Feststellungsbescheid für die Grunderwerbsteuer – und die Änderungsbefugnis des Finanzgerichts

Ein Feststellungsbescheid i.S. von § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG, der bei einer Anteilsvereinigung die Steuerpflicht dem Grunde nach sowie alle von dem steuerbaren Rechtsvorgang betroffenen Grundstücke und die darauf entfallenden Anteile an den einschlägigen Steuerbegünstigungen feststellt, kann vom Finanzgericht nicht dahin geändert werden, dass mehrere dieser Grundstücke als zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG gehörend zusammengefasst werden.

Feststellungsbescheid für die Grunderwerbsteuer – und die Änderungsbefugnis des Finanzgerichts

Bei einer Vereinigung der Anteile von mindestens 95 % in einer Hand (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) werden nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG die Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn -wie im Streitfall- ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück betroffen wird.

Gegenstand der gesonderten Feststellung nach § 17 Abs. 3 GrEStG sind die Besteuerungsgrundlagen. Zu diesen gehört in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht dem Grunde nach, über die als Steuerschuldner in Betracht kommenden Personen und über die Finanzämter, die zur Steuerfestsetzung berufen sind1.

In die gesonderte Feststellung nach § 17 Abs. 3 GrEStG sind nicht die Werte i.S. des § 138 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes in der bis 31.12 2006 geltenden Fassung (BewG) aufzunehmen, wenn die Steuer -wie in den Fällen der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG- nach § 8 Abs. 2 GrEStG zu bemessen ist (§ 17 Abs. 3a GrEStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001, BGBl I 2001, 3794). Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung des § 17 Abs. 3a GrEStG, der am 31.12 2001 in Kraft getreten ist, den mit § 17 Abs. 3 GrEStG verfolgten Vereinfachungszweck zugunsten einer Bindungswirkung des vom Lagefinanzamt zu erlassenden Feststellungsbescheids über den Grundbesitzwert eingeschränkt2. Aus dem Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 3 GrEStG muss sich daher nicht entnehmen lassen, welche Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer maßgebend ist und in welcher Höhe Grunderwerbsteuer festzusetzen ist. Der Feststellungsbescheid hat insoweit nur eine begrenzte Wirkung.

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Die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 GrEStG hat für alle von einem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betroffenen Grundstücke in nur einem Verwaltungsakt zu erfolgen3. Dies folgt daraus, dass § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG rechtstechnisch an den Rechtsvorgang „Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft“ anknüpft und sich deshalb die in § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG angeordneten Rechtsfolgen -gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Zuständigkeit des Finanzamts, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet- auf den Rechtsvorgang beziehen, der zur tatbestandserfüllenden Vereinigung der Anteile führt und der die Steuerpflicht auslöst.

Wird ein Feststellungsbescheid i.S. von § 17 Abs. 3 GrEStG mit einer Klage angefochten, ergeben sich die möglichen Entscheidungen des Finanzgericht aus § 100 FGO.

Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf (§ 100 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO).

Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Gegenstand der Änderungsbefugnis kann nicht nur der auf eine Geldleistung gerichtete Verwaltungsakt, sondern auch die Feststellung einer Bemessungsgrundlage sein4. Die Änderungsbefugnis des Finanzgericht beschränkt sich insoweit jedoch auf eine betragsmäßige Änderung. Sie erlaubt dem Finanzgericht nicht, eine Feststellung auch in anderer Hinsicht, z.B. in Bezug auf die Person des Steuerschuldners, die Steuerart oder den Veranlagungszeitraum zu ändern5. Der Steuergegenstand kann ebenfalls nicht geändert werden. Dies gilt selbst für den Fall, dass ein Kläger einen entsprechenden Änderungsantrag stellt.

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Ein Feststellungsbescheid i.S. von § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG, der bei einer Anteilsvereinigung die Steuerpflicht dem Grunde nach sowie alle von dem steuerbaren Rechtsvorgang betroffenen Grundstücke und die darauf entfallenden Anteile an den einschlägigen Steuerbegünstigungen feststellt, kann vom Finanzgericht nicht dahin geändert werden, dass mehrere dieser Grundstücke als zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG gehörend zusammengefasst werden. Die rechtliche Einordnung eines Grundstücks als zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörend ist nicht einer betragsmäßigen Änderung der Besteuerungsgrundlagen gleichzusetzen. Hat das Finanzamt im Feststellungsbescheid die Grundstücke fehlerhaft eingeordnet, ist der Bescheid rechtswidrig und deshalb nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben. Dafür spricht auch, dass ein Vergleichsmaßstab für die Steuerbegünstigungsquote fehlt, wenn mehrere Grundstücke mit verschiedenen Begünstigungsquoten als ein Grundstück behandelt werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Oktober 2014 – II R 14/14

  1. vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2004 – II R 27/03, BFHE 207, 368, BStBl II 2005, 105[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2004 – II R 32/02, BFH/NV 2005, 574[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 15.06.1994 – II R 120/91, BFHE 174, 465, BStBl II 1994, 819[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 11.12 1984 – VII R 90/80, nicht veröffentlicht[]
  5. vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 100 Rz 26[]
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