Ob ein Prospekt, mit dem der Anleger über die mit der Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken aufgeklärt werden soll, unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt 1.

Dabei ist auf den Empfängerhorizont abzustellen, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen ist, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend gelesen hat 2.
Der Prospekt ist hinsichtlich der Darstellung der Absicherung des Anlegerkapitals unabhängig davon fehlerhaft, ob eine Irreführung bereits auf der Verwendung des Begriffs "Garantiefonds" auf dem Deckblatt des Prospekts beruht, weil der Prospekt auch im Übrigen den tatsächlich unrichtigen Eindruck erweckt, durch die Schuldübernahme der Fondsinitiatorin werde nicht nur die Forderung des Fonds gegen den jeweiligen Lizenznehmer, sondern der Erhalt des Kommanditkapitals selbst sicher gestellt 3. Dieser Eindruck entsteht bereits durch die schlagwortartige Darstellung unter der Überschrift "Eckdaten des Fonds" auf Seite 5 des Prospekts, weil dort von der Absicherung "von mind. 115% des Kommanditkapitals" und nicht – wie aber tatsächlich der Fall – von der Absicherung einer Forderung des Fonds gegen den Lizenznehmer die Rede ist. Den Eindruck einer unmittelbaren Absicherung der Einlage des Anlegers erweckt auch die Formulierung auf Seite 6 des Prospekts, nach der die Bareinlage des Anlegers selbst ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von 65% abgesichert sei. Der hierdurch hervorgerufene Eindruck einer (unmittelbaren) Kapitalabsicherung wird durch die Ausführungen in den Kapiteln 12 und 13 des Prospekts, auf die in einem Klammerzusatz Bezug genommen wird, nicht entkräftet. Der durchschnittliche Anleger erwartet nach dem Klammerzusatz lediglich eine nähere Erläuterung der beschriebenen Absicherung. Er hat demgegenüber keinen Anlass damit zu rechnen, dass die in den Eckpunkten beschriebene Form der Absicherung nach den Erläuterungen gar nicht gewährleistet ist. Entsprechend ist der Prospekt auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen in den Kapiteln 12 und 13 des Prospekts nicht geeignet, für den durchschnittlichen Anleger hinreichend klarzustellen, dass damit – entgegen der schlagwortartigen Darstellung an anderen Stellen des Prospekts – im Ergebnis gerade keine Absicherung des Kommanditkapitals verbunden ist. In diesen Prospektangaben wird der Lizenznehmer aufgrund der Schuldübernahme von seiner Schuld befreit und wird auf das Risiko hingewiesen, dass die vorgesehenen Schlusszahlungen keine Garantie dafür seien, dass der Anleger sein Geld zurückerhält, sondern diese vorrangig zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung und der damit in Zusammenhang stehenden Kosten sowie zur Deckung zwischenzeitlich aufgelaufener Verluste der Fondsgesellschaft zu verwenden sind. Diese Ausführungen führen allenfalls zu einer widersprüchlichen und damit ebenfalls fehlerhaften Prospektdarstellung.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Juli 2014 – II ZB 1/12
- BGH, Urteil vom 14.06.2007 – III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9; Beschluss vom 13.12 2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 37[↩]
- BGH, Urteil vom 12.07.1982 – II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924; Urteil vom 22.02.2005 – XI ZR 359/03, ZIP 2005, 808, 810; Urteil vom 14.06.2007 – III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993 Rn. 10; Beschluss vom 13.12 2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 25; Urteil vom 05.03.2013 – II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14[↩]
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2012 – 6 U 52/11 40 ff. [VIP 4]; OLG Hamm, Urteil vom 23.07.2013 – 34 U 53/10 47 [VIP 4][↩]