Deckhengste – und die Einheitsbewertung des landwirtschaftlichen Betriebs

Eine Deckhengsthaltung, die gemessen am Flächenschlüssel gemäß § 51 Abs. 1a BewG auf einer ausreichenden Futtergrundlage erfolgt, ist auch dann der landwirtschaftlichen Nutzung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BewG zuzurechnen, wenn der Pferdesamen in einer betriebsfremden Besamungsstation gewonnen wird und die Hengste im Pferdesport als Dressurpferde verwendet werden.

Deckhengste – und die Einheitsbewertung des landwirtschaftlichen Betriebs

Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BewG findet eine Wertfortschreibung auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt, wenn die Wertfortschreibungsgrenzen des § 22 Abs. 1 BewG erreicht bzw. überschritten sind. Fehler i.S. von § 22 Abs. 3 Satz 1 BewG ist jede objektive -materielle- Unrichtigkeit, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese klarliegend, leicht feststellbar oder unmittelbar einsichtig ist. Entscheidend ist allein, dass die getroffene Regelung geltendem Recht widerspricht1.

Fortschreibungszeitpunkt ist gemäß § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird. Der Fortschreibung werden nach § 22 Abs. 4 Satz 2 BewG vorbehaltlich des § 27 BewG die Verhältnisse im Fortschreibungszeitpunkt zugrunde gelegt. Eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung kann somit nur auf den Einheitswert vorgenommen werden, der sich nach den maßgeblichen Vorschriften des BewG zum Fortschreibungszeitpunkt ergibt2.

Die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung sind im Streitfall für den Bewertungsstichtag 1.01.2010 erfüllt. Das Finanzgericht hat zu Recht angenommen, dass die Deckhengsthaltung weder zum ursprünglichen Bewertungszeitpunkt 1.01.2006 noch zum Fortschreibungszeitpunkt 1.01.2010 als sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. § 62 Abs. 1 BewG anzusehen ist und auch kein Nebenbetrieb vorliegt und dass deshalb für die Erträge aus der Deckhengsthaltung kein Einzelertragswert gemäß § 37 Abs. 2 BewG anzusetzen ist.

Weiterlesen:
Pflanzenschutzmittel

Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG nach näherer Maßgabe des § 33 Abs. 2 und 3 BewG alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft umfasst dabei nach § 34 Abs. 1 BewG den Wirtschaftsteil und den Wohnteil. Zum Wirtschaftsteil gehören u.a. die landwirtschaftliche Nutzung (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BewG) sowie die sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e BewG). Beispiele für die sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung sind in § 62 Abs. 1 BewG geregelt.

Bei der Bewertung des Wirtschaftsteils ist nach § 36 Abs. 1 BewG der Ertragswert zugrunde zu legen. Der Ertragswert der Nutzungen wird gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BewG durch ein vergleichendes Verfahren (§§ 38 bis 41 BewG) ermittelt. Das vergleichende Verfahren kann gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 BewG auch auf Nutzungsteile angewendet werden. Kann ein vergleichendes Verfahren nicht durchgeführt werden, so ist nach § 37 Abs. 2 BewG der Ertragswert nach der Ertragsfähigkeit der Nutzung unmittelbar zu ermitteln (Einzelertragswertverfahren). Nebenbetriebe, also Betriebe, die dem Hauptbetrieb zu dienen bestimmt sind und nicht einen selbständigen gewerblichen Betrieb darstellen (§ 42 Abs. 1 BewG), sind nach § 42 Abs. 2 BewG mit dem Einzelertragswert zu bewerten. Für die Arten der sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. § 62 Abs. 1 BewG) werden nach § 62 Abs. 2 BewG im vergleichenden Verfahren abweichend von § 38 Abs. 1 BewG keine Vergleichszahlen, sondern unmittelbare Vergleichswerte ermittelt.

Weiterlesen:
Tabaksteuer für unbekannten LKW-Inhalt

In vollem Umfang zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören gemäß § 51 Abs. 1a BewG auch die Tierbestände, wenn sie die in dieser Vorschrift geregelte Vieheinheiten-Grenze nicht überschreiten. Der Umrechnungsschlüssel dafür ergibt sich aus § 51 Abs. 4 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 1 zum BewG. Wie aus § 51 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BewG folgt, rechnet zu den Tierbeständen auch das Zuchtvieh. Pferdehaltung und Pferdezucht werden dabei nach § 51 Abs. 4 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 zum BewG den mehr flächenabhängigen Zweigen des Tierbestands i.S. des § 51 Abs. 2 Satz 2 BewG zugerechnet.

Pferde gehören danach zu den Tierarten, deren Haltung und Zucht zur landwirtschaftlichen Nutzung zählt, wenn die im Betrieb gehaltenen Tiere gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel eine ausreichende Futtergrundlage haben. Auf die konkrete Verwendung der Pferde oder den Verwendungszweck kommt es nicht an. Vielmehr zählen unter der Voraussetzung, dass die gesetzliche Vieheinheiten-Grenze nicht überschritten wird, beispielsweise auch das Halten eigener Reit, Renn, Spring- und Dressurpferde und die nicht nur kurzfristige Ausbildung von eigenen Pferden zu solchen Zwecken nach der Verkehrsauffassung zur landwirtschaftlichen Nutzung3.

Der Zuordnung des Haltens eigener Hengste zur landwirtschaftlichen Nutzung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BewG und nicht zur sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. § 62 Abs. 1 BewG steht es auch nicht entgegen, wenn die Hengste zum Decken fremder Stuten verwendet werden4. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Decken auf natürlichem oder auf künstlichem Weg erfolgt, jedenfalls sofern dazu nicht eine zu dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörende Besamungsstation verwendet wird. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich bei dem Deckhengst in beiden Fällen um Zuchtvieh i.S. des § 51 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BewG handelt.

Weiterlesen:
Die verpachtete landwirtschaftliche Brennerei und der monopolrechtliche Ausgleichsbetrag

Unerheblich ist auch, ob das vom Landwirt für die bestimmungsgemäße Verwendung des Deckhengstes erzielte Entgelt besonders hoch ist5. Die Höhe des Entgelts ändert unter der Voraussetzung, dass die gesetzliche Vieheinheiten-Grenze eingehalten wird, nichts an dem für die bewertungsrechtliche Zuordnung maßgebenden Gesichtspunkt, nämlich dass es sich bei dem Hengst um Zuchtvieh handelt.

Ebenfalls ohne Bedeutung ist es, wenn der Hengst zusätzlich als Dressurpferd im Pferdesport verwendet wird6. Dies ändert nichts daran, dass es sich um das Halten von Zuchtvieh i.S. des § 51 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BewG handelt.

Die Deckhengsthaltung kann entgegen der Ansicht des Finanzamt dem Betrieb einer Besamungsstation bewertungsrechtlich nicht gleichgestellt werden. Eine Besamungsstation ist nach § 2 Nr. 14 des Tierzuchtgesetzes (TierZG) eine amtlich zugelassene Einrichtung zur Gewinnung, Behandlung, Lagerung und Abgabe von Samen für die künstliche Besamung. § 13 Abs. 3 und § 17 Abs. 2, 7 und 8 TierZG sowie §§ 2 bis 4 der Samenverordnung (SamEnV) vom 14.10.20087 i.V.m. Anlagen 1 und 2 zur SamEnV stellen sowohl an die Einrichtung als auch an den Betrieb einer Besamungsstation hohe Anforderungen, die bei einer bloßen Deckhengsthaltung nicht erfüllt zu werden brauchen. Diesen Anforderungen stehen besondere Rechte gegenüber. Insbesondere dürfen Samen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TierZG nur von den in dieser Vorschrift genannten Besamungsstationen und Samendepots angeboten oder abgegeben werden.

Weiterlesen:
Grundstückskauf mit Bauträgervertrag - und die Grunderwerbsteuer

Das Halten von Zuchtvieh, das § 51 Abs. 1a Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BewG der landwirtschaftlichen Nutzung zuordnet, kann nicht der sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. § 62 Abs. 1 BewG zugerechnet werden. Dies schließt es zugleich aus, darin einen Nebenbetrieb i.S. des § 42 Abs. 1 BewG zu sehen, für den nach Abs. 2 der Vorschrift ein gesonderter Einzelertragswert anzusetzen ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Mai 2015 – II R 9/13

  1. BFH, Urteil vom 21.02.2002 – II R 18/00, BFHE 198, 150, BStBl II 2002, 456[]
  2. BFH, Urteil in BFHE 198, 150, BStBl II 2002, 456[]
  3. Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 51 Rz 11; Bruschke in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 51 BewG Rz 23 f.; vgl. auch BFH, Urteile vom 31.03.2004 – I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742, unter II. 7.; und vom 17.12 2008 – IV R 34/06, BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 19.07.1955 – I 203/53 U, BFHE 61, 215, BStBl III 1955, 281[]
  5. Eisele, a.a.O., § 34 Rz 14, 27[]
  6. vgl. BFH, Urteile in BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742, unter II. 7., und in BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453[]
  7. BGBl I 2008, 2053[]
Weiterlesen:
Der gescheiterte Verkauf von Ackerland