Eine Bürgschaft ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie den Bürgen von Anfang an finanziell in krasser Weise überfordert, ohne dass sich für die Kreditgeberin entlastende Momente ergeben. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine krasse finanzielle Überforderung eines Bürgen bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann. In diesem Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehende Bürge die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat1.

Dies kann nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs selbst dann gelten, wenn der Bürge Eigentümer eines Grundstücks ist: Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen ist eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf seinem Grundbesitz ruhende valutierende, dingliche Belastung grundsätzlich wertmindernd zu berücksichtigen2. Forderungen, die sowohl durch die dingliche Belastung als auch durch die Bürgschaft gesichert werden, sind nur zu berücksichtigen, soweit sie aufgrund der dinglichen Belastung nicht getilgt werden können.
Zwar scheidet eine krasse finanzielle Überforderung aus, wenn die Bürgenschuld durch den Wert eines dem Bürgen gehörenden Grundstücks abgedeckt ist3. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist aber nur der im Einzelfall effektiv verfügbare Sicherungswert dinglichen Vermögens in Ansatz zu bringen. Valutierende dingliche Belastungen sind vermögensmindernd zu berücksichtigen4. Danach kann unter Zugrundelegung des vom Berufungsgericht festgestellten Grundstückswerts von 385.000 DM und der Belastung mit einer Hypothekenvormerkung in Höhe von 370.000 DM bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten nur der Differenzbetrag von 15.000 DM berücksichtigt werden, der, auch zusammen mit dem pfändbaren Teil des laufenden Einkommens, zur dauerhaften Tragung der Zinslast nicht ausreicht.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. November 2009 – XI ZR 332/08
- BGHZ 156, 302, 306; BGH, Urteile vom 28.05.2002 – XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651; und vom 16.06.2009 – XI ZR 539/07, WM 2009, 1460, Tz. 18, jeweils m.w.N.[↩]
- im Anschluss an BGHZ 151, 34 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 26.04.2001 – IX ZR 337/98, WM 2001, 1330, 1331 f.[↩]
- BGHZ 151, 34, 38 f.; BGH, Urteil vom 28.05.2002 – XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648[↩]