Kindergeldausschluss für geduldete Ausländer

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Richtervorlage des Finanzgerichts Köln zur Verfassungsmäßigkeit des Kindergeldausschlusses für geduldete Ausländer (§ 62 Abs. 2 EStG) als unzulässig erklärt.

Kindergeldausschluss für geduldete Ausländer

Die gesetzliche Regelung[↑]

Die Vorgängerregelung des jetzigen § 62 Abs. 2 EStG, § 1 Abs. 3 BKKG1, wurde vom Bundesverfassungsgerichts2 für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Die Regelung knüpfte den Kindergeldanspruch für Ausländer an den Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis, schloss aber Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen, einem in erster Linie aus humanitären Gründen zu erteilenden Aufenthaltstitel, aus.

Die daraufhin mit § 62 Abs. 2 EStG3 ergangene, auch im Falle der Klägerin anwendbare Neuregelung des Kindergeldanspruchs für Ausländer gewährt nun im Wesentlichen neben gemeinschaftsrechtlich Freizügigkeitsberechtigten denjenigen Ausländern einen Kindergeldanspruch, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügen oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Handelt es sich dabei um eine Aufenthaltserlaubnis, die aus humanitären Gründen erteilt worden ist (§§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG), muss sich der Ausländer seit mindestens drei Jahren wenigstens geduldet in Deutschland aufgehalten haben und erwerbstätig sein oder Leistungen nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs oder Elterngeld beziehen, um einen Anspruch auf Kindergeld zu haben. Personen, deren Aufenthalt im Bundesgebiet nur geduldet ist, sind vom Kindergeldanspruch auch weiterhin ausgeschlossen.

Das Ausgangsverfahren[↑]

Die Klägerin des beim Finanzgericht Köln anhängigen Ausgangsverfahrens, eine Staatsangehörige der Elfenbeinküste (Côte d‘ Ivoire), zog 1999 nach der Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen nach Deutschland. In der Folge trennte sie sich von ihrem Ehegatten. Im Jahr 2002 zog der 1988 in der Elfenbeinküste geborene Sohn zur Klägerin. Im November 2002 wurde die Klägerin ausgewiesen. Ihr wurde eine Duldung erteilt, die zunächst bis September 2003 verlängert wurde. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für ihren Sohn ab. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht Köln.

Das Finanzgericht Köln sprach daraufhin der Klägerin für die Monate von April 2003 bis Dezember 2004 das beantragte Kindergeld zu. Über die zugelassene und eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden.

In dem insoweit abgetrennten Verfahren für den Zeitraum ab Januar 2005 hat das Finanzgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist, dass vollziehbar ausreisepflichtige, seit längerer Zeit geduldete Ausländer nach § 62 Abs. 2 EStG von der Kindergeldgewährung ausgeschlossen sind. Auch eine Duldung könne eine Vorstufe zum Daueraufenthalt sein, wie der Fall der Klägerin zeige.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[↑]

Das Bundesverfassugnsgericht entschied, dass die Vorlage des Finanzgerichts Köln unzulässig ist, weil das Gericht im Vorlagebeschluss die Entscheidungserheblichkeit der Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 EStG nicht ausreichend dargelegt habe.

So habe das Finanzgericht den Aufenthaltsstatus der Klägerin für den Zeitraum ab Januar 2005 nicht ermittelt, obwohl dieser für die Sachentscheidung über den Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG entscheidend ist. Außerdem habe das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 62 Abs. 2 EStG nicht hinreichend dargelegt. Es hat nicht mitgeteilt, aufgrund welcher Tatsachengrundlage es zu dem von ihm für gleichheitswidrig angesehenen Ergebnis gelangt ist, dass dann, wenn sich der gestattete oder geduldete Aufenthalt im Inland auf einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren erstreckt und Kinder „vorhanden sind“, davon auszugehen sei, dass der Betreffende faktisch auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne und somit die Duldung in diesen Fällen die Vorstufe zum Daueraufenthalt darstelle.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. November 2009 – 2 BvL 4/07

  1. Bundeskindergeldgesetz in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWG) vom 21. Dezember 1993, BGBl I S. 2353[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2004 – BVerfGE 111, 160[]
  3. Gesetz vom 13. Dezember 2006, BGBl. I S. 2915[]