Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass von dem Täter infolge seines fortdauernden Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Täter infolge seines Zustandes drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt1.
Der Umstand, dass ein Täter trotz bestehender Grunderkrankung in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, kann dabei ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten sein und ist deshalb regelmäßig zu erörtern2.
Daran gemessen erwiesen sich im hier entschiedenen Fall die Erwägungen, mit denen das Landgericht seine Gefahrenprognose begründet hat, als lückenhaft. Denn die Strafkammer hätte sich dabei auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Beschuldigte vor der Anlasstat letztmals am 24.09.2004 strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Nach den Urteilsgründen besteht seine Psychose „bereits langjährig“ und ist „chronifiziert“. Dies spricht – obgleich der Beginn der Erkrankung nicht eindeutig festgestellt ist – dafür, dass es in der Vergangenheit bereits eine längere Phase gab, in der der Beschuldigte trotz bestehenden Defekts straffrei blieb. Der Umstand, dass er von der zuständigen Strafvollstreckungskammer bereits im Januar 2006 aus dem Vollzug der wegen der Tat vom 24.09.2004 angeordneten Maßregel nach § 64 StGB in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überwiesen wurde (vgl. § 67a Abs. 1 StGB aF), legt nahe, dass er schon zu diesem Zeitpunkt in einem Zustand war, in dem sich der Maßregelvollzug nach § 63 StGB als die besser geeignete Behandlungsart darstellte.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Mai 2019 – 4 StR 135/19
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 – 2 BvR 2957/12, Rn. 27; BGH, Beschluss vom 07.06.2016 – 4 StR 79/16, NStZ-RR 2016, 306 mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27.02.2019 – 4 StR 419/18, Rn. 13; Beschluss vom 04.07.2012 – 4 StR 224/12, NStZ-RR 2012, 337, 338; Beschluss vom 11.03.2009 – 2 StR 42/09, NStZ-RR 2009, 198, 199; Urteil vom 17.11.1999 – 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27[↩]
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- Verzweiflung: Gerd Altmann