Ein Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei des Iran (API) unterstützt Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Er darf deshalb nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht eingebürgert werden.

Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Einbürgerung eines Ausländers u.a. ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
Der Einbürgerung des Klägers im hier vom Verwaltunsgericht Oldenburg entschiedenen Falls steht seine Mitgliedschaft in und sein Engagement für die Arbeiterkommunistische Partei Irans entgegen. Zu einem derartigen Engagement hatte sich der Kläger im Asylverfahren bekannt. Es ist Anlass für seine Anerkennung als politischer Flüchtling gewesen.
An seinen Erklärungen im Asylverfahren muss sich der Kläger auch heute festhalten lassen.
Davon, dass sich der Kläger seither hinreichend von der API und deren Zielen abgewandt hat, hat sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugen können. Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfordert mehr als ein bloß äußeres – zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen. Auch der bloße Zeitablauf allein belegt ein Abwenden nicht. Erforderlich ist vielmehr ein innerer Lernprozess, aufgrund dessen der Betroffene seine früheren Handlungen als falsch erkennt. Diesen muss der Einbürgerungsbewerber substantiiert und einleuchtend darlegen. Ausreichend glaubhaft gemacht ist der innere Prozess dann, wenn durch die vorgetragenen Umstände eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des behaupteten gedanklichen/weltanschaulichen Wandels spricht1.
Noch im Rahmen des vom Beklagten im Oktober 2009 durchgeführten Sicherheitsgesprächs hat der Kläger aber eingeräumt, auch nach Beendigung des Asylverfahrens weiter an Aktionen der API teilgenommen zu haben. Er gab damals an, dass er zwar wegen seiner in Hamburg durchgeführten Ausbildung deutlich weniger Zeit als früher für parteipolitische Aktivitäten besitze. Drei oder vier Monate zuvor habe er jedoch an einer Veranstaltung in Hamburg anlässlich der Wahl des Präsidenten im Iran teilgenommen und verteile auch über das Internet Parteiinformationen. In der mündlichen Verhandlung hat der persönlich dazu befragte Kläger lediglich in wenigen Sätzen sinngemäß erklärt, dass er für die API nicht mehr aktiv sei, weil ihm dazu die Zeit fehle. Diesem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass sich der Kläger mittlerweile kritisch mit den Zielen der API auseinandergesetzt und sich politisch/weltanschaulich von seinen früheren Überzeugungen gelöst hat. Ganz abgesehen davon hat der Kläger nicht einmal vorgetragen oder gar belegt, dass er mittlerweile die Mitgliedschaft in der API förmlich beendet hätte.
All dies stellt einen tatsächlichen Anhaltspunkt dar, der die Annahme rechtfertigt, dass der Kläger Bestrebungen verfolgt hat und verfolgt, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Denn die von der API verfolgten weltanschaulichen Ziele stehen zweifelsfrei nicht in Übereinstimmung mit den Prinzipien einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wozu u.a. das Recht des Volkes gehört, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt, der Gesetzgebung und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition und das Recht auf Ablösung der Regierung zuzüglich deren Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung (vgl. dazu § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. c BVerfSchG).
Die API wird vom Verfassungsschutz seit Jahren beobachtet und als extremistische Partei eingestuft. Im Verfassungsschutzbericht 2010 des Bundes wird die API als sogenannter Verdachtsfall aufgeführt. Dort heißt es, dass sich die API und ihre im Jahre 2004 und 2007 entstandenen Abspaltungen Arbeiterkommunistische Partei Iran – Hekmatist – API – Hematist und Worker-Communism Unity Party – WUP – ideologisch an den marxistisch-leninistisch geprägten Lehren des Gründers Hekmat orientierten. Alle drei Organisationen strebten eine sozialistische Revolution im Iran an, um anschließend die Macht auf die Arbeiterklasse zu übertragen. Auch die API bekenne sich offen zu dieser Zielsetzung. In dem auf ihrem siebten Kongress am 5. und 6. Dezember 2009 verabschiedeten „Manifest der Iranischen Revolution“ interpretiere sie die im Juni 2009 begonnenen Proteste im Iran gegen den Ausgang der dortigen Präsidentschaftswahlen als sozialistisch geprägte „iranische Revolution“. Der API sei es im Jahr 2010 gelungen, sich die anhaltende Berichterstattung über die politischen Missstände und die Menschenrechtssituation im Iran zu Nutze zu machen und durch zahlreiche themenbezogene Demonstrationen und Informationsstände öffentlich Präsenz zu zeigen. Vergleichbare Angaben zur Zielsetzung der API ergeben sich aus der vom Beklagten eingeholten Stellungnahme des MI vom 20. Mai 2009. Dort heißt es, dass die am 31. Oktober 1991 gegründete API sich ideologisch auf die Doktrin ihres Gründers Mansour Hekmat berufe, der zufolge die iranische Regierung abgelöst und durch ein sozialistisches Rätesystem ersetzt werden solle. Gefordert werde die globale und staatenlose Gesellschaft weltweit. Auf dem Weg zu diesem Ziel werde der Staat nach seiner Auflösung durch eine Diktatur des Proletariats ersetzt. Die API stehe in diesem Zusammenhang in kommunistisch-orthodoxer Sichtweise für eine durch sie angeführte Revolution der Arbeiterklasse, wobei sie explizit den bewaffneten Kampf befürworte. Die API strebe einen revolutionären Umsturz mit dem Ziel der Errichtung eines kommunistischen Systems im Iran und letztlich weltweit an2.
Das Verwaltungsgericht verkennt bei alledem nicht, dass es sich bei der API heute um eine im Iran völlig unbedeutende Partei handelt, für deren kommunistische Ideologie alten Stiles es im Iran (Kurdengebiete) lediglich Anfang der 90iger Jahre einen Nährboden gab und dass die verbliebenen Anhänger des „Klassenkampfes alter Ideologie“ im Wesentlichen inzwischen in die Jahre gekommene und seit Jahren im Exil lebende Iraner sind (s. dazu Auskunft des GIGA, German Institute of Global und Area Studies, Institut für Nahost-Studien vom 12. April 2007 an das VG Schwerin). Auch für die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland stellen die Anhänger der API keine akute und konkrete Gefahr dar.
Ungeachtet dessen ist jedoch festzustellen, dass ein Anhänger der API eine politische bzw. gedanklich/ideologische/weltanschauliche Auffassung vertritt, die kein wahrhaftiges Bekenntnis zu einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zulässt, also auch nicht zu der in Deutschland bestehenden (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG). Wer von der politischen Richtigkeit des Systems einer sozialistischen Räterepublik überzeugt ist, kann nicht gleichzeitig das System einer parlamentarischen Demokratie gut heißen und für sich als politisch richtig (an)erkennen. In diesem Sinne verfolgen Anhänger der API verfassungsfeindliche Bestrebungen. Darauf, ob die API, Teile der API oder gar die Kläger selbst gewaltbereit sind oder nicht, kommt es nicht an. Die Gewaltbereitschaft ist kein notwendiges Element verfassungsfeindlicher Bestrebungen3. Ausreichend ist, dass Anhänger der API eine abstrakte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen. Derartigen Sicherheitsgefährdungen soll mit der Vorschrift des § 11 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative StAG begegnet werden. Es handelt sich der Sache nach um eine Vorverlagerung des Verfassungsschutzes, die auch Handlungen und Tatbestände erfasst, die strafrechtlich noch nicht relevant sind und keine fassbare Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit sich bringen4.
Die vom Kläger gerügte Unvereinbarkeit dieser Sichtweise mit dem Ergebnis seines Asylverfahrens vermag das Verwaltungsgericht Oldenburg nicht zu erkennen. Seine Flüchtlingsanerkennung war und ist nicht davon abhängig, dass er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt. Daraus, dass Deutschland einer Person Schutz vor Verfolgung bietet, folgt nicht zwingend, dass dieser Person anschließend das Recht eingeräumt werden müsste, eingebürgert zu werden.
Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteil vom 7. Dezember 2011 – 11 A 1811/10
- so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 – 13 S 1111/01[↩]
- vgl. zur Einschätzung und den Aktivitäten der API auch: Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009 und aktuelle Homepage des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen[↩]
- siehe dazu BVerwG, Beschluss vom 27.01.2009 – 5 B 51/08[↩]
- siehe dazu BayVGH, Urteil vom 05.03.2008 – 5 B 05.1449[↩]