Polizeilicher Schutz- und Unterbindungsgewahrsam – und die richterliche Entscheidung nach Freilassung

Der Zulässigkeit von Beschwerden der vom polizeilichen Schutz- oder Unterbindungsgewahrsam (hier: nach dem Niedresächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz) Betroffenen steht nicht entgegen, dass die Beschwerden erst nach Beendigung der Freiheitsentziehung eingelegt worden sind.

Polizeilicher Schutz- und Unterbindungsgewahrsam – und die richterliche Entscheidung nach Freilassung

Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat1.

Der Antrag auf Fortsetzung eines erstinstanzlich abgeschlossenen Verfahrens in der Beschwerdeinstanz zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der in der Hauptsache erledigten erstinstanzlichen Entscheidung setzt insbesondere nicht voraus, dass die Beschwerde schon eingelegt war, bevor das erledigende Ereignis eingetreten ist. Ein Feststellungsbegehren ist im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch dann zulässig, wenn sich die angegriffene Maßnahme – wie hier – bei Einlegung der Beschwerde bereits erledigt hatte2. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde als statthafter Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 62 FamFG auszulegen3.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 FamFG besteht in Freiheitsentziehungssachen auch nach einer Erledigung der Hauptsache grundsätzlich als Rehabilitierungsinteresse. Damit besteht ein Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen für einen Antrag, mit dem die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung festgestellt werden soll, § 62 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FamFG4. Ein solches Interesse besteht auch im Falle eines erledigten polizeilichen Unterbindungsgewahrsams5.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 5. März 2021 – 3 W 104/20 – 3 W 105/20 – 3 W 3/21

  1. BGH, Beschluss vom 05.12.2012 – I ZB 48/12, NJW-RR 2013, S. 751 [753 Rn. 12][]
  2. OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.06.2013 – 17 UF 121/13 13 m.w.N.[]
  3. vgl. Fischer, in: MünchKomm- FamFG, 3. Auflage 2018, § 62, Rn. 3[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 – 2 BvR 527/99, BVerfGE 104, 220-238; BGH, Beschluss vom 30.08.2012 – V ZB 255/11[]
  5. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1997 – 2 BvR 126/91[]