Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

§ 826 BGB knüpft an deutlich strengere Voraussetzungen als § 823 BGB. § 826 BGB ist nur anwendbar, wenn über den Anfechtungstatbeständen hinausgehende vorsätzliche sittenwidrige Umstände vorliegen. Objektiv sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist. Es genügt nicht, dass ein Verhalten gegen ein Gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft. Hinzutreten muss vielmehr eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens [1].
Der Schädiger muss grundsätzlich die Tatumstände kennen, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen. Zusätzlich zur Sittenwidrigkeit ist das Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes erforderlich. Der Vorsatz bezieht sich darauf, dass dem anderen ein Schaden zugefügt wird. Der Vorsatz muss sich auf den Schaden erstrecken, eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwa mögliche Schädigung genügt nicht [2].
eim Abschluss von Verträgen ist nicht jedes Verhalten, dass dem Schädiger den Abschluss eines für ihn günstigen Vertrages bringt, sittenwidrig. Voraussetzung für eine Sittenwidrigkeit ist vielmehr, dass den Schädiger Aufklärungs- oder Informationspflichten treffen und er diese in ganz besonders krasser Weise verletzt [3]. Die Anwendung des § 826 BGB ist im Zusammenhang mit der Erwirkung von Titeln auf ganz besonders schwerwiegende und eng begrenzte Ausnahmefälle begrenzt, da anderenfalls die Rechtssicherheit ausgehöhlt und der Rechtsfriede in untragbarer Weise in Frage gestellt würde [4].
Weitere Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem irreführenden Verhalten der schädigenden Partei und – vorliegend – dem Arbeitsloswerden des Arbeitnehmers besteht [5].
des Inhalts und Umfangs des Schadensersatzanspruches gelten im Übrigen die §§ 249 ff BGB. Der Geschädigte trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen aller Voraussetzungen einschließlich der Ursächlichkeit des arglistigen Verhaltens für ein eigenes Handeln.
or diesem rechtlichen Hintergrund war in dem hier vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Rechtsstreits ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gem. § 826 BGB aus Anlass des Prozessverhaltens der Arbeitgeberin im vorgehenden Kündigungsschutzverfahren zu verneinen. Er hat nicht substantiiert dargelegt, dass er nur deshalb arbeitslos geworden ist, weil die Arbeitgeberin ihn vorsätzlich und sittenwidrig unter Darlegung unwahrer Tatsachen dazu bewogen hat, einen prozessbeendenden Vergleich zu schließen.
Der Arbeitnehmer hat schon nicht substantiiert dargelegt, dass tatsächlich von der Arbeitgeberin im Vorprozess unrichtige Angaben gemacht wurden. Er behauptet dieses nur, ohne das belegen bzw. beweisen zu können. Der Arbeitnehmer stützt sich auf eine gelbe Markierung in einem von ihm selbst aufgesetzten Schreiben. Zu seinen Gunsten unterstellt, dass die Markierungen – wie von ihm behauptet – tatsächlich vom Hauptzollamt stammen, ergibt sich auch hieraus nicht, dass die Arbeitgeberin im März 2013 entgegen ihrem Vorbringen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigte und ihn hierüber vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht hat. Das markierte Schreiben enthält keinerlei Fakten zu Beschäftigungsdauer, Beschäftigungszeit und Beschäftigungsumfang der dort aufgelisteten Personen. Hierauf kommt es aber für die Frage der Anwendbarkeit des § 23 LSGchG an. Der Arbeitnehmer verkennt, dass es insoweit gerade nicht nur auf die Kopfzahl und nicht nur auf den Monat März 2013 ankommt.
Die Arbeitgeberin hat sich sowohl im Vorprozess als auch in diesem Verfahren konkret eingelassen. Der Arbeitnehmer stellt dem lediglich pauschale Entgegnungen entgegen. Er behauptet andere Wochenarbeitszeiten, ohne auch nur ansatzweise vorzutragen, von wann bis wann welche Personen täglich im Betrieb waren. Die Durchführung einer Beweisaufnahme würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen. Damit ist schon die behauptete Unrichtigkeit der Angaben der Arbeitgeberin nicht belegt, so dass bereits die erste der grundlegenden Voraussetzungen für das Bestehen eines Schadensersatzanspruches nach § 826 BGB fehlt.
Der Arbeitnehmer behauptet auch – ohne nähere spezielle Konkretisierung – das Bestehen von Arbeitsverträgen mit der Arbeitgeberin, die selbst das Hauptzollamt nicht annimmt.
Es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, warum er „diese durch nichts belegten Kenntnisse“ nicht bereits vor Abschluss des Vergleiches hatte und diese Unkenntnis gerade auf einem vorsätzlichen, irreführenden und sittenwidrigen Verhalten der Arbeitgeberin im Vorverfahren beruht haben soll. Der Arbeitnehmer, nicht die Arbeitgeberin, war in dem Vorverfahren arlegungs- und beweisbelastet für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Die Arbeitgeberin hat sich auf sein Vorbringen nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast detailliert eingelassen. Danach hätte der Arbeitnehmer anhand von konkreten Namen, Stundenzahlen, Beschäftigungsdauer und Beschäftigungszeiten darlegen und beweisen müssen, dass die Arbeitgeberin im Frühjahr 2013 mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigte. Da er schon seit 2007 bei der Arbeitgeberin beschäftigt war, wäre er hierzu durchaus in der Lage gewesen. Alle seine Behauptungen hätte der Arbeitnehmer dann beweisen müssen und zudem noch den Streit um die Wirksamkeit der Kündigung gewinnen müssen. Der in beiden mündlichen Verhandlungen anwesende Arbeitnehmer hat jedoch im Juli 2013 hiervon Abstand genommen und sich entschieden, kein Prozessrisiko einzugehen, vielmehr eine längere Kündigungsfrist durchzusetzen und weniger auf das ihm gewährte Darlehen zurückzahlen zu müssen, als die Arbeitgeberin verlangt hat. Es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass hierfür eine arglistige Täuschung der Arbeitgeberin maßgeblich war, die aber keiner Aufklärungspflicht unterlag. Es ist erst recht nichts dazu vorgetragen, dass die Arbeitgeberin irgendetwas – was? – in ganz besonders krasser Weise verletzt haben soll, dass sie dadurch – wodurch – gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen habe und dass dieses alles vorsätzlich geschah, um den Arbeitnehmer zu schädigen. Der Arbeitnehmer hat noch nicht einmal das Vorliegen unrichtiger Angaben der Arbeitgeberin substantiiert dargelegt.
Der Arbeitnehmer hat auch den Vergleich nicht angefochten, setzt vielmehr angesichts seiner Schadensberechnung ausgehend von Arbeitslosigkeit ab 01.06.2013 dessen Wirksamkeit voraus. Er geht also von einer wirksamen Kündigung mit vergleichsweise verlängerter Kündigungsfrist sowie einem reduzierten Arbeitgeberdarlehen aus. Angesichts dessen ist auch die Alleinursächlichkeit eines etwaigen – von ihm beanstandeten – Verhaltens der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Beschäftigtenzahl nicht gegeben. Ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB setzt das aber voraus.
Es ergibt sich auch kein Schadensersatzanspruch aus § 122 BGB. Der Anwendungsbereich des § 122 BGB erstreckt sich nur auf die Anfechtung bzw. Anfechtbarkeit von Willenserklärungen nach §§ 119, 120 BGB. Die Voraussetzungen einer Anfechtbarkeit wegen Irrtums im Sinne des § 119 BGB oder falscher Übermittlung im Sinne des § 120 BGB sind weder vorgetragen noch kommen sie in Betracht.
Es kommt daher auch nicht mehr darauf an, dass der Arbeitnehmer bei der Berechnung des Schadensbetrages einen Rechenfehler gemacht hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der geltend gemachte Schaden – Differenz zwischen Bruttolohn und Arbeitslosengeld – überhaupt von § 826 BGB erfasst ist und ob überhaupt vom Bruttolohn ausgegangen werden dürfte Letztendlich kann auch dahingestellt bleiben, ob die Ausschlussfrist des § 15 BRTV-Bau gewahrt ist. Auch darauf kommt es nicht an.
Landesarbeitsgericht Schleswig ‑Holstein, Urteil vom 19. August 2015 – 3 Sa 90/15