Muss ein Kunde beim Einsteigen in einen Tiefkühlschrank einer Großmarkthalle eine Stufe überwinden, weiß er, dass er beim Aussteigen von dieser Erhöhung wieder herabsteigen muss. Stürzt er dabei, kann er keinen Schadenersatz vom Betreiber der Großmarkthalle wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verlangen.

In einem Rechtsstreit, mit dem jetzt das Amtsgericht München befasst war, begab sich ein Münchner Anfang Januar 2010 in einen Großmarkt, um dort einzukaufen. Da er unter anderem auch Pommes frites benötigte, ging er in die Kühlabteilung zu einem Tiefkühlschrank.
Er öffnete die Tür und sah, dass die Pommes sich im hinteren Bereich befanden. Er stieg deshalb in den Schrank. Dabei musste er eine Stufe von ca. 30 cm Höhe überwinden. Als er sich im Schrank befand, fiel die Tür zu und das Innere des Glases beschlug. Beim Hinausgehen stürzte der Kunde mit dem Karton in seinen Händen über die Stufe und erlitt einen Knochenbruch des Wadenbeins. Er musste operiert werden und war 5 Tage im Krankenhaus.
Er verlangte deshalb von dem Betreiber des Großmarktes Schmerzensgeld, mindestens 4000 €, denn schließlich sei die Verkehrssicherungspflicht verletzt worden: Die Stufe hätte gekennzeichnet werden müssen, da sie auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse in dem Kühlschrank und den beschlagenen Fenstern nicht erkennbar gewesen sei.
Der Betreiber des Großmarktes weigerte sich jedoch zu zahlen: Zunächst bestünden schon erhebliche Zweifel, dass der Sturz sich tatsächlich so ereignet habe. Der Kühlschrank sei im Übrigen gut beleuchtet und auch nicht zum Betreten gedacht. Deshalb treffe ihn als Betreiber auch keine Verkehrssicherungspflicht.
Seine darauf hin erhobene Klage wurde vom Amtsgericht München ebenfalls abgewiesen:
Die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht sei nicht ersichtlich, urteilte das Amtsgericht. Es liege schon keine versteckte Gefahrenquelle vor. Der Kunde habe beim Einsteigen in den Tiefkühlschrank erkannt, dass er bei dessen Verlassen wieder aus dem erhöhten Schrankbereich auf den Fußboden hinabsteigen müsse. Er hätte sich auch das Aussteigen erleichtern können, wenn er den Karton nicht in seinen Händen gehalten, sondern abgestellt und sodann die Türe geöffnet hätte. Dann hätte er aussteigen und den Karton wieder an sich nehmen können. Stattdessen habe der Kläger mit dem Karton in der Hand aussteigen wollen und damit selbst jede zumutbare Vorsicht vermissen lassen.
Es sei auch zu bezweifeln, ob der Kläger mit dem Karton in der Hand eine eventuelle Kennzeichnung des Eingangsbereichs überhaupt hätte erkennen können. Er hätte eine Selbstgefährdung auch einfach abwenden können, wenn er das Personal des Großmarktes um die die Entnahme des Kartons gebeten hätte.
Amtsgericht München, Urteil vom 31. März 2011 – 113 C 20523/10