Das finanzgerichtliche Urteil – und die fehlenden Entscheidungsgründe

Nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO muss ein finanzgerichtliches Urteil u.a. Entscheidungsgründe enthalten. Fehlt es hieran, ist das Urteil als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen (§ 119 Nr. 6 FGO).

Das finanzgerichtliche Urteil – und die fehlenden Entscheidungsgründe

Die Vorschrift des § 119 Nr. 6 FGO erfasst daher Mängel in der rechtlichen Begründung der vom Finanzgericht im angefochtenen Urteil getroffenen Entscheidung, während das (versehentliche) Übergehen eines Sachantrags mit dem Antrag nach § 109 FGO zu korrigieren ist1

Im hier entschiedenen Fall konnte jedoch für den Bundesfinanzhof offen bleiben, ob das Urteil des Finanzgericht insoweit teilweise nicht mit Gründen versehen ist, weil es auf den Vortrag, dass die Berücksichtigung erst im Jahr 2016 zu erfolgen habe, nicht ausdrücklich eingegangen ist; denn das Urteil des Finanzgericht stellt sich insoweit jedenfalls als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO).

Der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler würde zwar, wenn er vorläge, grundsätzlich nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung führen2, und zwar ohne materiell-rechtliche Ausführungen des Revisionsgerichts3.

Allerdings gilt dies nicht, wenn das übergangene Angriffs- oder Verteidigungsmittel zur Begründung oder zur Abwehr des Angriffs ungeeignet war und eine erneute Entscheidung des Finanzgericht deshalb nur zu einer Bestätigung des Urteils führen könnte4. In einem solchen Fall kann das Revisionsgericht selbst die Sache abschließend entscheiden und die Revision als unbegründet zurückweisen5

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. März 2022 – XI R 5/19

  1. s. allgemein z.B. BFH, Urteil vom 18.04.1991 – VIII R 82, 83/89, BFH/NV 1992, 670, Rz 27, zu § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO a.F.[]
  2. s. z.B. allgemein BFH, Urteil vom 04.04.2000 – VII R 24/99, BFH/NV 2000, 1141, unter II. 2.[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 29.07.2010 – VI R 39/09, BFH/NV 2010, 2296, Rz 26[]
  4. vgl. dazu BFH, Urteile vom 29.11.2000 – I R 16/00, BFH/NV 2001, 626, unter II. 4., m.w.N.; vom 18.06.2009 – V R 4/08, BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310, Rz 16[]
  5. vgl. dazu z.B. BFH, Urteil in BFH/NV 2000, 1141, unter II. 2.[]