Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit – und der Besteuerung der Entschädigung

Entschädigungszahlungen für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die das Recht dinglich absichert, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen, sind im Zuflusszeitpunkt als Betriebseinnahme zu erfassen. Es handelt sich bei solchen Entschädigungszahlungen nicht um Einnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen.

Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit – und der Besteuerung der Entschädigung

Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine Einnahme ist betrieblich veranlasst, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben ist1.

Ein solcher Zusammenhang ist im Streitfall zu bejahen. Denn die Landwirtin erhielt die Zahlung nach den nicht angefochtenen und den Bundesfinanzhof daher bindenden tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch, durch die ein zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes Grundstück belastet wurde. Die Einnahme stand mithin in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Betrieb der Landwirtin. Für die betriebliche Veranlassung ist es nicht erforderlich, dass die Einnahme im Betrieb erwirtschaftet wurde oder ein Entgelt für eine betriebliche Leistung darstellt2.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 02.07.20183, mit dem der Bundesfinanzhof eine Entschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung als weder nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG noch nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar angesehen hat, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn jener Streitfall betraf keine betrieblichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das überspannte Grundstück gehörte nicht zu einem Betriebsvermögen, sondern befand sich im Privatvermögen der Steuerpflichtigen.

Weiterlesen:
Überlange Verwaltungsgerichtsverfahren - und keine Entschädigung für die beteiligte Kommune

Dabei war in dem hier entschiedenen Fall die am 30.11.2011 geleistete Zahlung des Landes in zeitlicher Hinsicht dem Wirtschaftsjahr 2011/2012 zuzurechnen.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG erhöhen diese Zuflüsse als Betriebseinnahmen den Gewinn dieses Kalenderjahres4. Die fragliche Zahlung des Landes war hiernach im Zuflusszeitpunkt am 30.11.2011 als Betriebseinnahme zu erfassen und gehörte dementsprechend zum Gewinn der Landwirtin für das Wirtschaftsjahr 2011/2012.

Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG vor, dass der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen kann, für den die Vorauszahlung geleistet wird. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG betrifft Ausgaben „für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren“. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG sind im Streitfall allerdings nicht erfüllt.

§ 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG wurden durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz vom 09.12 20045 in das EStG eingefügt. Der Gesetzgeber reagierte damit auf das BFH-Urteil vom 23.09.20036, mit dem der BFH entschieden hatte, dass Erbbauzinsen auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr ihrer Leistung sofort abziehbar sind, wenn sie in einem Einmalbetrag vorausgezahlt werden. Dieser Rechtsprechung sollte mit der Einfügung des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG der Boden entzogen werden. Die Änderungen in § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG wurden erst im Rahmen der Ausschussberatungen in den Gesetzentwurf eingefügt. Nach dem Bericht über die Ausschussberatungen sollten von den Regelungen neben den Vorauszahlungen auf Erbbauzinsen insbesondere Miet, Pacht- oder Leasingvorauszahlungen erfasst werden7.

Weiterlesen:
Tarifbegünstigung und Sondervergütung

Der Begriff der Nutzungsüberlassung ist im Gesetz nicht definiert. Der BFH ist -ohne sich mit dem Begriff der Nutzungsüberlassung näher auseinanderzusetzen- davon ausgegangen, dass auch ein Disagio unter § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG fällt8.

Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung umfasst der Begriff der Nutzungsüberlassung in § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG in Anlehnung an § 100 BGB sowohl die Fruchtziehung als auch die Gebrauchsüberlassung9.

Das Schrifttum bestimmt den Begriff der Nutzungsüberlassung ebenfalls überwiegend anhand der zivilrechtlichen Regelung in § 100 BGB10.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei den Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung um Leistungen, die für eine Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen sowie Rechten erbracht werden. Der Begriff der Nutzung ist insbesondere von der Verwertung einer Sache oder eines Rechts abzugrenzen. Vorteile aus der Veräußerung oder anderweitigen (rechtsgeschäftlichen) Verwertungen einer Sache oder eines Rechts stellen somit keine Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Gleiches gilt für Zahlungen, durch die eine (tatsächliche oder vermeintliche) Wertminderung ausgeglichen werden soll.

Nach diesen Maßstäben war im vorliegenden Fall die fragliche Zahlung des Landes an die Landwirtin nicht als eine Einnahme für eine Nutzungsüberlassung angesehen.

Die Landwirtin hat die Zahlung für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit erhalten, die das Recht des Landes dinglich absicherte, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung X gemäß Planfeststellungsbeschluss zu nutzen. Die Zahlung stellte hiernach kein Entgelt für die (zeitlich begrenzte) Nutzung, sondern für die dauerhafte dingliche Belastung des Grundstücks dar11. Die Landwirtin erhielt die Zahlung somit für die rechtsgeschäftliche Verwertung ihres Grundbesitzes durch dingliche Belastung.

Weiterlesen:
Die nachträglich festgestellte vGA - und die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren

Mit der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit hatte die Landwirtin ihre Gegenleistung für die Zahlung des Landes vollständig erbracht. So konnte die Landwirtin insbesondere die Nutzung des Grundstücks für ihren landwirtschaftlichen Betrieb nach der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit unverändert fortsetzen, ohne hieran durch eine Überlassung des Grundbesitzes an das Land gehindert zu sein. Zwar durfte das Land das Grundstück der Landwirtin in Ausübung des ihm durch die beschränkt persönliche Dienstbarkeit gesicherten Rechts als Überflutungsfläche nutzen. Nach dem Planfeststellungsbeschluss trat ein solcher Überflutungsfall statistisch aber nur etwa fünf Mal im Jahrhundert auf. Zudem hatte das Land der Landwirtin ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses nach einer gesonderten „Entschädigungsvereinbarung für landwirtschaftliche Nutzflächen, die als Retentionsraum dienen“, Verluste und Schäden, die an landwirtschaftlich genutzten Flächen durch den Einsatz des Polders entstehen, auszugleichen. Auch dies spricht dagegen, die Zahlung des Landes wirtschaftlich als Gegenleistung für die Nutzung des Grundbesitzes der Landwirtin als Überflutungsfläche anzusehen.

Es kommt hinzu, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss die Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit für zulässig erklärt wurde. Eine Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG liegt indes nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer sonst zulässigen förmlichen Enteignung daran mitwirkt, durch vertragliche Vereinbarung eine dem Ergebnis eines möglichen Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung (Entgelt) zu gestatten.

Weiterlesen:
Intersektionelle Benachteiligung eines Stellenbewerbers

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. November 2018 – VI R 54/16

  1. BFH, Urteil vom 02.08.2016 – VIII R 4/14, BFHE 255, 422, BStBl II 2017, 310, Rz 20 und 21, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 25/07, BFHE 223, 35, BStBl II 2010, 550[]
  3. BFH, Urteil vom 02.07.2018 – IX R 31/16, BFHE 262, 102, BStBl II 2018, 759[]
  4. BFH, Urteil vom 23.09.1999 – IV R 1/99, BFHE 190, 335, BStBl II 2000, 121; Schmidt/Krüger, EStG, 37. Aufl., § 11 Rz 4[]
  5. BGBl I 2004, 3310[]
  6. BFH, Urteil vom 23.09.2003 – IX R 65/02, BFHE 203, 355, BStBl II 2005, 159[]
  7. s. BT-Drs. 15/4050, S. 53[]
  8. BFH, Urteil vom 08.03.2016 – IX R 38/14, BFHE 253, 232, BStBl II 2016, 646[]
  9. z.B. FG Münster, Urteil vom 19.02.2013 – 10 K 2176/10 E, EFG 2014, 129; FG Münster, Urteil vom 09.06.2017 – 4 K 1034/15 E, EFG 2017, 1268, Revision anhängig beim BFH – VI R 34/17; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 28.09.2016 – 2 K 2/16, DSTR/E 2017, 1106[]
  10. z.B. Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, § 11 EStG Rz 125; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 11 Rz 71; Walter in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2011, § 11 Rz 52; Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz 99[]
  11. i.E. ebenso BFH, Urteil in BFHE 262, 102, BStBl II 2018, 759 zu einer Entschädigung für das mit einer Dienstbarkeit gesicherte Recht zur Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung[]
Weiterlesen:
Stichtag für Entschädigungsregelung beim Flughafen Berlin-Schönefeld