Outsourcing im Bankbereich – und die Zweifel an der Umsatzsteuerfreiheit

Der Bundesfinanzhof zweifelt an der Umsatzsteuerfreiheit des sog. Outsourcing im Bankbereich und hat ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.

Outsourcing im Bankbereich – und die Zweifel an der Umsatzsteuerfreiheit

Der Unionsgerichtshof soll hiernach auf die Vorlage des Bundesfinanzhofs entscheiden, ob Unterstützungsleistungen eines Dienstleisters für eine Bank beim Betrieb von Geldautomaten umsatzsteuerfrei sind:

Sind technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für eine einen Geldautomaten betreibende Bank und deren Bargeldauszahlungen mit Geldautomaten erbringt, nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei, wenn gleichartige technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für Kartenzahlungen beim Verkauf von Kinokarten erbringt, gemäß dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Bookit vom 26.05.20161 nach dieser Bestimmung nicht steuerfrei sind?

Der Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs ist von großer Bedeutung für Banken, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Kostenoptimierung Dienstleister einschalten. Denn die so erhofften Kostenvorteile werden durch eine Umsatzsteuerpflicht der vom Dienstleister bezogenen Leistung in Frage gestellt, da Banken beim Bezug derartiger Leistungen im Allgemeinen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

In dem derzeit beim Bundesfinanzhof anhängigen Streitfall erbrachte die Subunternehmerin für eine Bank Leistungen beim Betrieb von Geldausgabeautomaten. Die Subunternehmerin stellte funktionsfähige Geldausgabeautomaten mit Soft- und Hardware, die mit dem Logo der Bank versehen waren, an den vorgesehenen Standorten auf und war für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich. Sie übernahm die Bargeldbefüllung der Geldausgabeautomaten mit Geldmitteln der Bank, veranlasste den erforderlichen Datenaustausch zwischen dem Inhaber der Geldkarte und der die Karte ausgebenden Bank und führte im Genehmigungsfall die Geldausgabe am Geldautomaten durch.

Weiterlesen:
Belegkrankenhaus - und die Umsatzsteuer

Die Subunternehmerin begehrt die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen. Das Finanzamt sah die Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an, das Finanzgericht bejahte die Umsatzsteuerfreiheit. Demgegenüber zweifelt der Bundesfinanzhof an der Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen und hält eine Klärung durch den Unionsgerichtshof für erforderlich. Dies beruht darauf, dass sich das nationale Umsatzsteuerrecht aufgrund einer europarechtlichen Harmonisierung an den Vorgaben der im Streitjahr geltenden Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage zu orientieren hat. Bei Zweifeln an der Auslegung derartiger Richtlinien ist der Bundesfinanzhof zur Einleitung von Vorabentscheidungsersuchen verpflichtet.

Der Gerichtshof der Europäischen Union EuGH hat nunmehr zu entscheiden, welche Reichweite seiner Rechtsprechung zum umsatzsteuerfreien Outsourcing im Bankbereich zukommt. Danach können Dienstleister, die für Banken tätig sind, die für Banken geltenden Umsatzsteuerbefreiungen in Anspruch nehmen, wenn ihre Leistungen für den Bankbereich wesentlich und spezifisch sind. Umsatzsteuerpflichtig sind demgegenüber Leistungen mit rein technischem und administrativem Charakter. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, wird im Streitfall zu klären sein.

Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage2 ordnete eine Steuerfreiheit an für die Umsätze -einschließlich der Vermittlung- im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der [Einziehung] von Forderungen.

Diese Steuerfreiheit wurde ab 1.01.2007 durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem3 ersetzt. Steuerfrei sind danach Umsätze -einschließlich der Vermittlung- im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen.

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG sind dagegen steuerfrei die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren.

Der EuGH hat im Urteil Bookit4 entschieden: Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die dort für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für eine als „Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen“ bezeichnete Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gilt, die von einem Steuerpflichtigen erbracht wird, wenn eine Person über ihn mittels Debit- oder Kreditkarte eine Kinokarte erwirbt, die er im Namen und für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft.

Somit gilt die Steuerfreiheit für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr nicht für eine als „Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen“ bezeichnete Dienstleistung, die von einem Steuerpflichtigen erbracht wird, wenn eine Person über ihn mittels Debit- oder Kreditkarte eine Kinokarte erwirbt, die er im Namen und für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft.

Weiterlesen:
Der ärtzliche Notfalldienst in der Umsatzsteuer

Nach dem Urteil des EuGH reicht die Unerlässlichkeit einer Dienstleistung für die Bewirkung des steuerfreien Umsatzes nicht aus5. Der EuGH sieht zudem den Erhalt der Daten der zu verwendenden Zahlungskarte, die Datenübermittlung durch den Dienstleistungserbringer an die Händlerbank, die Entgegennahme des von der ausgebenden Bank gelieferten Autorisierungscodes und die Übermittlung der Abrechnungsdatei mit den Autorisierungscodes weder für sich noch zusammen genommen als hinreichend wesentlich und spezifisch an, um eine Steuerfreiheit zu rechtfertigen6. Es fehle an der Vornahme von Belastungen oder Gutschriften oder Umbuchungen auf den Konten wie auch an einer hierdurch vom Dienstleistenden stammenden Anordnung, da diese vom Käufer der Kinokarten getroffen werde7. Die Abrechnungsdatei sei nur eine Zahlungsaufforderung in elektronischer Form und diene nur Informationszwecken, so dass sie gleichfalls weder wesentlich noch spezifisch sei8. Zudem gehe es nur um die Autorisierung des Verkaufs, nicht aber um eine für die Eigentumsübertragung an dem Geld spezifische und wesentliche Funktion9. Es fehle auch an einer Übernahme der Haftung für die Vornahme der rechtlichen und finanziellen Änderung10.

Mit der Vorlagefrage soll geklärt werden, ob technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für eine einen Geldautomaten betreibende Bank und deren Bargeldauszahlungen mit Geldautomaten erbringt, nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind, wenn gleichartige technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für Kartenzahlungen beim Verkauf von Kinokarten erbringt, gemäß dem EuGH, Urteil Bookit4 nach dieser Bestimmung nicht steuerfrei sind.

Weiterlesen:
Die in der Insolvenz fortgesetzte Tätigkeit des Schuldners - und die Umsatzsteuer

Die Vorlagefrage beruht darauf, dass der Bundesfinanzhof Zweifel hat, ob nach den Maßstäben des EuGH, Urteils Bookit4 Unterstützungsleistungen für eine Bank beim Betrieb von Geldautomaten gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sind, wenn der Unternehmer die in einem Autorisierungscode enthaltenen Weisungen nur technisch umsetzt.

Ebenso wie in der Rechtssache Bookit4 erhob die Subunternehmerin Daten von der Geldkarte des jeweiligen Benutzers der Geldausgabeautomaten als Kunde und veranlasste die Weiterleitung dieser Daten an die Bank, die die Geldkarte ausgegeben hat. Ebenso wie in der Rechtssache Bookit4 führte die Subunternehmerin die vom jeweiligen Benutzer angestrebte Transaktion nur durch, wenn sie einen von der ausgebenden Bank erteilten Autorisierungscode erhielt. Damit fehlt es an der erforderlichen Prüfung und Freigabe einzelner Aufträge.

Die Tätigkeit der Subunternehmerin unterscheidet sich nur insoweit von der, die Bookit ausübte, als bei Bookit die angestrebte Transaktion im Erwerb einer Kinokarte bestand, während im Streitfall Geldauszahlungen über Geldausgabeautomaten vorgenommen wurden. Dieser Unterschied im Hinblick auf die Verwendung der -von Bookit und von der Subunternehmerin- bezogenen Leistung durch den jeweiligen Auftraggeber, bei dem es sich wie bei Bookit um einen Kinobetreiber oder wie im Streitfall um eine Bank handeln kann, rechtfertigt aber möglicherweise keine unterschiedliche Beurteilung der Leistung.

Der Gegenstand der Leistung bestand in beiden Fällen „im Wesentlichen aus einem Austausch von Informationen“ und genügt nicht den Voraussetzungen, die für eine Steuerfreiheit zu erfüllen sind. Unerheblich dürfte auch sein, dass in einem Fall Geld vom Kunden vereinnahmt werden soll, während es im anderen Fall um eine Auszahlung an den Kunden geht.

Weiterlesen:
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen

Fraglich ist somit, ob sich ein wesentlicher Unterschied daraus ergibt, dass in der Rechtssache Bookit4 ein gesonderter Kinokartenkaufvertrag vorliegt, an dem es hier fehlt. Allerdings stellt der EuGH in seinem Urteil Bookit11 nicht darauf ab, ob die technischen Unterstützungsdienstleistungen für den Verkauf einer Sachleistung (Kinobesuch) oder für eine steuerfreie Leistung durch eine Bank verwendet werden.

Die weiteren Umstände sprechen eher gegen eine Steuerfreiheit.

Gegen die Steuerfreiheit könnte in beiden Fällen die leichte Bestimmbarkeit des Entgelts anzuführen sein12.

Gegen eine Steuerfreiheit könnte auch sprechen, dass die Subunternehmerin Datensätze zum einen erstellt und diese dann zum anderen direkt in das Bankensystem als Buchungsbefehl überspielt. Denn dies betrifft nur die Aufbereitung von Daten, ohne am Charakter einer bloßen Informationsaustauschleistung mit Vollzug der von der Bank getroffenen Freigabeentscheidung etwas zu ändern. Soweit die Subunternehmerin eine unterschiedliche Beurteilung daraus ableitet, dass sie weitergehende „Aktivitäten“ übernommen hat, dürfte es sich auch insoweit nur um Unterstützungsleistungen technischer Art handeln.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28. September 2017 – V R 6/15

  1. EuGH, Urteil vom 26.05.2016 – C-607/14, EU:C:2016:355[]
  2. ABl.EU L 145, 1[]
  3. ABl.EU 2006, L 347, 1, im Folgenden: MwStSystRL[]
  4. EU:C:2016:355[][][][][][]
  5. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 45[]
  6. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 46[]
  7. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 47[]
  8. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 48[]
  9. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 49[]
  10. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 50[]
  11. EU:C:2016:355, Rz 45 ff.[]
  12. EuGH, Urteil Bookit, EU:C:2016:355, Rz 56[]
Weiterlesen:
Pflichtverletzungen des freien Anlageberater - und die Haftung der kreditgebenden Bank