Straßenausbaubeitragssatzung – Aufhebung und kommunalaufsichtliche Beanstandung

Wenn eine Gemeinde, die sich in einer anhaltenden und erheblichen defizitären Finanzlage befindet, beabsichtigt, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten, muss sie imstande sein, die dadurch bedingten Mindereinnahmen durch andere Finanzmittel und nicht lediglich durch eine weitere Aufnahme von Krediten auszugleichen.

Straßenausbaubeitragssatzung – Aufhebung und kommunalaufsichtliche Beanstandung

Mit dieser Begründung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in dem hier vorliegenden Fall der Beschwerde der Region Hannover stattgegeben und den Antrag der Stadt Laatzen auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandung zweier Beschlüsse ihres Rates zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung abgelehnt. Der Rat der Stadt Laatzen hatte beschlossen, die Straßenausbaubeitragssatzung aufzuheben. Die Region Hannover als Kommunalaufsichtsbehörde hat den Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aufgrund der finanziellen Lage der Gemeinde als rechtswidrig beanstandet, weil die Einnahmeausfälle nur durch eine höhere Aufnahme von Krediten ausgeglichen werden könnten.

Das Verwaltungsgericht Hannover1 hatte dem Antrag der Gemeinde stattgegeben, weil es ihr nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) freistehe, Straßenausbaubeiträge zu erheben, und fehlende Kompensationsmöglichkeiten daher allein in die politische Verantwortung ihres Rates fielen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Region Hannover.

In seiner Entscheidung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass bei der derzeitigen Finanzlage der Gemeinde die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung dazu führen würde, dass die wegfallenden Einnahmen durch die Aufnahme höherer Kredite ausgeglichen werden müssten. Einer Kompensation der Einnahmeausfälle durch weitere Kreditaufnahmen stehe aber § 111 Abs. 6 NKomVG entgegen, wonach Kredite nur aufgenommen werden dürften, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Eine andere Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen sei der Kommune allerdings über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen möglich, so dass die Vorschrift grundsätzlich einer Kreditaufnahme für Straßenausbaumaßnahmen entgegenstehe.

Andere Finanzmittel zur Deckung der Straßenausbaukosten seien weder von der Gemeinde dargelegt worden noch angesichts ihrer Finanzlage ersichtlich. Insbesondere entfalle die Notwendigkeit weiterer Kredite bei der konkreten finanziellen Situation der Gemeinde auch nicht durch die von ihr beschlossene Erhöhung der Grundsteuer. Denn den Ausführungen der Gemeinde hierzu sei nicht zu entnehmen und es sei auch sonst nicht ersichtlich, dass die Grundsteuermehreinnahmen hier nach den maßgeblichen haushaltsrechtlichen Bestimmungen für Straßenausbaumaßnahmen verwendet werden könnten oder die wegfallenden Einnahmen auch nur decken könnten.

Einer Gemeinde sei es nach § 111 Abs. 5 Satz 3 NKomVG zwar grundsätzlich freigestellt, ob sie Straßenausbaubeiträge erhebt. Hiervon unberührt bleibe allerdings die Vorschrift des § 111 Abs. 6 NKomVG, nach der eine Kompensation der wegfallenden Straßenausbaubeiträge durch Kredite grundsätzlich nicht möglich sei. Befinde sich eine Gemeinde in einer anhaltenden und erheblichen defizitären Finanzlage, müsse sie daher imstande sein, die durch den beabsichtigten Verzicht auf Straßenausbaubeiträge bedingten Mindereinnahmen durch andere Finanzmittel und nicht lediglich durch eine weitere Aufnahme von Krediten auszugleichen. Daher sei die Beanstandung der Region Hannover rechtmäßig.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Juli 2020 – 10 ME 129/20

  1. VG Hannover, Beschluss vom 19.05.2020 – 1 B 1284/20[]

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