Die Wahlordnung einer Industrie- und Handelskammer darf zwar die Ergänzung der unmittelbaren Wahl der Vollversammlung im Wege der Hinzuwahl (Kooptation) weiterer Vollversammlungsmitglieder vorsehen, doch ist dies nur unter engen Voraussetzungen zulässig.

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall wandte sich ein Mitglied der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg gegen die mittelbare Hinzuwahl der Beigeladenen zur Vollversammlung der IHK und macht hierzu geltend: Die Vollversammlung müsse die wirtschaftliche Struktur des Kammerbezirks zutreffend widerspiegeln. Dieses Ziel werde vorrangig durch die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz vorzunehmende Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen erreicht. Die Hinzuwahl der Beigeladenen lasse sich hiermit nicht rechtfertigen; denn sie verträten Wirtschaftszweige, die bereits aufgrund der unmittelbaren Wahl nach Wahlgruppen in der Vollversammlung repräsentiert seien.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen1, das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufung zurückgewiesen2. Die Hinzuwahl der kooptierten Mitglieder verstoße, so das Oberverwaltungsgericht in Münster, nicht gegen § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz. Richtig sei zwar, dass die Vorschrift das Ziel einer möglichst repräsentativen Zusammensetzung der Vollversammlung verfolge. Sie sei aber erst dann verletzt, wenn eine Hinzuwahl im Einzelfall zu einer Verfälschung des strukturellen Bildes des Kammerbezirks und insbesondere zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Verschiebung der Gewichte der einzelnen Wahlgruppen führe. Diese Grenze sei hier nicht überschritten. Die hiergegen gerichtete Revision hatte nun vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg:
Das Bundesverwaltungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass § 5 Abs. 1 IHK-Gesetz eine Kombination aus unmittelbarer Gruppenwahl und mittelbarer Hinzuwahl einer begrenzten Anzahl von weiteren Mitgliedern der Vollversammlung zulässt. Die Wahlordnung der Beklagten genügt jedoch nicht den Anforderungen aus § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz. Diese Vorschrift verlangt, dass die Wahlordnung Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthält. Die Wahlordnung der Beklagten unterscheidet zwar mehrere Wahlgruppen, ordnet diesen aber nur die Anzahl der unmittelbar gewählten, nicht auch der mittelbar hinzugewählten Mitglieder der Vollversammlung zu.
Darüber hinaus wird mit der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz zwingend vorgesehenen Einteilung in Wahlgruppen eine Zusammensetzung der Vollversammlung erstrebt, die die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen widerspiegelt. Eine Kooptation, der insoweit lediglich ergänzende Funktion zukommt, ist nur zulässig, soweit sie diesen Zielen Rechnung trägt. Eine Kooptation von Mitgliedern der Vollversammlung allein aus Gründen, die in der Person der Hinzugewählten liegen, sei es deren Reputation oder ihre Tätigkeit für ein Unternehmen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, wäre deshalb mit § 5 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz nicht vereinbar.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Juni 2015 – 10 C 14.2014 -