Bestimmt sich das Stimmrecht der Kommanditisten nach der Höhe der Einlage, kann der Komplementärin einer Publikums-KG, die am Kapital und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist und die eine umsatzabhängige Vergütung erhält, ein Mehrstimmrecht bei Gesellschafterbeschlüssen nicht eingeräumt werden.

Nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages obliegt die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft der Komplementärin. Im einzelnen aufgeführte („wichtige“) Geschäfte unterliegen nach Beratung durch den Beirat im Innenverhältnis der Zustimmung durch einen Gesellschafterbeschluss. Das Widerspruchsrecht der Kommanditisten nach § 164 HGB ist ausgeschlossen, soweit sich nicht aus den vorstehenden Regelungen etwas anderes ergibt. Beschlüsse der Gesellschafter werden nach § 10 Abs. 1 des Vertrages auf Gesellschafterversammlungen gefasst. Nach § 11 des Vertrages werden diese Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Wurde eine Gesellschafterversammlung ordnungsgemäß einberufen, ist sie ohne Rücksicht auf die Anzahl der anwesenden oder vertretenen Gesellschafter beschlussfähig (§ 10 Abs. 3 der Satzung). Je gezeichnete Euro 1000 der Haftsumme gewähren eine Stimme. Zusätzlich hat die persönlich haftende Gesellschafterin Stimmen in Höhe von 20% der gezeichneten Haftsummen geteilt durch 1000. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Versammlungsleiters, d.h. des Geschäftsführers der Komplementärin oder einer von ihr bevollmächtigten Person.
Die Gründungsgesellschafter der Beklagten haben somit für die Entscheidungen, die überhaupt in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung fallen und nicht zu dem Bereich der der Komplementärin der Beklagten vorbehaltenen Geschäftsführung und Vertretung gehören, ein Modell der Kombination verschiedener Stimmgewichtungen gewählt in dem Sinne, dass der Komplementärin und damit ihren Gesellschaftern ein unangemessener, nach Treu und Glauben nicht hinzunehmender Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft eingeräumt wird. Einerseits wird die Stimmengewichtung, soweit es die Kommanditisten angeht, nach deren Hafteinlage bestimmt. Die Verteilung nach Kapitalanteilen ist eine anerkannte Zuweisung von Entscheidungsbefugnissen, die auf der unterschiedlichen Höhe der jeweiligen Kapitalinvestition beruht. Damit unvereinbar ist die Einräumung eines kapitalunabhängigen Mehrstimmrechtes zu Gunsten der Komplementärin, die keinerlei Einlagen erbracht und am Kapital der Gesellschaft auch nicht beteiligt ist.
Dass alleine die Komplementärin die unbeschränkte persönliche Haftung auf sich nimmt, rechtfertigt die Zubilligung eines Mehrstimmrechtes nicht. Vielmehr wird, wie bereits dem Wortlaut der Satzung zu entnehmen ist, die Komplementärin für die Übernahme der persönlichen Haftung und für die Geschäftsführungstätigkeit entschädigt durch eine jährliche Vergütung in Höhe von 3, 5% der Umsatzerlöse ohne Mehrwertsteuer in den Jahren 2004 bis 2013 und 4, 25% ab 2014. Dass die Komplementärin gegebenenfalls die Konsequenzen einer ihr nicht genehmen Mehrheitsentscheidung der Kommanditisten hinnehmen muss, ist Folge des Mehrheitsprinzips, welches selbst die Beklagte nicht grundsätzlich infrage stellen will und welches selbst im Falle der persönlich unbeschränkten Haftung sämtlicher Gesellschafter anerkannt ist.
Damit entscheiden über die der Gesellschafterversammlung vorbehaltenen wichtigen Fragen diejenigen, die die finanziellen Folgen einer Entscheidung zu tragen haben. Dass die Komplementärin hieran nicht beteiligt ist, ist hinzunehmende Folge der Wahl der Stimmverteilung nach Kapitalanteilen. Wenn die Komplementärin als kapitalmäßig und am Ergebnis der Gesellschaft nicht beteiligte Gesellschafterin (vgl. § 13 Abs.1 der Satzung) ggf. persönlich die Konsequenzen von Entscheidungen der Gesellschafter in unbeschränkter, jedoch durch die Begrenzung der Haftung auf ihr Eigenkapital relativierter Höhe zu tragen hat, ist dies Folge des Entschlusses ihrer Gründungsgesellschafter, als persönlich haftende Gesellschafterin in die Kommanditgesellschaft einzutreten. Hierfür wird die Komplementärin, wie dargelegt, entschädigt. Eines weitergehenden Schutzes in Form einer bevorzugten Beachtung ihrer Auffassung bei der Entscheidung von Gesellschaftsangelegenheiten bedarf sie nicht.
Der Grundsatz der Kontinuität der Geschäftsführung wird entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend nicht berührt. Die Geschäftsführungskompetenz der Komplementärin ist eigenständiger Natur. Die Gesellschafterversammlung ist – naturgemäß – nicht in der Lage, die Geschäftsführung an sich zu ziehen. Die Kompetenzen sind überdies in der Satzung der Beklagten unterschiedlich verteilt und zugewiesen. Die Kontinuität der Geschäftsführung ist damit unbeschränkt möglich auch ohne Mehrstimmrecht der Komplementärin der Beklagten.
Wichtige Entscheidungen sind, wie dargelegt, ohnehin der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Hierbei geht es auch nicht um Fragen der Geschäftsführung.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 24. Januar 2014 – 12 O 93/13