Ausweisung wegen Drohvideo

Die Ausweisung wegen eines al-Qaida Drohvideos ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Verhalten des Betroffenen eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, die die Prognose weiterer schwerer Störungen rechtfertigt.

Ausweisung wegen Drohvideo

So die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg in dem hier vorliegenden Fall eines Eilantrages eines 28-jährigen türkischen Staatsangehörigen aus Villingen-Schwenningen gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland. Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Antragsteller hatte im September 2009 ein Video in seinen YouTube-Account eingestellt, in dem im Namen von al-Qaida Terroranschläge in Deutschland für den Fall angedroht wurden, dass bei der bevorstehenden Bundestagswahl eine den Bundeswehreinsatz in Afghanistan befürwortende Regierung gewählt werde. Mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 12.11.2009 war er deshalb wegen Beihilfe zur Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Mit Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.05.2012 wurde er u. a. ausgewiesen und ihm die Abschiebung angedroht. Dagegen wendet er sich mit dem Eilantrag.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg war dem Antragsteller der Drohcharakter des Videos von Anfang an bekannt und er hat mit dessen Einstellen auf seinem Account das Ziel von al-Qaida bewusst unterstützt, die Bevölkerung in Deutschland zu verunsichern und Einfluss auf den Ausgang der Bundestagswahlen zu nehmen. Sein Verhalten stelle auch eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, die die Prognose weiterer schwerer Störungen rechtfertige. Denn er habe nach seiner Entlassung aus der Haft ab Herbst 2010 erneut Videos in seinen YouTube-Account eingestellt. Diese hätten zwar nicht das gleiche Bedrohungspotential gehabt wie das Video von al-Qaida. Sie belegten aber, dass von einem Gesinnungswandel nicht gesprochen werden könne. Zum Teil seien die Videos auch als Kundgebung von Sympathie mit den Zielen von al-Qaida anzusehen. In drei Videos sei zur (finanziellen) Unterstützung der Ehefrau des Anführers der islamistischen „Sauerland-Gruppe“ aufgerufen worden, die wegen ihrer Unterstützung von al-Qaida und anderen Terrororganisationen im März 2011 zu einer Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren verurteilt worden sei. In einem Video sei Osama bin Laden als Märtyrer bezeichnet worden. Zu Beginn des Jahres 2011 habe der Antragsteller Videos eingestellt, in denen jeweils zum bewaffneten Kampf aufgerufen worden sei. Dies mache deutlich, dass sich seine bereits 2009 offenbarte Einstellung zum Dschihad nicht gewandelt habe. Nicht zu seinen Gunsten könne sich auswirken, dass er seinen YouTube-Account im Mai 2011 unmittelbar nach einem am selben Tag bei der Ausländerbehörde geführten Sicherheitsgespräch abgeschaltet habe. Die Löschung des Accounts sei vielmehr als taktisches Vorgehen zu bewerten, um zumindest vorübergehend nicht mehr durch einschlägige Veröffentlichungen aufzufallen.

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Das Regierungspräsidium habe umfassende Ermessenserwägungen angestellt. Die Verwurzelung des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland sei mit der ihr zukommenden Bedeutung berücksichtigt worden. Dies gelte auch für die Belange, die sich aus der Beziehung zu seinem deutschen Kind ergäben, welches ohnehin vom Antragsteller getrennt und in einem anderen Bundesland lebt. Im Ergebnis habe das Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das öffentliche Sicherheitsinteresse an einer Ausweisung des Antragstellers als vorrangig angesehen.

Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 4. Oktober 2012 – 1 K 1121/12