Mit der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann in Niedersachsen die Feststellung des Nichtvorliegens der Denkmaleigenschaft jedenfalls dann begehrt werden, wenn ein Baudenkmal bis zum 30.09.2011 in das Verzeichnis der Kulturdenkmale eingetragen worden ist.

Bei der Frage, ob ein Baudenkmal vorliegt, kommt den Denkmalschutzbehörden kein Beurteilungsspielraum zu. Die Frage ist vielmehr gerichtlich voll nachprüfbar, wobei in erster Linie das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege dem Gericht den notwendigen Sachverstand vermittelt1.
Zulässigkeit der Feststellungsklage
Die Feststellungsklage ist statthaft, denn der Eigentümer begehrt mit der Feststellung, dass die Gartenanlage auf seinem Grundstück kein Baudenkmal bzw. Teil eines Baudenkmals darstellt, die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig“ sein2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Aus der Denkmaleigenschaft folgen zahlreiche gesetzliche Pflichten, unter anderen die in § 6 NDSchG geregelte Erhaltungspflicht, die Pflicht zur denkmalgerechten Nutzung (§ 9 NDSchG) sowie zahlreiche Genehmigungsvorbehalte (§ 10 NDSchG). Mit der Feststellung des Nichtbestehens der Denkmaleigenschaft möchte der Eigentümer mithin geklärt wissen, dass (unter anderem) die vorgenannten Vorschriften auf seine Gartenanlage keine Anwendung finden; eben dies ist zwischen den Beteiligten umstritten3.
Der Feststellungsklage steht nicht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Eigentümer seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt der Gedanke der Prozessökonomie zu Grunde. Der dem Eigentümer zustehende Rechtsschutz soll auf dasjenige Verfahren, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden4. Gemessen daran kann der Eigentümer nicht auf eine Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheids bzw. einer Baugenehmigung verwiesen werden. Erstens führt eine solche Klage nicht zwangsläufig eine abschließende Klärung der Denkmaleigenschaft herbei; eine Baugenehmigung kann grundsätzlich auch aus anderen Gründen versagt oder aber erteilt werden, wenn den Anforderungen des Denkmalschutzes Rechnung getragen wird. Zweitens hängt es gerade von der Frage der Denkmaleigenschaft ab, ob der Eigentümer den Aufwand eines Bauantrags auf sich nimmt und welches Vorhaben er gegebenenfalls zur Genehmigung stellt. Vor diesem Hintergrund stellt in diesem Fall gerade die Feststellungsklage den wirkungsvollsten Rechtsschutz bereit.
Angesichts der erstmaligen Eintragung in die Denkmalliste im Jahr 1988 kann offen bleiben, ob die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO auch dann statthaft ist, wenn ein Baudenkmal nach dem 30.09.2011 in das Verzeichnis der Kulturdenkmale eingetragen worden ist. Für diesen Fall bestimmt § 4 Abs. 5 NDSchG, dass das Landesamt für Denkmalpflege auf Antrag des Eigentümers durch Verwaltungsakt die Eigenschaft als Baudenkmal festzustellen hat. Ein solcher Verwaltungsakt kann mit der Anfechtungsklage angefochten werden, sodass eine Klärung im Rahmen einer Gestaltungsklage erfolgen kann5. Demzufolge spricht vieles dafür, dass die Feststellungsklage (nur) in derartigen Fällen als subsidiär zurücktritt (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
An dem Vorliegen des gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses besteht kein Zweifel. Der Eigentümer plant eine Bebauung des Gartengrundstücks; dem steht gegebenenfalls § 6 Abs. 2 NDSchG entgegen.
Die Klage ist gegen den Landkreis Aurich als untere Denkmalschutzbehörde (§ 19 Abs. 1 Satz 1 NDSchG) und damit gegen den richtigen Beklagten gerichtet. Entgegen seinen Erwägungen in der mündlichen Verhandlung ist nicht das beigeladene Landesamt für Denkmalpflege (§ 21 NDSchG) der richtige Klagegegner. Aus den oben genannten Vorschriften folgt nämlich, dass stets die untere Denkmalschutzbehörde als Ansprechpartner des Eigentümers im Hinblick auf seine denkmalrechtliche Pflichtenstellung fungiert. Das schließt es – von dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Sonderfall des § 4 Abs. 5 NDSchG abgesehen – aus, eine Klage unmittelbar gegen das Landesamt zu richten.
Kein Beurteilungsspielraum
Bei der Beurteilung der Denkmaleigenschaft kommt der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu. Ausschlaggebend ist vielmehr das Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird. Anders als im Baugestaltungsrecht kommt es nicht auf den sogenannten gebildeten Durchschnittsmenschen an, also auf das Empfinden jedes für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters, da die Beurteilung ein Vertrautsein mit dem zu schützenden Baudenkmal und seiner Epoche voraussetzt. Den entsprechenden Sachverstand vermittelt in erster Linie, aber nicht ausschließlich, das beigeladene Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, dem nach der Aufgabenzuweisung des § 21 Abs. 1 NDSchG eine ganz besondere Sachkunde zukommt6. Die Vermittlung von Sachverstand ist indes nicht mit einem Beurteilungsspielraum gleichzusetzen. Die entsprechende Aufgabe des Landesamtes führt lediglich dazu, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten nur dann einzuholen ist, wenn der vom Landesamt vermittelte Sachverstand zur Entscheidungsfindung nicht ausreicht.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juli 2014 – 1 LB 133/13
- im Anschluss an Nds. OVG, Urteil vom 26.03.1999 – 1 L 1302/97; Urteil vom 3.05.2006 – 1 LB 16/05, BauR 2006, 1730 = BRS 70 Nr.201[↩]
- stRspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 – 8 C 38.09 32 = BVerwGE 136, 75 m. w. N.[↩]
- vgl. zur Statthaftigkeit einer Feststellungsklage bereits Nds. OVG, Urteil vom 30.10.1995 – 6 L 2747/94 3 = OVGE 46, 319[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2014 – 6 C 8.13 13[↩]
- vgl. VG Hannover, Urteil vom 26.02.2013 – 4 A 734/12[↩]
- vgl. in unterschiedlichen Zusammenhängen: Nds. OVG, Urteil vom 26.03.1999 – 1 L 1302/97 35; Urteil vom 3.05.2006 – 1 LB 16/05 22 = BauR 2006, 1730 = BRS 70 Nr.201; ebenso Nds. OVG, Urteil vom 2.10.1987, a. a. O.; Urteil vom 10.01.2008 – 12 LB 22/07 64 = ZfBR 2008, 366; Kleine-Tebbe/Martin, Denkmalrecht Niedersachsen, 2013, § 3 Nr. 6.1[↩]