Durch die rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung wird die Ausführung der mit der Änderungskündigung beabsichtigten Vertragsänderung nicht dauernd unmöglich im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB. Die Änderungskündigung ist nicht schon deshalb unwirksam, weil die Versetzung nicht die Zustimmung des Betriebsrats fand und diese auch nicht ersetzt wurde.

Für eine Änderungskündigung zum Zwecke der Versetzung ist die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung oder ihre gerichtliche Ersetzung als solche keine Wirksamkeitsvoraussetzung1. Die §§ 99 ff. BetrVG enthalten im Unterschied zu § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG keine ausdrückliche Regelung des Inhalts, dass eine mitbestimmungswidrig durchgeführte Versetzung mit der Unwirksamkeit der zu ihrer Durchsetzung ausgesprochenen Änderungskündigung einherginge. Würde man dies anders beurteilen, so würden außerdem Änderungskündigungen in einem vom Gesetz nicht angeordneten Ausmaß erschwert und wären schon wegen der möglichen Dauer eines Zustimmungsersetzungsverfahrens keine angemessene Gestaltungsmöglichkeit zur Anpassung von Arbeitsverhältnissen an geänderte betriebliche Gegebenheiten. Die Regelung des § 2 KSchG zeigt jedoch, dass dem Arbeitgeber vom Gesetz eine realisierbare Möglichkeit der Änderungskündigung gegeben werden sollte. Schließlich kann die Änderungskündigung auch nicht als schwebend unwirksam angesehen werden. Die Kündigung als einseitige Gestaltungserklärung verträgt einen solchen Zustand der rechtlichen Ungewissheit nicht2.
Entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum mit unterschiedlichen Ansätzen vertretenen Auffassung3 ist an der Trennung zwischen dem betriebsverfassungsrechtlichen Schicksal der Versetzung und den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung auch für den hier gegebenen Fall festzuhalten, dass die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung, deren Ermöglichung Gegenstand der Änderungskündigung ist, gerichtlich nicht ersetzt worden und die entsprechende Entscheidung rechtskräftig ist. Durch die rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung wird die Ausführung der mit der Änderungskündigung beabsichtigten Vertragsänderung nicht dauernd unmöglich im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB4.
Gegenstand eines Verfahrens auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme aufgrund eines konkreten, an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens des Arbeitgebers angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Verweigerungsgründe gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Arbeitgeber zulässig war5. Diese gegenwarts- und zukunftsbezogene Frage ist nach Maßgabe der Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beantworten6. Auch Veränderungen tatsächlicher Art sind dementsprechend jedenfalls bis zum Schluss der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen7.
Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zur Versetzung desselben Arbeitnehmers auf denselben (neuen) Arbeitsplatz ersuchen. Er kann dementsprechend mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren – nacheinander oder auch zeitlich parallel, also schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des zunächst eingeleiteten – bei Gericht anhängig machen. Diese haben trotz des gleichen Rechtsschutzziels prozessual unterschiedliche Gegenstände. Durch die rechtskräftige Ablehnung der Zustimmungsersetzung in einem vorangegangenen Verfahren ist der Ausgang eines weiteren Ersetzungsverfahrens nicht präjudiziert7.
Gegenstand des Verfahrens über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung ist im Falle der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt – wie sie hier vorliegt – der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Arbeitsbedingungen8. Gegenstand der Klage gegen eine Änderungskündigung mit dem Ziel der Versetzung – hier an einen anderen Arbeitsort – ist deshalb nicht die Wirksamkeit der beabsichtigten Versetzung als solcher. Verfahrensgegenstand ist vielmehr die soziale Rechtfertigung des dem Arbeitnehmer unterbreiteten Angebots, den bestehenden Arbeitsvertrag dahin zu ändern, dass er – regelmäßig an Stelle der bisherigen und nicht zusätzlich – die mit der Versetzung erstrebten Arbeitsbedingungen enthält. Ob die dem Arbeitnehmer angesonnene Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist, ist grundsätzlich unabhängig davon zu beurteilen, ob und wann der Arbeitgeber von der gewünschten Änderung der Vertragsbedingungen tatsächlich – durch eine dann von diesen gedeckte Ausübung seines Weisungsrechts – Gebrauch machen kann9.
Demnach unterscheiden sich die Streitgegenstände und gerichtlichen „Prüfprogramme“ von Zustimmungsersetzungs- und Änderungsschutzverfahren maßgeblich. Hinzukommt, dass die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach der Lage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, die Berechtigung der Zustimmungsverweigerung dagegen nach der Rechts- und Tatsachenlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen ist. Dies zeigt, dass unterschiedliche Entscheidungen über die Versetzung auf der einen und die Änderungskündigung auf der anderen Seite ohne weiteres möglich sind.
Die rechtskräftige Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrags des Arbeitgebers führt nicht dazu, dass die Leistungserbringung durch den Arbeitnehmer nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich würde – unbeschadet der Frage, ob dies die Wirksamkeit der Änderungskündigung als solche in Frage stellen oder allenfalls einen Anspruch des Arbeitnehmers darauf begründen könnte, die Änderung der Vertragsbedingungen wegen der Unmöglichkeit ihrer Realisierung rückgängig zu machen. § 275 Abs. 1 BGB verlangt nicht nur eine vorübergehende, sondern setzt die dauernde Unmöglichkeit zur Leistung voraus10. Demgegenüber hat die rechtskräftige Abweisung eines Antrags des Arbeitgebers, die vom Betriebsrat auf ein bestimmtes Ersuchen hin verweigerte Zustimmung zur Versetzung zu ersetzen, gerade nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber rechtlich dauerhaft gehindert, der Arbeitnehmer dauerhaft außer Stande wäre, eine Versetzung wirksam anzuordnen bzw. einer entsprechenden Anordnung betriebsverfassungsrechtlich zulässigerweise nachzukommen. Es ist dem Arbeitgeber unbenommen, nach erfolglosem Zustimmungsersuchen und erfolglosem Antrag auf Zustimmungsersetzung ein neues Ersuchen um Zustimmung an den Betriebsrat zu richten und bei dessen abermaliger Ablehnung erneut deren gerichtliche Ersetzung zu beantragen. Der Arbeitgeber ist damit für die Zukunft durchaus in der Lage, die kollektivrechtliche Sperre zu beseitigen, die ihn zunächst daran hindert, die Erfüllung einer durch die Änderungskündigung herbeigeführten neuen individualrechtlichen Leistungspflicht des Arbeitnehmers von diesem tatsächlich verlangen zu können; von dieser Möglichkeit hat die Beklagte im Übrigen auch Gebrauch gemacht. Eine dauernde Unmöglichkeit wäre angesichts dessen allenfalls dann anzunehmen, wenn ein weiteres Zustimmungsersetzungsbegehren – etwa wegen Rechtsmissbrauchs – schlechterdings keinen Erfolg haben könnte.
Der Arbeitnehmer ist ausreichend geschützt. Wie ausgeführt, bleibt die Versetzung auch individualrechtlich unwirksam, solange die Zustimmung des Betriebsrats nicht erteilt oder ersetzt ist. Der Arbeitnehmer muss trotz deren Wirksamkeit nicht zu den geänderten Bedingungen arbeiten.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. April 2010 – 2 AZR 491/09
- BAG 30.09.1993 – 2 AZR 283/93, BAGE 74, 291; zur Umgruppierung: BAG 28.08.2008 – 2 AZR 967/06, BAGE 127, 342; zur Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: BAG 17.06.1998 – 2 AZR 336/97, BAGE 89, 149[↩]
- BAG 30.09.1993 – 2 AZR 283/93 – aaO; Preis Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen S. 344 f.[↩]
- vgl. Hessisches LAG 01.06.2006 – 9 Sa 1743/05; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 141; ähnlich KDZ/Zwanziger 7. Aufl. Rn. 188 zu § 2 KSchG; DKK/Bachner BetrVG 12. Aufl. § 99 Rn. 219; APS/Künzl 3. Aufl. § 2 KSchG Rn. 158f.; Löwisch-Spinner 9. Aufl. Rn. 112 zu § 2 KSchG; HaKo-Pfeiffer 3. Aufl. § 2 Rn. 70; v. Hoyningen-Huene/Linck 14. Aufl. § 2 Rn. 203; Berkowsky NZA 2010, 250[↩]
- dies noch in Betracht ziehend BAG 30.09.1993 – 2 AZR 283/93, BAGE 74, 291; offen gelassen von BAG 28.08.2008 – 2 AZR 967/06, BAGE 127, 342[↩]
- BAG 28.02.2006 – 1 ABR 1/05, BAGE 117, 123; 25.01.2005 – 1 ABR 61/03, BAGE 113, 218; 14.12.2004 – 1 ABR 55/03, BAGE 113, 109[↩]
- BAG 25.01.2005 – 1 ABR 61/03, aaO; 12.11.2002 – 1 ABR 1/02, BAGE 103, 304[↩]
- BAG 16.01.2007 – 1 ABR 16/06, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3[↩][↩]
- BAG 26.08.2008 – 1 AZR 353/07, Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72[↩]
- BAG 30.09.1993 – 2 AZR 283/93, BAGE 74, 291[↩]
- BGH 19.10.2007 – V ZR 211/06, BGHZ 174, 61; Palandt/Grüneberg BGB 69. Aufl. § 275 Rn. 10 mwN[↩]