Das Äußerungsrecht der Prozesspartei – und die Hinweispflicht des Gerichts

Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können1

Das Äußerungsrecht der Prozesspartei – und die Hinweispflicht des Gerichts

Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern2

Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte3

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 2021 – 1 BvR 2356/19

  1. vgl. BVerfGE 84, 188 <190> m.w.N.[]
  2. vgl. BVerfGE 60, 175 <210, 211 f.> 64, 135 <143> 65, 227 <234> 86, 133 <144>[]
  3. vgl. BVerfGE 84, 188 <190> 86, 133 <144 f.> BVerfGK 7, 350 <354>[]

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