Der Erwerber eines Einfamilienhauses vom Bauträger darf die Zahlung einer nach Baufortschritt fälligen Rate des Vertragspreises wegen bis dahin aufgetretener Baumängel in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Beseitigungsaufwand auch dann verweigern, wenn der Vertrag im Jahr 2003 geschlossen worden ist [1].

Dem Erwerber kann grundsätzlich ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe der Mängelbeseitigungskosten zustehen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach kann der Besteller die Bezahlung einer fälligen Abschlagsforderung wegen bis dahin aufgetretener Baumängel gemäß § 320 BGB in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Beseitigungsaufwand verweigern [2]. Ein solches mangelbedingtes Leistungsverweigerungsrecht besteht auch in den Fällen, in denen die Abschlagsforderungen gemäß vertraglichem Zahlungsplan nach Baufortschritt fällig werden [3], ebenso im Rahmen eines Bauträgervertrages für die nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 MaBV vereinbarten Raten [4]. Damit hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Mangelfreiheit der bis zum jeweiligen Bautenstand erbrachten Leistungen keine Voraussetzung für die Fälligkeit vertraglich vereinbarter Abschlagsforderungen darstellt. Der Besteller hat vielmehr wegen solcher Mängel gemäß § 320 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten nebst Druckzuschlag in angemessener Höhe.
Diese Rechtsprechung ist auch auf Bauträgerverträge anwendbar, die im Jahre 2003 geschlossen worden sind. Eine andere rechtliche Beurteilung ist weder durch das Inkrafttreten des § 632a BGB vor Abschluss des Bauvertrages noch durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts [5] geboten.
§ 632a BGB in der hier maßgeblichen Fassung vom 30.03.2000 [6] findet auf Bauverträge, welche der Makler- und Bauträgerverordnung unterliegen, keine Anwendung [7]. Hier handelt es sich um einen solchen Vertrag, denn im maßgeblichen Zeitpunkt seines Abschlusses war die gewerbliche Klägerin Eigentümerin des von ihr zu bebauenden Grundstücks [8].
Die gefestigte Rechtsprechung zur Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts wird auch nicht dadurch beeinflusst, dass dem Besteller vor der Abnahme der Bauleistung in Verträgen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Schuldrechtsmodernisierung geschlossen worden sind, möglicherweise kein Anspruch auf Mängelbeseitigung zusteht [9].
Denn selbst wenn das nicht der Fall sein sollte – der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher offen gelassen [10] – ändert das nichts daran, dass der Besteller das ihm nach § 320 Abs. 1 BGB zustehende Leistungsverweigerungsrecht ausüben kann. Nach § 320 Abs. 1 BGB kann der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtete Schuldner die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Einer Zahlungsabrede, in der die Parteien dem grundsätzlich vorleistungspflichtigen Unternehmer durch die Vereinbarung eines an den Bautenstand geknüpften Zahlungsplans die Möglichkeit eröffnen, schon vor dem nach dem Gesetz für die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs vorgesehenen Zeitpunkt der Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB) Raten auf seine Vergütung verlangen zu können, ist immanent, dass der Unternehmer jene Teilbeträge nur gegen Ausführung der für die Erreichung des jeweiligen Bautenstandes erforderlichen Bauleistungen beanspruchen darf. Sie führt folglich nicht dazu, dass der Besteller seinerseits vorleistungspflichtig wird, indem er Zahlungen erbringen muss, ohne die hierfür ausbedungene Gegenleistung erhalten zu haben. Seinem Anspruch auf vertragsgerechte Erfüllung dieser Gegenleistung wird auf der Grundlage eines an den Bautenstand gekoppelten Zahlungsplans dadurch Rechnung getragen, dass er den Abschlagsforderungen des Unternehmers auch schon vor dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes vorgesehenen Zeitpunkt gemäß § 320 BGB Mängel derjenigen Bauleistungen entgegenhalten darf, welche der Unternehmer bis zur Erreichung des seine Abschlagsforderung begründenden Bautenstandes ausgeführt hat.
In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte demgegenüber in der Vorinstanz das Berufungsgericht ohne nähere Begründung die Auffassung vertreten, in der vertraglichen Anknüpfung der Fälligkeit der Rate g) an den Eintritt „vollständiger Fertigstellung“ liege eine vertragliche Änderung der gesetzlichen Regelung des § 641 Abs. 3 BGB dahin, dass selbst in dem Fall, dass das Dreifache der Mängelbeseitigungskosten für die insgesamt festgestellten Mängel diese Rate von 3,5 % der Vertragssumme überschreite, nicht mehr als diese Rate zurückgehalten werden könnte. Diese Auffassung entbehrt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch jeder rechtlichen Grundlage. Das Berufungsgericht begründet diese Vertragsauslegung nicht. Sie ist auch offenbar falsch, weil sie die berechtigten Interessen des Bestellers außer Acht lässt. Denn der Besteller würde dadurch ersichtlich unangemessen benachteiligt. Die Auffassung des Berufungsgerichts könnte dazu führen, dass der Druckzuschlag erheblich vermindert wird, was dem mit ihm verfolgten Zweck entgegensteht, den Unternehmer zur vertragsgerechten Erfüllung anzuhalten. Bei hohen, über den Betrag von 3,5 % der Vertragssumme hinausgehenden Kosten bestünde das Leistungsverweigerungsrecht nicht einmal in Höhe der Mängelbeseitigungskosten. Das alles kann keine redliche denkende Partei gewollt haben und kann deshalb nicht im Wege der Vertragsauslegung als Parteiwille angenommen werden.
Darauf, dass sich die Höhe des Leistungsverweigerungsrechts vor der Abnahme nicht aus § 641 Abs. 3 BGB, sondern aus einer nach Treu und Glauben vorgenommenen Beschränkung des § 320 Abs. 1 BGB ergibt, kommt es gar nicht an.
Die gegenteilige Meinung übersieht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.11.1983 [11]. In dieser Entscheidung ist dargelegt, dass das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln der Leistungen, die mit der Bezugsfertigkeitsrate abgerechnet werden, grundsätzlich nicht dadurch beschränkt wird, dass die Fertigstellungsrate noch nicht bezahlt worden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Oktober 2011 – VII ZR 84/09
- Fortführung von BGH, Urteil vom 10.11.1983 – VII ZR 373/82, BauR 1984, 166 = ZfBR 1984, 35[↩]
- BGH, Urteil vom 21.12.1978 – VII ZR 269/77, BGHZ 73, 140; Urteil vom 09.07.1981 – VII ZR 40/80, BauR 1981, 577, 580 f. = ZfBR 1981, 265; Urteil vom 08.07.1982 – VII ZR 96/81, BauR 1982, 579 = ZfBR 1982, 253; Urteil vom 10.11.1983 – VII ZR 373/82, BauR 1984, 166 = ZfBR 1984, 35; Urteil vom 21.04.1988 – VII ZR 65/87, BauR 1988, 474 = ZfBR 1988, 215[↩]
- BGH, Urteil vom 09.07.1981 – VII ZR 40/80, BauR 1981, 577, 580 f. = ZfBR 1981, 265; Urteil vom 11. Okto- ber 1984 – VII ZR 248/83, BauR 1985, 93 = ZfBR 1985, 40; Urteil vom 14.01.1999 – IX ZR 140/98, BauR 1999, 659, 660 = ZfBR 1999, 147[↩]
- BGH, Urteil vom 10.11.1983 – VII ZR 373/82, BauR 1984, 166 = ZfBR 1984, 35[↩]
- BGBl. I 2001, S. 3138[↩]
- BGBl. I, S. 330[↩]
- BGH, Urteil vom 22.03.2007 – VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364, Rn. 28[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1978 – VII ZR 50/77, BauR 1978, 220[↩]
- zum Meinungsstand zuletzt: Voit, BauR 2011, 1063, 1064 m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 24.02.2011 – VII ZR 61/10, BauR 2011, 1032, Rn. 10 = NZBau 2011, 310 = ZfBR 2011, 461; Urteil vom 08.07.2010 – VII ZR 171/08, BauR 2010, 1778, Rn. 28 = NZBau 2010, 768 = ZfBR 2010, 773[↩]
- VII ZR 373/82, BauR 1984, 166 = ZfBR 1984, 35[↩]