Ingewahrsamnahme nach dem PolG – und die Frage des richtigen Rechtsmittels

Die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 70 ff. FamFG) finden auf Verfahren, in denen das Amtsgericht zur Beseitigung einer bevorstehenden oder bereits eingetretenen erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Fortdauer des Gewahrsams gegen den Betroffenen angeordnet hat (§ 28 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 3 und 5 PolG BW), keine Anwendung.

Ingewahrsamnahme nach dem PolG – und die Frage des richtigen Rechtsmittels

Die §§ 70 ff. FamFG gelten als im allgemeinen Teil dieses Gesetzes enthaltene Vorschriften zunächst für die in den weiteren Büchern des FamFG näher geregelten Verfahren und für alle weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit diese durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind (§ 1 FamFG).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es handelt sich insbesondere nicht um eine Freiheitsentziehungssache nach den §§ 415 ff. FamFG, die grundsätzlich nur aufgrund von Bundesrecht angeordnete Freiheitsentziehungen betreffen (§ 415 Abs. 1 FamFG; vgl. BGH, Beschluss vom 07.12 2010 – StB 21/10, NJW 2011, 690 f.). Denn Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamsnahme des Betroffenen war § 28 PolG BW und damit eine landesgesetzliche Bestimmung. Soweit § 28 Abs. 4 Satz 2 PolG BW für den Gewahrsam eine entsprechende Anwendung des FamFG vorsieht, bezieht sich diese Verweisung seit der Gesetzesänderung vom 13.08.2014 nunmehr eindeutig ausschließlich auf die Regelungen in dessen allgemeinen Teil, nicht auf die speziellen Regelungen betreffend der Verfahren in Freiheitsentziehungssachen in Buch 7 des FamFG1.

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Aber auch aufgrund der Verweisung in den maßgebenden landesgesetzlichen Vorschriften auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Buches 1 des FamFG finden die §§ 70 ff. FamFG vorliegend keine – entsprechende – Anwendung. § 28 Abs. 4 Satz 2 PolG BW bestimmt für das Verfahren der gerichtlichen Ingewahrsamsnahme nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG BW eine entsprechende Anwendung nur der Abschnitte 1 bis 3 sowie 6, 7 und 9 des Buches 1 FamFG. Diese Regelung betrifft nicht die Rechtsbeschwerde, die im Abschnitt 5 Unterabschnitt 2 dieses Buches normiert ist. Vielmehr sieht § 28 Abs. 4 Satz 7 PolG BW im Falle der amtsgerichtlichen Gewahrsamsnahme lediglich das Rechtsmittel der Beschwerde vor, für die die Vorschriften des Buches 1 Abschnitt 5 Unterabschnitt 1 des FamFG entsprechend gelten sollen2.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. September 2016 – StB 26/16

  1. Landtags-Drs. 15/2434, S. 33[]
  2. vgl. Landtags-Drs. 14/4110, S. 36[]