Ein Landkreis ist gegen die private Konkurrenz eines Unternehmens, das Sammlungen von Altkleidern betreibt, rechtlich nicht geschützt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im Bereich der Alttextilien erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (1. Juni 2012) gegründet worden ist.

Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart1 bestätigt, nach dem der Landkreis Böblingen eine gewerbliche Altkleidersammlung nicht verbieten durfte. Der Kläger hatte am 28.12.2012 beim Landratsamt Böblingen eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien/Schuhen mittels Sammelcontainern angemeldet. Mit Bescheid vom 11.02.2013 untersagte ihm das Landratsamt Böblingen, gewerbliche Altkleider, Alttextilien und Schuhe entsprechend seiner Anzeige zu sammeln, forderte ihn auf, sämtliche aufgestellte Sammelcontainer innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides zu entfernen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Gegen die Untersagungsverfügung hat sich der Unternehmer gewehrt und vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Recht bekommen. Dagegen hat sich der Landkreis mit der Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gewandt.
In seiner Urteilsbegründung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ausgeführt, dass die für die Untersagungsverfügung nach § 18 Abs. 5 Kreislaufwirtschaftsgesetz geltend gemachten Gründe sämtlich nicht vorliegen. So sei das Unternehmen nicht unzuverlässig, weil jedenfalls durch die inzwischen gewählte Beschriftung der Sammelcontainer nicht (mehr) der irrige Eindruck einer Gemeinnützigkeit der Sammlung erweckt werde.
Weiter fehle es auch nicht an ausreichenden Darlegungen des Unternehmens zu den Verwertungswegen. Selbst wenn man hier noch weitere Präzisierungen für erforderlich halten wollte, hätte das Landratsamt vor einem gänzlichen Verbot der Sammlung zunächst mildere ordnungsrechtliche oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Maßnahmen ergreifen müssen, was hier aber nicht geschehen sei.
Ohne Erfolg berufe sich das Landratsamt auch darauf, dass die gewerbliche Sammlung unzulässig sei, da im Entsorgungsgebiet durch den Landkreis in öffentlich-rechtlicher Verantwortung Alttextilien gesammelt und verwertet würden. Der Landkreis sei gegen die private Konkurrenz durch das klagende Unternehmen rechtlich nicht geschützt. Ein solcher Schutz komme nämlich nicht in Betracht, wenn – wie hier und anders als in den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen – der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im Bereich der Alttextilien erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (1. Juni 2012) gegründet worden sei und im Anschluss daran seine Sammeltätigkeit aufgenommen habe, während bislang Alttextilien im Entsorgungsgebiet ausschließlich von gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlungen erfasst worden seien. Denn bei einer solchen Konstellation habe es zum maßgeblichen Zeitpunkt an einer Strukturplanung des öffentlich-rechtlichen Entsorgers gefehlt, die durch gewerbliche Sammler hätte beeinträchtigt werden können.
Aus diesen Gründen hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückgewiesen, mit dem dieses der Klage eines Unternehmens stattgegeben hatte.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2018 – 10 S 1449/17
- VG Stuttgart, Urteil vom 28.04.2017 – 14K 361/15[↩]