Die Regelungen der früheren Beihilfevorschriften des Bundes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 – BhV -, zuletzt geändert durch die 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 30. Januar 2004, sind für Aufwendungen von beihilfeberechtigten niedersächsischen Landesbeamten, die bis zum Inkrafttreten der Niedersächsischen Beihilfeverordnung vom 7. November 2011 am 1. Januar 2012 entstanden sind, anwendbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die früheren Beihilfevorschriften des Bundes für grundsätzlich weiterhin anwendbar gehalten, und zwar für einen Übergangszeitraum, der spätestens bei Ablauf der im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2008 [1] andauernden 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages geendet hat [2]. Die 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages hat allerdings am 26.10.2009 geendet. Die vom Bundesverwaltungsgericht genannte Übergangsfrist war mithin zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des 19.03.2010 (Rechnungsdatum) abgelaufen. Im Gegensatz zum Bund und zu anderen Bundesländern ist der niedersächsische Verordnungsgeber nicht in der Lage gewesen, innerhalb dieser Frist eine neue, dem Gesetzesvorbehalt genügende Beihilfeverordnung zu erlassen, obgleich auf Bundesebene die Bundesbeihilfeverordnung – BBhV – vom 13.02.2009 erlassen worden ist, an der sich der niedersächsische Verordnungsgeber hätte orientieren können, und obgleich der niedersächsische Gesetzgeber zum 1.04.2009 ein neues niedersächsisches Beamtengesetz beschlossen hat. Die Niedersächsische Beihilfeverordnung – NBhVO – [3] ist vielmehr erst am 7.11.2011 beschlossen worden und zum 1.01.2012 in Kraft getreten.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht folgt der Auffassung, dass der niedersächsische Gesetzgeber nicht bereits mit der Übergangsvorschrift des § 120 Abs. 1 NBG n. F. und der darin enthaltenen Verweisung die früheren Beihilfevorschriften des Bundes als eigene parlamentarische, dem Gesetzesvorbehalt genügende Regelung erlassen hat.
Gleichwohl richtet sich bis zum Inkrafttreten der Niedersächsischen Beihilfeverordnung (NBhVO) vom 07.11.2011 am 01.01.2012 die Prüfung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nicht lediglich nach den Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit, sondern nach den früheren Beihilfevorschriften des Bundes.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht teilt nicht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Göttingen [4], wonach nach Ablauf der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages über die Beihilfeansprüche niedersächsischer Beamter allein auf der Grundlage der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu entscheiden sei. Der Senat ist vielmehr mit dem Verwaltungsgericht Braunschweig der Auffassung, dass die vom Bundesverwaltungsgericht genannte Übergangsfrist des Ablaufs der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nicht für niedersächsische Landesbeamte maßgeblich ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.05.2008 ausgeführt, dass bei weiterer Untätigkeit des Bundesgesetzgebers über den Zeitraum der seinerzeit laufenden Legislaturperiode hinaus die Verwaltungsgerichte im Einzelfall über Beihilfeansprüche allein auf der Grundlage der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu entscheiden haben. Diese Feststellung kann aber nicht die Beihilfeansprüche von niedersächsischen Beamten betreffen, denn der Bundesgesetzgeber reglementiert die Beihilfe für Bundesbeamte, nicht für niedersächsische Beamte. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der Bundesgesetzgeber den Fall des Klägers auch nicht über die Verweisung in § 120 Abs. 1 NBG n. F. regeln könnte. Wie oben dargelegt, hat der niedersächsische Gesetzgeber in § 120 Abs. 1 NBG n. F. über § 87c NBG a. F. lediglich auf die zuvor geltenden Beihilfevorschriften des Bundes verwiesen. Für die Beihilfevorschriften betreffend die niedersächsischen Landesbeamten ist der niedersächsische Gesetzgeber zuständig, der gemäß § 80 Abs. 6 NBG n. F. die niedersächsische Landesregierung als Verordnungsgeber bestimmt hat.
Ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Übergangszeitraum für die Anwendbarkeit der verfassungswidrigen früheren Beihilfevorschriften für Bundesbeamte der Ablauf der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, ist hieran anknüpfend als Übergangszeitraum für die Beihilfeansprüche niedersächsischer Landesbeamter auf die fünfjährige 16. Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtags abzustellen, der sich am 26.02.2008 konstituiert hat. Diese Übergangsfrist war im hier maßgeblichen Zeitpunkt des 19.03.2010 (Rechnungsdatum) noch nicht abgelaufen.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. Januar 2012 – 5 LA 82/11
- BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 – 2 C 24.07[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 – 2 C 24.07; Urteil vom 26.06.2008 – 2 C 2.07, BVerwGE 131, 234; Nds. OVG, Urteil vom 23.04.2010, a. a. O.[↩]
- Nds. GVBl. S. 372[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 – 3 A 158/09[↩]