Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gilt eine Kapitalgesellschaft, die -wie im hier vom Bundesfinanzhhof entschiedenen Streitfall die KGaA- Organgesellschaft i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ist, als Betriebsstätte des Organträgers (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft).

Trotz dieser Fiktion bilden die Organgesellschaft und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind. Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist so zu ermitteln, als wäre diese Gesellschaft selbständiges Steuersubjekt. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags jedes der Unternehmen sind auf dieser ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§§ 8, 9 GewStG) zu beachten (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie)1. Erst der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist sodann -auf einer zweiten Stufe- mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen.
Dabei ist auf Ebene der KGaA als Organgesellschaft die Regelung des § 8 Nr. 4 GewStG zu beachten, demzufolge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile wieder hinzugerechnet werden, die an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind und die als abzugsfähige Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG den Gewinn aus Gewerbebetrieb zunächst gemindert haben. Gleichzeitig ist auf Ebene der Organträgerin (persönlich haftenden Gesellschafterin) nach § 9 Nr. 2b GewStG die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um die nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag der KGaA hinzugerechneten Gewinnanteile als persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA zu kürzen, wenn diese bei der Ermittlung des Gewinns i.S. des § 7 GewStG über § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) -bei der Organträgerin i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG- als gewerbliche Einkünfte angesetzt worden sind.
Damit wird einerseits der auf den persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Teil des Gewinns i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG grundsätzlich bei der KGaA der Gewerbesteuer unterworfen2. Andererseits wird im Rahmen der Organschaft der ungeschmälerte, d.h. ohne Abzug des auf die persönlich haftende Gesellschafterin entfallenden Anteils berechnete Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der KGaA mit dem um eben diesen Anteil gekürzten Gewerbeertrag der Organträgerin als Organträgerin zusammengerechnet.
Vor diesem Hintergrund kann für die Bemessung des Gewerbeertrags der Organträgerin dahinstehen, ob -wie die Organträgerin meint- die geltend gemachten AfA im Rahmen einer Ergänzungsbilanz zum Kapitalkonto der Organträgerin bei der Gewerbeertragsermittlung der KGaA aufwandswirksam anzusetzen wären3 oder ob sie außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Nr. 4 GewStG sowie -dazu korrespondierend4- der Kürzung gemäß § 9 Nr. 2b GewStG stehen und damit nur bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin als persönlich haftende Gesellschafterin gewinnmindernd anzusetzen wären5.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. September 2016 – I R 57/14
- ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 29.05.1968 – I 198/65, BFHE 93, 289, BStBl II 1968, 807; vom 17.12 2014 – I R 39/14, BFHE 248, 179, BStBl II 2015, 1052; jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 08.02.1984 – I R 11/80, BFHE 140, 465, BStBl II 1984, 381; vom 31.10.1990 – I R 32/86, BFHE 162, 445, BStBl II 1991, 253; vgl. BFH, Urteil vom 28.11.2007 – X R 6/05, BFHE 219, 329, BStBl II 2008, 363[↩]
- so auch Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 9 Rz 167, 172[↩]
- BFH, Beschluss vom 04.12 2012 – I R 42/11, BFH/NV 2013, 589[↩]
- Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 4 Rz 9; s.a. Bruski, FR 2002, 181, 188; vgl. für Sonderbetriebsausgaben: BFH, Urteile in BFHE 162, 445, BStBl II 1991, 253; vom 06.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462[↩]