Ob die Qualifikation einzelner Flurstücke als Bauland einer gemeinsamen Zweckbestimmung von landwirtschaftlich genutzten Flächen entgegensteht, ist im Einzelfall zu entscheiden.

Die Rechtsfrage, ob allein die Baulandqualifikation eines einzelnen, landwirtschaftlich genutzten Flurstücks ausreicht, um dieses Flurstück aus der wirtschaftlichen Einheit mehrerer landwirtschaftlich genutzter Flurstücke herauszulösen, besitzt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) bzw. bedarf keiner Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Rechtsfortbildung als Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
Der BFH hat bereits entschieden, sodass nicht mehr klärungsbedürftig ist, unter welchen grundlegenden Voraussetzungen eine wirtschaftliche Einheit i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG vorliegt. Nach diesen Maßstäben ist es offenkundig zutreffend und deshalb ebenfalls nicht klärungsbedürftig, dass die Baulandqualifikation oder ihr Fehlen dem Grunde nach als -wesentliches- Kriterium für die Zusammenfassung von Flurstücken zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG herangezogen werden kann.
Maßgebend für § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zugehörigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 4 des Bewertungsgesetzes -BewG-), wobei den objektiven Merkmalen ggf. der Vorrang einzuräumen ist. Mehrere rechtlich selbständige Grundstücke gehören zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben wird. Dabei hat der subjektive Wille zwar eine wesentliche Bedeutung. Er darf allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen1. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit i.S. von § 2 Abs. 3 GrEStG ist mit dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit in § 2 BewG nicht identisch2. Im Regelfall wird aber -ohne gegenseitige Bindungswirkung- davon ausgegangen werden können, dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, die ein Typusbegriff ist, nach beiden Gesetzen entweder zu bejahen oder zu verneinen ist3. Mehrere landwirtschaftlich genutzte Grundstücke desselben Eigentümers können die Merkmale einer wirtschaftlichen Einheit aufweisen, etwa weil sie räumlich zusammenhängen oder nahe beisammen liegen und natürlich oder durch besondere Umstände verbunden sowie zu einer gleichen, gleichartigen oder aufeinander abgestimmten Bewirtschaftung geeignet sind4. Eine nur gleichgerichtete bzw. gleichartige Zweckbestimmung ist allerdings nicht ausreichend5. Anders als der Erwerber wohl meint, bedeutet der Vorrang der objektiven Merkmale nicht, dass es an einer gemeinsamen Zweckbestimmung der in Rede stehenden Flurstücke fehlen dürfte. Gemeint ist umgekehrt, dass allein die Widmung mehrerer Flurstücke zu einem gemeinsamen Zweck keine objektiv entgegenstehenden Merkmale überwinden kann.
Die Baulandqualifikation ist nach diesen Maßstäben ersichtlich ein wesentliches Indiz für die Zweckbestimmung eines Grundstücks. Bereits im Rahmen des bewertungsrechtlichen und damit regelmäßig auch des grunderwerbsteuerrechtlichen Grundstücksbegriffs ist das jeweilige Bauordnungs- und Bauplanungsrecht für die Bestimmung des objektiven Merkmals „örtliche Gewohnheit“ wesentlich6. Ebenso legt eine bereits erteilte Baugenehmigung die Prüfung nahe, ob das betreffende Flurstück nach Maßgabe von § 69 BewG bewertungsrechtlich bereits Grundvermögen ist. In diesem Falle wäre die Zusammenfassung mit land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 BewG nicht mehr möglich, da die wirtschaftliche Einheit dieselbe Vermögensart voraussetzt7. Schließlich ist offenkundig, dass eine -objektive- Bebaubarkeit eines Flurstücks auch eine entsprechende Zweckbestimmung nahelegt. Das gilt insbesondere, wenn bereits eine Baugenehmigung erteilt ist und damit die Möglichkeit besteht, die Bebauung unverzüglich zu beginnen. Inwieweit dem Besonderheiten des Einzelfalls entgegenstehen können, etwa das Auseinanderfallen von Eigentümer und Bauantragsteller, ist keine Frage grundsätzlicher Bedeutung.
Die darüber hinausgehende Frage, ob die Baulandqualifikation nicht nur als wesentliches Indiz, sondern für sich allein die wirtschaftliche Einheit mehrerer Flurstücke aufbrechen kann, ist in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da im Streitfall weitere wesentliche Umstände gegen diese wirtschaftliche Einheit sprechen und daher in jedem Falle eine Gesamtwürdigung vorzunehmen wäre.
Für die Frage, ob ein Grundstück geteilt oder vielmehr -nicht begünstigt- mehrere Grundstücke verteilt werden, kommt es auf die Verhältnisse bei derjenigen Gesamthand an, bei der der Teilungsvorgang stattfindet. Diese ist Beteiligte des Erwerbsvorgangs. Ob bestimmte Flächen bei vormaligen Eigentümern ein einheitliches Grundstück in diesem Sinne waren, hat ersichtlich allenfalls indizielle Bedeutung. Die GbR hatte aber das Grundstück erworben, um es sogleich danach wieder zu veräußern. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob bei der GbR eine gemeinsame Zweckbestimmung mit weiteren Flurstücken überhaupt denkbar war. Zumindest wäre dieser gegen die wirtschaftliche Einheit sprechende Aspekt zu würdigen, was gleichzeitig bedeutet, dass die Frage, ob die Baulandqualifikation allein ihr entgegensteht, in einem Revisionsverfahren und im Übrigen auch für das Finanzgericht im Falle einer Zurückverweisung nicht entscheidungserheblich wäre.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28. Juli 2022 – II B 98/21
- BFH, Urteil in BFH/NV 2006, 2124, unter II. 2.; BFH, Beschluss in BFH/NV 2012, 1827, Rz 7, jeweils m.w.N.; ebenso für das BewG BFH, Urteil vom 25.01.2012 – II R 25/10, BFHE 236, 564, BStBl II 2012, 403, Rz 11[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 114, 443, BStBl II 1975, 270; BFH, Beschluss in BFH/NV 2011, 2109, Rz 5[↩]
- BFH, Urteil vom 23.01.1985 – II R 35/82, BFHE 143, 152, BStBl II 1985, 336, unter 2.b[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 114, 443, BStBl II 1975, 270[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 143, 152, BStBl II 1985, 336, unter 2.b, und in BFHE 236, 564, BStBl II 2012, 403, Rz 16[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 25.02.1983 – III R 81/82, BFHE 138, 468, BStBl II 1983, 552, unter 1.b[↩]
- BFH, Urteil vom 14.12.1994 – II R 121/91, BFH/NV 1995, 583, m.w.N.; vgl. auch BFH, Urteil vom 28.03.2012 – II R 37/10, BFH/NV 2012, 1416, Rz 13[↩]