Abschiebehaft – und die voraussichtliche Haftdauer

Die Anordnung der Abschiebungshaft verletzt den Betroffenen bereits dann in seinen Rechten, wenn es an einem zulässigen Haftantrag fehlte und dieser Mangel während des Verfahrens nicht behoben worden ist.

Abschiebehaft – und die voraussichtliche Haftdauer

Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung.

Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).

Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Gesichtspunkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden1.

Diesen Anforderungen genügt ein Haftantrag nicht, wenn er keine ausreichenden Angaben zu der notwendigen Haftdauer enthält. Der schlichte Hinweis darauf, dass die Passersatzpapierbeschaffung eingeleitet werden müsse und dies „erfahrungsgemäß“ einen Zeitraum von drei Monaten erfordere und auch die Organisation eines Flugs nach Ghana innerhalb dieser Zeit veranlasst werde, ist unzureichend.

Er lässt unberücksichtigt, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist und die Frist von drei Monaten nur die obere Grenze der möglichen Haft und nicht deren Normaldauer bestimmt (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG; siehe auch BGH, Beschluss vom 11.02.2016 – V ZB 24/14 7). Soweit das Beschwerdegericht darauf verweist, die Angaben der beteiligten Behörde seien durch die tatsächlich erfolgte Abschiebung bestätigt worden, führt dies nicht zur Zulässigkeit des Haftantrags. Im Gegenteil: Dass die Abschiebung einen Monat vor dem Ablauf des von der Behörde beantragten Haftzeitraums möglich war, ist ein starkes Indiz dafür, dass mit dem von ihr für die Passersatzbeschaffung prognostizierten Zeitraum von drei Monaten nur der maximale Zeitaufwand gemeint war. Angaben dazu, warum eine kürzere Haftdauer als drei Monate nicht ausreicht, sind in dem Haftantrag nicht enthalten.

Aber auch wenn die Angabe in dem Haftantrag so zu verstehen sein sollte, dass die Passersatzbeschaffung üblicherweise mindestens drei Monate dauert und in diesem Zeitraum auch die Organisation eines Fluges nach Ghana möglich ist, ist sie unzureichend. Hierfür kann dahinstehen, ob dies bereits daraus folgt, dass es an einer für das Gericht überprüfbaren Mitteilung der Grundlage für den Erfahrungswert fehlt. Auf allgemeine Erfahrungswerte konnte sich die beteiligte Behörde im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb nicht berufen, weil der Betroffene nach den weiteren Angaben in dem Haftantrag bereits in einem vorangegangenen Abschiebeverfahren im Jahr 2014 der ghanaischen Botschaft vorgeführt und von der Botschaft die Ausstellung eines Heimreisedokuments zugesichert worden war. Warum gleichwohl die Beschaffung der für die Abschiebung des Betroffenen erforderlichen Papiere die sonst übliche Zeit von drei Monaten in Anspruch nehmen soll, wird nicht erläutert.

Der Mangel des Haftantrages ist auch nicht nachträglich geheilt worden. Weder hat die Behörde ihre Darlegungen ergänzt noch hat das Amtsgericht das Vorliegen der an sich seitens der Behörde nach § 417 Abs. 2 FamFG vorzutragenden Tatsachen aufgrund eigener Ermittlungen von Amts wegen (§ 26 FamFG) in dem Beschluss festgestellt2. Vielmehr hat das Amtsgericht in dem Haftanordnungsbeschluss auf den Haftantrag verwiesen.

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Beschluss vom 11.02.2016 – V ZB 24/14 7 mwN[]
  2. vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, Beschluss vom 16.07.2014 – V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 22[]