Eine Kündigung wegen des Vorwurfs, sich bei Problemen nicht unmittelbar an den Arbeitgeber gewandt zu haben, sondern ein Nichterscheinen durch den Ehemann angezeigt und eine nachfolgende Begründung durch einen Rechtsanwalt angekündigt zu haben, ist wegen unzulässiger Maßregelung unwirksam.

Dieses Maßregelungsverbot des § 612 a BGB gilt auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
Dies war in dem hier vom Arbeitsgericht Weiden entschiedenen Fall aber durch die Kündigung nach dem Arbeitgebervortrag geschehen:
Dies ergibt sich daraus, dass die Arbeitgeberin nach ihrem Vortrag zur Zeit des Kündigungsentschlusses noch vor Eingang des Schreibens des Arbeitnehmerinvertreters vom 29.09.2014 noch gar keine Kenntnis von den Vorwürfen (sexuelle Belästigung) der Arbeitnehmerin hatte und hierzu (also zum Kündigungsentschluss) alleine durch die Mitteilung des klägerischen Nichterscheinens durch ihren Ehemann mit der angekündigten nachfolgenden Begründung durch ihren Rechtsanwalt bewegt wurde. Damit aber hat die Arbeitnehmerin nur in zulässiger Weise ihr Recht zur Information ihres Arbeitgebers bezüglich ihres Nichterscheinens am Arbeitsplatz ausgeübt. Hierzu bestand sogar eine Obliegenheit, wenn nicht gar Pflicht (vgl. § 5 EFZG).
Die zulässige Rechtsausübung erfasste sogar – ohne dass es vorliegend darauf ankommt – die Ausübung von Verfahrens- und Beschwerderechten, ohne dass es auf die sachliche Begründetheit des Rechtsbehelfs ankäme1. Eine Äußerung von Beschwerden wirft die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin aber explizit nicht vor, sondern nur die Art und Weise der Informationsübermittlung, nämlich nicht persönlich, sondern über Dritte. Dies ist aber zur Überzeugung der Arbeitsgericht gerade nicht zu beanstanden, sondern vielmehr ein Recht der Arbeitnehmerin.
Zur Übermittlung der Information – Nichterscheinen – sowie zur Begründung darf sich die Arbeitnehmerin auch Vertretern bzw. ihres Ehemannes (vgl. § 1357 BGB) bedienen, was sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergibt. Dass eine Stellvertretung bei der Informationsübermittlung abbedungen wäre, macht die Arbeitgeberin nicht geltend, solches wäre auch wenig sinnvoll (man denke an eine Krankmeldung durch eine Vertrauensperson) und würde gegen §§ 305 c I, 307 I 2 und § 307 I 1 BGB verstoßen, da es sich nach dem Arbeitgeberinvortrag bei der Vereinbarung bezüglich des Vorgehens bei Bedenken oder Beanstandungen um eine mündliche (was unschädlich ist2) arbeitgeberseits vorgegebene Vertragsbedingung und damit Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. §§ 305 ff. BGB handelt, vgl. § 310 III BGB3, mit der ungewöhnlicherweise und ohne erkennbare Begrenzung und Grund ein elementares Recht (Stellvertretung) ausgeschlossen wäre4. Bei der Ausübung eines Rechts kann man sich seines Ehepartners (§ 1357 BGB ist ohnehin zwingend und für einen Dritten nicht abdingbar) oder eines Rechtsanwalts bedienen, ohne deswegen Sanktionen befürchten zu müssen5.
Da die Kündigung nach dem Arbeitgeberinvortrag auch gerade wegen der im Ergebnis aber zulässigen Benachrichtigung am Morgen des 29.9 erfolgte, erweist sie sich auch nach diesem Vorbringen und damit nach dem Vorbringen beider Seiten als unwirksam.
Arbeitsgericht Weiden, Teilurteil vom 16. September 2015 – 3 Ca 1739/14