Eine Einschränkung des Notwehrrechts wegen eines sozialethisch zu missbilligenden vorwerfbaren Vorverhaltens des Verteidigers ergibt sich nicht5, wennn zumutbare Möglichkeiten, dem Angriff auszuweichen oder sich zurückhaltender zu verteidigen, müssen – insbesondere wenn es sich um ein in Sekundenbruchteilen ablaufendes Geschehen ohne Gelegenheit zum Nachdenken für den Verteidiger gehandelt hat – für diesen nicht erkennbar waren.

Eine Einschränkung des Notwehrrechts wegen eines sozialethisch zu missbilligenden vorwerfbaren Vorverhaltens des Angeklagten ergab sich im vorliegenden Fall daher nicht: Hierbei war zu berücksichtigen, dass nach dem als festgestellt beschriebenen Sachverhalt der Angeklagte den Nebenkläger im Rahmen einer bereits andauernden wechselseitigen Auseinandersetzung „Wichser“ genannt hat. Nach der ausweislich der Urteilsgründe nicht widerlegten Einlassung des Angeklagten erfolgte diese Äußerung erst als Reaktion auf eine Ohrfeige des Nebenklägers.
Außerdem würde eine solche Äußerung in der konkreten Situation auch nicht zu einer Einschränkung des Notwehrrechts gegenüber dem mittels eines abgebrochenen Flaschenhalses unmittelbar drohenden Angriff führen. Denn zumutbare Möglichkeiten, dem Angriff auszuweichen oder sich zurückhaltender zu verteidigen, sind nach der Tatsachengrundlage, wonach es sich um ein in Sekundenbruchteilen ablaufendes Geschehen ohne Gelegenheit zum Nachdenken für den Angeklagten gehandelt hat, nicht erkennbar1.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. März 2017 – 1 StR 486/16
- vgl. BGH, Beschluss vom 17.01.1989 – 4 StR 2/89, BGHR StGB § 32 Abs. 2 Verteidigung 4; Urteil vom 27.09.2012 – 4 StR 197/12, NStZ-RR 2013, 139[↩]
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