 573, unter 2.b, und BFH, Urteil in BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353[↩]
- s. BVerwG, Urteil vom 06.11.2019 – 4 A 2/19 Rz 11, und BVerwG, Beschluss in NVwZ 2019, 1357, Rz 17[↩]
- s. BVerwG, Beschlüsse vom 14.03.2019 – 2 VR 5/18, BVerwGE 165, 65, NVwZ 2020, 312, Rz 19, und in NVwZ 2019, 1357, Rz 16, jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 11.04.2012 – I R 63/11, BFHE 237, 29, BStBl II 2012, 539, Rz 14, m.w.N., zu § 364a AO; ähnlich bereits BFH, Urteil vom 10.11.1998 – VIII R 3/98, BFHE 187, 386, BStBl II 1999, 199, unter 1.c, zu der schriftlichen Aufklärungsanordnung eines Außenprüfers[↩]
- s. BSG, Urteil vom 24.11.2004 – B 3 KR 16/03 R Rz 19, m.w.N.[↩]










