Leider verwechselt – der falsche Beklagte?

Zur Auslegung, wer Beklagte eines Rechtsstreits ist, hat sich jetzt der Bundesgerichtshof für den Fall geäußert, dass als Beklagte eine existierende juristische Person formal korrekt bezeichnet worden ist, der Kläger aber geltend macht, tatsächlich habe er eine andere, ebenfalls existierende juristische Person ähnlichen Namens mit gleicher Anschrift in Anspruch nehmen wollen.

Leider verwechselt – der falsche Beklagte?

Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger beizulegen ist.

Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen.

Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist dagegen die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt1.

Entscheidend ist hierbei, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners als Empfänger hat2. Diese Maßstäbe gelten im Grundsatz ebenso bei der Beurteilung der Frage, wer in einem Mahnverfahren Antragsgegner ist3.

Bei einer an sich korrekten Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person kommt ein objektives Verständnis, eine andere Person sei gemeint, nur in Betracht, wenn aus dem übrigen Inhalt der Erklärung unzweifelhaft deutlich wird, dass eine andere und welche Partei tatsächlich gemeint ist.

Das ist nach dem Inhalt der Anspruchsbegründung nicht der Fall. Diese ist in sich widersprüchlich und mindestens mehrdeutig. Es lässt sich ihr deshalb nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit entnehmen, die Klägerin habe nicht die S. Real Estate GmbH, sondern die S. Projektentwicklung GmbH in Anspruch nehmen wollen. Sie hat dort nicht zum Ausdruck gebracht, selbst davon auszugehen, dass eine bloße Umfirmierung vorliege und beide Gesellschaften identisch seien. Vielmehr hat sie angegeben, ihre Vertragspartnerin sei die Rechtsvorgängerin der beklagten S. Real Estate GmbH gewesen. Das spricht gerade dafür, dass sie bewusst eine andere Gesellschaft in ihrer angenommenen Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin in Anspruch genommen hat. Der Hinweis auf eine frühere Firmierung ließe sich sinnvoll damit erklären, dass er sich auf die Rechtsvorgängerin beziehen solle. Dass die Klägerin im Folgenden einheitlich nur noch von der Beklagten gesprochen hat, könnte eine nicht unübliche Vereinfachung oder Ungenauigkeit darstellen.

Auch die spätere Begründung des Berichtigungsantrags stützt mehrfach dieses Verständnis. Dort wird wiederholt darauf hingewiesen, dass die Klägerin irrtümlich die Beklagte für die Rechtsnachfolgerin der S. Projektentwicklung GmbH gehalten und sie deshalb in Anspruch genommen habe. Damit nicht vereinbar wird allerdings gleichzeitig von einer Umfirmierung gesprochen. Auch diese Erklärungsversuche sind insgesamt nicht geeignet, die Anspruchsbegründung in einem Lichte verstehen zu können, dass sie eindeutig eine bloße Falschbezeichnung der Beklagten belegt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013 – VII ZR 128/12

  1. BGH, Urteile vom 10.03.2011 – VII ZR 54/10, BauR 2011, 1041 = NZBau 2011, 416 Rn. 11; vom 27.11.2007 – X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 Rn. 7 m.w.N.; vom 24.01.1952 – III ZR 196/50, BGHZ 4, 328; Beschluss vom 05.02.2009 IX ZB 136/06, NJW-RR 2009, 854 Rn. 9; BAG, Urteil vom 12.02.2004 2 AZR 136/03, AP Nr. 50 zu § 4 KSchG 1969 juris Rn. 15 m.w.N.; vgl. Musielak/Weth, ZPO, 9. Aufl., § 50 Rn. 7; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 4. Aufl., Vorbem. zu den §§ 50 ff. Rn. 12 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Vor § 50 Rn. 6 ff.[]
  2. BGH, Beschluss vom 05.02.2009 – IX ZB 136/06, aaO; Urteil vom 27.11.2007 – X ZR 144/06, aaO; Beschluss vom 15.05.2006 – II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569 Rn. 11[]
  3. BGH, Beschluss vom 03.02.1999 – VIII ZB 35/98, NJW 1999, 1871 unter II.01. a[]