Scotch Whisky – made in Germany

In dem Rechtsstreit zwischen The Scotch Whiskey Association und einem deutschen Brenner hatte das Landgericht Hamburg ein Vorabentscheidungsersuchung an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung der Unionsrechtsvorschriften über geografische Angaben für Spirituosen gerichtet. Nunmehr hat der Generalanwalt des EuGH seine Schlussanträge vorgelegt.

Scotch Whisky – made in Germany

Das Landgericht Hamburg hatte den Unionsgerichtshof die Frage vorgelegt, gefragt, ob die Verwendung der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ eine indirekte Verwendung der eingetragenen geografischen Angabe „Scotch Whisky“ darstellen kann oder eine Anspielung auf sie oder eine falsche oder irreführende Angabe ist, die geeignet ist, einen falschen Eindruck über den Ursprung des betreffenden Erzeugnisses zu erwecken.

Im Wege eines solchen Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Unionsgerichtshof entscheidet sodann ausschließlich über die vorgelegte Rechtsfrage, nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist und bleibt vielmehr Sache des nationalen Gerichts, sodann über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Unionsgerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Unionsgerichtshofs bindet in gleicher Weise auch andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Konkret geht es um einen Whisky mit der Bezeichnung „Glen Buchenbach“, der von einer Brennerei in Berglen im Buchenbachtal in Schwaben (Deutschland) hergestellt wird. Das auf den Flaschen angebrachte Etikett enthält u. a. folgende Angaben: „Waldhornbrennerei, Glen Buchenbach, Swabian Single Malt Whisky [Schwäbischer Single Malt Whisky], Deutsches Erzeugnis, Hergestellt in den Berglen“.

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The Scotch Whisky Association, eine Interessenvertretung der schottischen Whiskybranche, ist der Ansicht, dass die Verwendung des Ausdrucks „Glen“ für den fraglichen deutschen Whisky die eingetragene geografische Angabe „Scotch Whisky“ beeinträchtige. Ungeachtet der übrigen Angaben auf dem Etikett könne der Ausdruck „Glen“ bei den Verbrauchern nämlich die unzutreffende Vorstellung eines Zusammenhangs mit dieser eingetragenen geografischen Angabe hervorrufen und sie somit über die Herkunft des fraglichen Whiskys in die Irre führen. The Scotch Whisky Association erhob deshalb gegen Herrn Klotz beim Landgericht Hamburg eine Klage auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ für diesen Whisky.

Das Landgericht Hamburg ersuchte den Unionsgerichtshof um die Auslegung der für Spirituosen geltenden Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/891. Es gibt an, dass der Begriff „Glen“ ein Wort gälischen Ursprungs sei, das „schmales Tal“ bedeute, und dass 31 von 116 Brennereien, die „Scotch Whisky“ (d. h. Whisky schottischen Ursprungs) herstellten, den Namen des Glens trügen, in dem sie lägen. Es gebe jedoch auch außerhalb Schottlands hergestellte Whiskys, deren Bezeichnung den Bestandteil „Glen“ enthalte, etwa die Whiskys „Glen Breton“ aus Kanada, „Glendalough“ aus Irland und „Glen Els“ aus Deutschland.

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In seinen jetzt vorgelegten Schlussanträgen stellt Generalanwalt Saugmandsgaard Øe zunächst fest, dass der Unionsgerichtshof erstmals um die Klärung der Frage gebeten werde, inwiefern eine Bezeichnung, die keine klangliche oder visuelle Ähnlichkeit mit einer geschützten geografischen Angabe habe, diese Angabe gleichwohl beeinträchtigen könne.

In seinen Schlussanträgen ist der Generalanwalt des Unionsgerichtshofs erstens der Ansicht, dass eine verbotene „indirekte Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe voraussetze, dass die streitige Bezeichnung mit der betreffenden Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich sei. Es genüge also nicht, wenn die Bezeichnung geeignet sei, in der Vorstellung des angesprochenen Verbrauchers eine irgendwie geartete gedankliche Verbindung mit der Angabe oder mit dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorzurufen.
Zweitens ist der Generalanwalt der Ansicht, dass eine verbotene „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe nicht notwendigerweise voraussetze, dass die streitige Bezeichnung zwingend eine klangliche und visuelle Ähnlichkeit mit der betreffenden Angabe aufweise. Es genüge aber auch nicht, dass die Bezeichnung geeignet sei, in der Vorstellung des angesprochenen Verbrauchers eine wie auch immer geartete Gedankenverbindung mit der geschützten Angabe oder mit dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorzurufen. Sei keine klangliche und visuelle Ähnlichkeit vorhanden, sei die gegebenenfalls bestehende inhaltliche Nähe zwischen der betreffenden Angabe und der streitigen Bezeichnung zu berücksichtigen, sofern diese Nähe den Verbraucher veranlassen könne, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Angabe trage. Somit sei es allein Sache des Landgerichts Hamburg, zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein europäischer Durchschnittsverbraucher sofort an „Scotch Whisky“ denke, wenn er mit einem vergleichbaren, die Bezeichnung „Glen“ tragenden Erzeugnis konfrontiert werde.

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Der Generalanwalt fügt hinzu, dass es zur Feststellung des Vorliegens einer verbotenen „Anspielung“ keiner Berücksichtigung der zusätzlichen Informationen bedürfe, die sich in der Bezeichnung, der Aufmachung oder der Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses neben dem streitigen Zeichen befänden, insbesondere soweit sie den wahren Ursprung des Erzeugnisses beträfen. Insoweit sei es unerheblich, dass die streitige Bezeichnung dem Namen des Unternehmens und/oder dem Herstellungsort des Erzeugnisses entspreche. Herr Klotz mache nämlich geltend, bei der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ handele es sich um ein Wortspiel, das aus dem Namen des Ursprungsorts des in Rede stehenden Getränks (Berglen) und dem Namen eines örtlichen Flusses (Buchenbach) gebildet worden sei.

Drittens schließlich ist der Generalanwalt der Ansicht, dass auch zur Feststellung des Vorliegens einer „falschen oder irreführenden Angabe“, die geeignet sei, einen falschen Eindruck über den Ursprung des betreffenden Erzeugnisses zu erwecken, die in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses neben dem streitigen Zeichen zu findenden zusätzlichen Informationen, insbesondere Angaben zum wahren Ursprung des Erzeugnisses, nicht zu berücksichtigen seien.

Diese Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Unionsgerichtshof nicht bindend. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof der Europäischen Union in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten. Die Richter des Unionsgerichtshofs treten nunmehr in die Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.

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  1. ABl. 2008, L 39, S. 16[]