Die im früheren Policenmodell geschlossene Lebensversicherung – und die Widerrufsbelehrung

Ob eine Widerspruchsbelehrung inhaltlich und formal den gesetzlichen Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Eine höchstrichterliche Klärung, ob einzelne Belehrungen formal und inhaltlich ordnungsgemäß sind, ist nicht geboten1.

Die im früheren Policenmodell geschlossene Lebensversicherung – und die Widerrufsbelehrung

In dem hier entschiedenen Streitfall hat das Berufungsgericht die streitgegenständliche Widerspruchsbelehrung in der Sache ohne Rechtsfehler als ordnungsgemäß gewertet. Mit der Formulierung wird dem Versicherungsnehmer keine unzumutbare Subsumtionslast auferlegt. Er muss lediglich feststellen, ob die im Einzelnen aufgezählten Unterlagen erstmals zusammen mit dem Versicherungsschein übermittelt wurden. Für ihn ist dabe i ohne weiteres erkennbar, ob ihm diese Unterlagen im Zeitpunkt dessen Zugangs bereits vorlagen. Dies wird von ihm stets verlangt und ist mit jeder Belehrung unvermeidbar verbunden, denn ohne diese Kenntnis weiß er nicht, welche Widerspruchsfrist für ihn gilt2.

Im Einklang mit den BGH-Urteilen vom 11.12.20193 und vom 24.06.20204 steht das Berufungsurteil auch, soweit das Oberlandesgericht Frankfurt am Main5 dort entschieden hat, dass es nicht erforderlich war, die Prämie danach aufzuschlüsseln, welcher Anteil auf die Absicherung des Todesfall- und des Unfallrisikos entfällt. Ein Lebensversicherungsvertrag, der – wie hier – eine Absicherung sowohl für den Erlebensfall als auch für den Todesfall enthält, ist ein einheitlicher Versicherungsvertrag6. Mit BGH, Urteil vom 24.06.20207 ist mittlerweile auch geklärt, dass der Versicherer nach § 10a Abs. 1 VAG a.F. i.V.m. Abschnitt – I Nr. 1 Buchst. e)) der Anlage Teil D zum VAG a.F. bei einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht zu einem gesonderten Ausweis der auf sie entfallenden Prämie verpflichtet war. Die Erwägungen dort gelten gleichermaßen für die hier streitgegenständliche eingeschlossene Unfallversicherung, so dass dieser Frage keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt und das Berufungsurteil rechtsfehlerfrei ist.

Die Frage, ob das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union unvereinbar ist, ist hier nicht entscheidungserheblich. Auch im Fall einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells ist es dem ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrten und informierten Kläger nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten8.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. Oktober 2020 – IV ZR 53/20

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2017 – IV ZR 501/15 12[]
  2. vgl. insoweit auch OLG Braunschweig VersR 2020, 469 7-11]; OLG Köln, Urteil vom 08.04.2016 – 20 U 22/16 26[]
  3. BGH, Urteil vom 11.12.2019 – IV ZR 8/19, VersR 2020, 208-211[]
  4. BGH, Urteil vom 24.06.2020 – IV ZR 275/19, VersR 2020, 1030-1033[]
  5. OLG Frankfurt, Urteil vom 29.01.2020 – 7 U 127/19[]
  6. BGH, Urteil vom 11.12.2019, aaO Rn. 26[]
  7. BGH, Urteil vom 24.06.2020, aaO[]
  8. vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben BGH, Urteil vom 16.07.2014 – IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 32 ff.[]