Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so stehen im zweiten Rang nach minderjährigen unverheirateten Kindern und Kindern im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, denen der erste Rang gebührt unter anderem Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung wären (§ 1609 Nr. 1 und 2 BGB). Maßgebend für die Frage des unterhaltsrechtlichen Rangs der Kindsmutter ist danach, ob ihr Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB zusteht.
Dies kann nicht mit der Begründung verneint, dass die Mutter tatsächlich – wenn auch überobligationsmäßig – vollschichtig erwerbstätig sei.
Allein aus dem Umfang einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit kann nicht geschlossen werden, dass ein Erwerbshindernis in Form der Kinderbetreuung nicht besteht. Wenn der betreuende Ehegatte etwa vollschichtig erwerbstätig ist, obwohl kind- oder elternbezogene Gründe (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 BGB) vorliegen, die einen fortdauernden Unterhaltsanspruch rechtfertigen würden, ist die Tätigkeit als überobligationsmäßig zu bewerten. Ob und in welchem Umfang das Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten dann unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Dabei kann die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall sein. Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen ist bei der Unterhaltsbemessung deshalb nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen. Über die Anrechnung ist vielmehr nach Treu und Glauben unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden [1]. Soweit das Einkommen danach außer Betracht zu bleiben hat, ergibt sich ein Unterhaltsanspruch des Ehegatten weiterhin aus § 1570 BGB, denn er ist insoweit wegen der Kinderbetreuung unterhaltsbedürftig.
Der Unterhaltsanspruch der Kindsmutter beruht zwar möglicherweise nur zum Teil, nämlich soweit ihre vollschichtige Tätigkeit wegen der Kinderbetreuung gegebenenfalls überobligationsmäßig ist, auf § 1570 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt auf § 1573 Abs. 2 BGB [2]. Das führt indessen nicht dazu, dass die jeweiligen Teilansprüche verschiedenen Rangstufen zuzuordnen wären, also der Teilanspruch auf Betreuungsunterhalt dem zweiten Rang und ein eventueller Aufstockungsunterhaltsanspruch dem dritten Rang. Für eine solche Differenzierung nach Anspruchsgrundlagen findet sich im Gesetzeswortlaut kein Anhaltspunkt. Die Formulierung in § 1609 Nr. 2 BGB „Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind“ stellt allein auf die Person des Unterhaltsberechtigten ab. Daraus kann geschlossen werden, dass ohne Rücksicht darauf, ob der Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils allein auf der Kinderbetreuung oder zusätzlich auf einem anderen Unterhaltstatbestand beruht, der Gesamtunterhaltsanspruch so lange in den zweiten Rang fällt, wie noch Betreuungsunterhalt verlangt werden kann [3]. Eine andere Beurteilung wäre auch im Hinblick auf zu erwartende Verschiebungen zwischen den Teilansprüchen wenig praktikabel.
Danach kommt es für die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Kindsmutter maßgeblich darauf an, ob sie noch einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat. Sofern das der Fall ist, steht sie nach § 1609 Nr. 2 BGB mit der Mutter des nichtehelichen Kindes in demselben unterhaltsrechtlichen Rang, was sich auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs auswirkt [4].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. Oktober 2014 – XII ZB 185/13
- BGH, Urteile BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154, 1156; und vom 21.04.2010 XII ZR 134/08 FamRZ 2010, 1050 Rn. 37[↩]
- vgl. BGH, Urteil BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 15 mwN[↩]
- so auch OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2012 3 UF 265/11 23; Menne in Büte/Poppe/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1609 Rn. 13; Menne FamRB 2008, 110, 117 f.; Erman/Hammermann BGB 14. Aufl. § 1609 Rn. 14; Palandt/Brudermüller BGB 73. Aufl. § 1609 Rn. 14; BeckOK-BGB/Reinken Stand: 1.08.2013 § 1609 Rn. 22; Gutdeutsch FF 2008, 488, 490, 493; vgl. auch BGH, Beschluss vom 07.05.2014 XII ZB 258/13 FamRZ 2014, 1183 Rn. 22; aA Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1609 Rn. 3; Maurer FamRZ 2008, 2157, 2165[↩]
- BGH, Urteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 40 ff.[↩]
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