Der 10. Oktober gilt als „Internationaler Tag gegen die Todesstrafe“. Damit wird jedes Jahr aufs Neue daran erinnert, dass die Tötung eines Menschen in einigen Staaten immer noch als legitime Strafe für ein begangenes Verbrechen fest verankert ist.

Die Tatsache, dass in der Europäischen Union die Todesstrafe erfolgreich bekämpft worden ist, sollte nicht verschleiern, dass global gesehen, die Todesstrafe durchaus noch präsent ist: Eine Reihe von arabischen Staaten, China und – nicht zu vergessen – die USA erlauben die Todesstrafe. Dagegen ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention das Recht auf Leben fest verankert. Darüber hinaus haben alle Mitgliedstaaten des Europarates das „Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe“ unterzeichnet (keine Ratifizierung durch Russland).
Soweit sind die Vereinten Nationen in ihrem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) nicht gegangen. Hier ist die Todesstrafe in Artikel 6 nicht komplett verboten worden, weil sie noch in einigen Staaten angewandt wird. Aber mit dem “Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe” werden die Vertragsstaaten zur Abschaffung der Todesstrafe verpflichtet.
Praktisch ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht möglich, ohne die Todesstrafe abgeschafft zu haben, ist z.B. im Iran ein Todesurteil durchaus gängige Praxis. Dort wurde eine Frau zum Tode verurteilt, weil sie einen Mann erstochen hat, der sie vergewaltigen wollte. Am vergangenen Mittwoch sollte das Urteil vollstreckt werden. Auch wenn die Vollstreckung (vorläufig) nicht durchgeführt worden ist, stellt sich die Frage, ob neben dem Recht auf Leben hier nicht auch ganz massiv gegen das Verbot der Folter verstoßen wird.
Zuletzt haben Schlagzeilen aus den USA über „nicht ordnungsgemäß durchgeführte tödliche Injektionen“ für große Empörung gesorgt, weil sich der Todeskampf des Verurteilten unermesslich lang hingezogen hat. Wegen Lieferengpässen bei den Medikamenten, die bei der tödlichen Injektion verwendet werden, ist fataler Weise auf andere Mittel zurückgegriffen worden, deren Wirkung aber nicht vergleichbar war. So ist im Mai diesen Jahres in Tennessee ein Gesetz unterzeichnet worden, wonach bei Todesurteilen wieder der elektrische Stuhl vorgesehen ist, wenn für die tötliche Injektion die Medikamente nicht verfügbar sind.
Immer wieder kommt es wegen der Todesurteile in den USA zu heftiger Kritik durch die Europäische Union. In der Reaktion der Amerikaner ist ersichtlich, wie fest die Todesstrafe in einigen Bundesstaaten verankert ist: So hat sich der Gouverneur von Texas, Rick Perry (2007),jede Kritik der EU an der Todesstrafe verbeten, als er eine Begnadigung abgelehnt hat. Sein Sprecher verwies auf die Geschichte, dass vor 230 Jahren ihre Vorfahren einen Krieg geführt hätten zur Befreiung vom Joch eines europäischen Herrschers und zur Erlangung von Freiheit und Selbstbestimmung. Jede Einmischung der EU in die Angelegenheiten des Bundesstaates Texas verbete er sich.
Im Februar 2010 ist ein Auslieferungs- und Amtshilfeabkommen zwischen der EU und den USA in Kraft getreten, nach dem nur dann Gefangene aus einem Mitgliedstaat der EU an die USA ausgeliefert werden, wenn deren Leben in den USA nicht durch die Todesstrafe bedroht ist.
Am „Internationalen Tag gegen die Todestrafe“ darf die Frage erlaubt sein, wann das Recht auf Leben weltweit als grundlegendes Menschenrecht anerkannt und geachtet wird.