Wurde ein Verwaltungsakt unmittelbar einem Verfahrenshandlungsunfähigen zugestellt, so kann allein durch die Kenntnisnahme des Verwaltungsakts durch den Betreuer keine Heilung eintreten, weil die Behörde bei der unwirksamen Zustellung gegenüber dem Betreuer regelmäßig nicht den erforderlichen Bekanntgabewillen hatte.

Wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgängig die Verfahrenshandlungsunfähigkeit geltend gemacht, so kann in der Durchführung des gerichtlichen Verfahrens keine – konkludente – Genehmigung gesehen werden.
Ist aufgrund bestehender Handlungsunfähigkeit des Zustellungsempfängers die persönliche Zustellung unwirksam, so kann dieser Mangel auch nicht nach § 9 LVwZG bzw. § 8 VwZG geheilt werden. So hat zwar in dem jetzt vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Fall in der Folgezeit die Betreuerin des Klägers die Bescheide tatsächlich erhalten und von ihnen Kenntnis genommen. Dieser Umstand ist jedoch in der hier zu beurteilenden Verfahrenskonstellation nicht hinreichend. Zwar kann der rechtliche Ausgangspunkt, wonach eine wegen Geschäftsunfähigkeit unwirksame Zustellung nachträglich geheilt wird, wenn der Empfänger später nach wieder hergestellter Geschäftsfähigkeit Besitz und Kenntnis von dem Bescheid erlangt, nicht infrage gestellt werden1.
Darum geht es hier jedoch nicht. Die Behörde hatte nämlich zu keinem Zeitpunkt der Betreuerin gegenüber den erforderlichen Bekanntgabewillen. Dieser muss nicht nur die Bekanntgabe an sich umfassen, sondern insbesondere auch auf eine näher konkretisierte Person bezogen sein2. Im vorliegenden Fall konnte zum Zeitpunkt der Zustellung ein auf die Betreuerin bezogener Bekanntgabewille schon deshalb nicht vorliegen, weil sie damals noch gar nicht bestellt war.
Die Betreuerin hat in der Folge auch keine Genehmigung erteilt, die grundsätzlich auch den unzureichenden Bekanntgabewillen heilen kann3. Während des Klageverfahrens wurde vielmehr durchgängig die Handlungsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Zustellung und damit deren Unwirksamkeit geltend gemacht. Dann jedoch muss eine – auch konkludente – Genehmigung ausscheiden, weil dieses unvereinbar mit dem zentralen Klagevorbringen wäre.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 2. November 2010 – 11 S 2079/10
- vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11.02.1994 – 2 B 173.93, NJW 1994, 2633[↩]
- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.03.2005 – 1 S 254/05, NuR 2006, 440; U.Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rdn. 51 und 53; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 34 f.[↩]
- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.03.2005 – 1 S 254/05, NuR 2006, 440; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 36[↩]