Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen des ehemaligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden der CDU Rheinland-Pfalz, Christoph Böhr, und des seinerzeitigen Wahlkampfberaters und späteren Hamburgischen Finanzministers, Carsten Frigge, gegen ein Urteil des Landgerichts Mainz1 verworfen, das die gesetzeswidrige Finanzierung des CDU-Wahlkampfes für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März 2006 zum Gegenstand hatte. Gleichzeitig hat der Bundesgerichtshof auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts Mainz insoweit aufgehoben, wie dort die beiden Angeklagten teilweise freigesprochen worden waren.

Das Landgericht Mainz hat den Angeklagten Dr. Böhr im Dezember 2013 wegen Untreue in zwei Fällen zum Nachteil der CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz, jeweils in Tateinheit mit Untreue zum Nachteil des Landesverbandes der CDU Rheinland-Pfalz, sowie wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen den Angeklagten Frigge hat es wegen Beihilfe zur Untreue auf eine Geldstrafe erkannt. Gegenstand der Verurteilung sind im Wesentlichen Zahlungen in Höhe von insgesamt mehreren Hunderttausend Euro der CDU-Landtagsfraktion an eine Unternehmensberatungsagentur für die Erstellung und Umsetzung des Konzepts „Wahlsieg 2006“ anlässlich der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März 2006. Der Angeklagte Dr. Böhr war zur damaligen Zeit Fraktionsvorsitzender sowie Parteivorsitzender in Rheinland-Pfalz und bei dieser Wahl der Spitzenkandidat der CDU. Der Angeklagte Frigge war Gründungspartner und Geschäftsführer der beauftragten Unternehmensberatungsagentur C4 Consulting. Der Angeklagte Dr. Böhr bewirkte, dass die Zahlungen der Fraktion in dem Rechenschaftsbericht der Partei für das Jahr 2005 nicht angegeben wurden. Der Präsident des Bundestages setzte später eine Strafzahlung in Höhe von mehr als 1 Mio. € gegen die CDU fest, die diese akzeptierte und beglich.
Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen vor allem die Beweiswürdigung angegriffen und geltend gemacht, dass selbst auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen der Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) nicht erfüllt sei. Diese Einwände hat der Bundesgerichtshof nun für unbegründet erachtet. Das Urteil des Landgerichts Mainz enthält für den Bundesgerichtshof keinen die Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler. Dies gilt insbesondere, soweit das Landgericht aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Zahlungen der Fraktion in gesetzeswidriger Weise für den Landtagswahlkampf und damit für Zwecke der Partei geleistet wurden.
Das Landgericht Mainz hat aus dem Beweisergebnis nicht nur – was genügen würde – mögliche, sondern nahe liegende Schlüsse gezogen. Soweit die Revisionen, gestützt auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz, vorgebracht haben, bei den Bestimmungen des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz handele es sich um Sonderregelungen, die zumindest in Grenzfällen den Straftatbestand der Untreue verdrängen, konnte dies schon deswegen keinen Erfolg haben, weil landesrechtliche Bestimmungen bundesrechtliche Strafvorschriften weder außer Kraft zu setzen noch einzuschränken vermögen. Das Landgericht hat darüber hinaus die Leistungen der Fraktion zutreffend als Spenden an die Partei gewertet, die nach den Vorschriften des Parteiengesetzes an den Bundestagspräsidenten weiterzuleiten und im Rechenschaftsbericht der Partei anzugeben gewesen wären.
Den Angeklagten war in der Anklageschrift weiter vorgeworfen worden, sich durch falsche Angaben in einem Verfahren des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz, in dem die Zahlungen überprüft wurden, wegen versuchten Betruges strafbar gemacht zu haben. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht Mainz sie freigesprochen; denn sie hätten bei ihren Stellungnahmen nicht daran gedacht, dass der Ausgang des Verfahrens Bedeutung für die Geltendmachung von Rückzahlungsforderungen durch das Land Rheinland-Pfalz gegen die CDU-Fraktion haben könne, sondern lediglich im Blick gehabt, das eigene frühere Fehlverhalten zu verbergen.
Die Staatsanwaltschaft hat nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs mit ihrer Revision zu Recht die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung der Strafkammer beanstandet. Außerdem entspricht deren Verständnis der Bereicherungsabsicht im Sinne des Betrugstatbestandes nicht der langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Das Urteil ist somit rechtskräftig, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind. Soweit die Angeklagten freigesprochen worden sind, hat der Bundesgerichtshof die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14
- LG Main, Urteil vom 03.12.2013 – 3111 Js 3775/10.1 KLs[↩]
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