Kreditbetrug mittels Genussrechten

Genussrechtekapital kann die Voraussetzungen eines Kredits i.S.v. § 265b Abs. 1 StGB erfüllen.

Kreditbetrug mittels Genussrechten

Das gewährte Genussrechtekapital erfüllt die Voraussetzungen eines Kredits i. S. von § 265b Abs. 1 StGB.

Der Kreditbegriff wird durch § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB legal definiert; danach sind Gelddarlehen aller Art, Akzeptkredite, der entgeltliche Erwerb und die Stundung von Geldforderungen, die Diskontierung von Wechseln und Schecks und die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen erfasst. Unter dem Begriff des Gelddarlehens ist jedes rechtsgeschäftliche Zurverfügungstellen von Geld für einen begrenzten Zeitraum zu verstehen1.

Nach dem im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers sind allerdings insbesondere gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an Unternehmen vom Kreditbegriff des § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB ausgenommen2.

Die Qualifizierung von Genussrechten als „Gelddarlehen“ i. S. von § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB ist umstritten.

Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums gehen von einer allgemeinen Zuordnung der Genussrechte zum Kreditbegriff des § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB aus3.

Demgegenüber lehnt ein Teil des Schrifttums eine generelle Subsumtion der Genussrechte unter den Kreditbegriff wegen der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten dieses Finanzierungsinstruments ab und fordert eine einzelfallbezogene Überprüfung, die jedenfalls solche Genussrechte ausnimmt, die gesellschafterähnliche Beteiligungsrechte gewähren4.

Genussrechte sind – unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen – „Gelddarlehen“ und damit „Kredite“ i. S. des § 265b Abs. 3 Nr. 2 StGB.

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Das Genussrecht findet zwar im Gesetz vielfach Erwähnung, ist jedoch gesetzlich nicht definiert5. Es begründet keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Unternehmen, sondern lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft6. Der Genussrechtsvertrag wird zivilrechtlich als Dauerschuldverhältnis eigener Art bewertet7.

In ihrer grundsätzlichen Struktur weisen Genussrechte klassische Elemente von Darlehensgeschäften auf: Sie sind auf die Überlassung von Kapital zur Rückzahlung nach Ablauf einer (zumeist langfristigen) Laufzeit ausgerichtet. Für die Überlassung wird eine Vergütung geleistet, die je nach Vereinbarung als Festvergütung oder als Zinsschuld ausgestaltet sein kann. Kapitalüberlassung und Leistung der vereinbarten Gewinnbeteiligung sind Hauptpflichten des Vertrages8.

Im Unterschied zur Rechtsstellung „echter“ Gesellschafter von Kapitalgesellschaften gewähren Genussrechte ihren Inhabern allenfalls gesellschaftertypische Vermögensrechte, jedoch keine Mitverwaltungsrechte9. Informations- und Teilnahmerechte (ohne Mitverwaltungsrechte) werden ihnen nur in eng begrenztem Rahmen zugestanden10, eine aktive Beteiligung am Willensbildungsprozess innerhalb der Gesellschaft ist ihnen jedoch verwehrt11.

Bereits die vom Gesetzgeber zur Abgrenzung des in § 265b StGB definierten Kreditbegriffs selbst gewählte Formulierung „gesellschaftsrechtliche Beteiligungen“2 deutet aber darauf hin, dass ausgenommen nur die klassischen Unternehmensbeteiligungen, jedoch keine beteiligungsähnlichen schuldrechtlichen Verbindungen sein sollten. Die vom Gesetzgeber ausdrücklich in Bezug genommenen „Beteiligungen“ i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 5 KWG aF (§ 19 Abs. 1 Nr. 7 KWG nF), sind indes gerade durch die mitgliedschaftlichen Mitsprache- und Mitwirkungsmöglichkeiten ihrer Inhaber geprägt12.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 114/14

  1. in diesem Sinne Saliger in SSW-StGB, 2. Aufl., § 265b Rn. 5 mwN; ähnlich bereits OLG Hamm wistra 2008, 195; dem folgend Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 265b Rn. 35[]
  2. BT-Drs. 7/3441, S. 32[][]
  3. OLG Hamm wistra 2008, 195, 197; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 265b Rn. 12; Saliger aaO[]
  4. vgl. Wohlers/Mühlbauer in MünchKomm-StGB, 2. Aufl., § 265b Rn. 14[]
  5. BGH, Urteil vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 309; Überblick bei Schrecker, Mezzanine-Kapital im Handels- und Steuerrecht, 2012, S. 27 mwN[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 199, 305, 309 f.; BFH, Urteil vom 19.01.1994 – – I R 67/92, GmbHR 1994, 410, 411 mwN; Krieger in MünchHdbGesR, Band 4, 3. Aufl., § 63 Rn. 62 mwN; Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch, BB-Beilage 2005 Nr. 14, 1, 17[]
  7. BGH, Urteile vom 21.07.2003 – – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38, 43; und vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 330 mwN; näher Dangelmayer, Der Schutz von Genussrechtsinhabern im Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes, 2013, S. 55 ff.[]
  8. BGH, Urteil vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 330[]
  9. BGH, Urteile vom 21.07.2003 – – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38, 43; vom 09.11.1992 – – II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 146 f.; und vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 310, 316 mwN; s.a. Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch aaO, S. 14, 18[]
  10. vgl. dazu BGH, Urteil vom 05.10.1992 – – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 316 mwN; Krieger aaO Rn. 62 mwN; Dangelmayer aaO S. 38 f. mwN[]
  11. vgl. zum Ausschluss von Stimm- und Anfechtungsrechten BGH aaO S. 316 mwN; Krieger aaO Rn. 62 mwN; Dangelmayer aaO S. 38 f. mwN; Emde, Der Genussschein als Finanzierungsinstrument, Diss.1987, S. 7 mwN[]
  12. für § 19 Abs. 1 Nr. 7 KWG nF vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 19 Rn. 29; zur Anlehnung des § 19 Abs. 1 Nr. 7 KWG nF an den Begriff der „Beteiligung“ in § 271 HGB und zur dort h.M., die Genussrechte ebenfalls mangels mitgliedschaftlicher Rechte ausschließt, vgl. Hüttemann/Meyer in Staub, HGB, Band 5, 5. Aufl., § 271 Rn. 6 mwN; Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 1, 3. Aufl., § 271 Rn. 2; einschr. Reiner in MünchKomm-HGB, Band 4, 3. Aufl., Rn. 8[]
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