Die Lebensversicherung und die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung

Bei Verfügungen unter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall ist wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat zwischen dem Deckungsverhältnis, das ist hier die der Begünstigten im Rahmen des Lebensversicherungsvertrages eingeräumte Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung, und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem verfügenden Versicherungsnehmer (hier: dem Versicherten) und dem Begünstigten zu unterscheiden. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen sowohl hinsichtlich der durch sie begründeten Rechtsbeziehungen als auch mit Blick auf die Anfechtung von Willenserklärungen dem Schuldrecht. Erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung1.

Die Lebensversicherung und die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung

Die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des Versicherungsnehmers hier des Versicherten diese Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können2.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der festzuhalten ist, beantwortet grundsätzlich allein das Valutaverhältnis, für das hier nur eine Schenkung in Betracht kommt, ob der Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherten behalten darf3. Die Erklärung des Versicherten gegenüber dem Versicherer, es werde der Begünstigten eine Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung eingeräumt, enthält zugleich den konkludenten Auftrag an den Lebensversicherer, ihr nach Eintritt des Versicherungsfalles das Schenkungsangebot des Versicherten zu überbringen.

Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter Versicherer erfüllt diesen Auftrag im Regelfall durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des Verstorbenen zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen4.

Im vorliegenden Streitfall ist ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Versicherten und der Begünstigten allerdings nicht zustande gekommen, weil die Versicherung den jetzigen Familiennamen der Begünstigten nicht ermittelt hat und es ihr deshalb nicht gelungen ist, der Begünstigten das Schenkungsangebot zu übermitteln, ehe ihr Botenauftrag von der Erbin widerrufen wurde.

Ob auch der vom Versicherten mit Benennung eines Bezugsberechtigten konkludent erteilte Botenauftrag an den Versicherer zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 328 BGB)5 oder aber zu einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte6 führt, aus dem eigene Schadensersatzansprüche des Begünstigten gegen den Versicherer im Falle der pflichtwidrigen Ausführung entstehen können7, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Ebenso wenig braucht hier vom Bundesgerichtshof entschieden zu werden, ob der Schutzzweck eines solchen Vertrages gerade auch darauf gerichtet sein kann, mit der Übermittlung des Schenkungsangebots einem Widerruf des Botenauftrages durch den hierzu berechtigten Erben zuvorzukommen und mithin einen Schaden beim Begünstigten zu verhindern. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob bei der vom Versicherer zu beachtenden Sorgfalt generelle Abweichungen von den allgemeinen Anforderungen aus § 276 BGB in Betracht kommen können. Denn selbst wenn man im vorliegenden Fall – der Versicherer hatte Ermittlungen beim Einwohnermeldeamt angestellt und von dort auch die neue Anschrift, nicht aber den neuen Nachnamen mitgeteilt erhalten – unterstellt, dass ein Pflichtenverstoß des Versicherers im Rahmen der Ausführung des Botenauftrages Schadensersatzansprüche des Bezugsberechtigten begründen kann, scheitern diese hier daran, dass kein Pflichtenverstoß der Versicherung vorliegt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. April 2013 – IV ZR 38/12

  1. vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.05.2008 – IV ZR 238/06, r+s 2008, 384 Rn.19 m.w.N.[]
  2. BGH, Urteil vom 21.05.2008 aaO Rn.20[]
  3. BGH, Urteil vom 21.05.2008 aaO Rn.1921 m.w.N.[]
  4. BGH, Urteil vom 21.05.2008 aaO Rn. 22[]
  5. so Muscheler, WM 1994, 921, 923[]
  6. vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 2009, 1409; LG München FamRZ 2005, 134, 135; Hasse VersR 2009, 41, 44; Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. § 328 Rn. 1320, 30a; Schneider in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 159 Rn. 14[]
  7. vgl. dazu Liessem, BB 1989, 862, 865[]