Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das Landessozialgericht selbst hält die Leistungen, die seit Schaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes 1993 nicht angehoben worden sind, für verfassungswidrig. Im Vergleich zu den Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) reichten sie offensichtlich nicht aus, um eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten. Zudem seien die Leistungen nicht in einem Verfahren bemessen worden, wie es das Bundesverfassungsgericht verlange, sondern „ins Blaue hinein“ geschätzt worden.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte über die Klage eines alleinstehenden Mannes aus dem Irak zu entscheiden, der in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber untergebracht ist und monatlich für seinen gesamten Bedarf außerhalb von Unterkunft, Heizung und Hausrat einen Betrag von 224,97 € erhielt. Im gleichen Zeitraum betrugen das Arbeitlosengeld II („Hartz IV“) oder Sozialhilfe für Alleinstehende monatlich 351,00 € zzgl. Unterkunft und Heizung.
Das Landessozialgericht hielt die dem Kläger zustehenden Leistungen von monatlich 224,97 € für verfassungswidrig und bezogen sich hierzu auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelleistungen1. Das Verfassungsgericht hatte in diesem Urteil ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums formuliert.
Außerdem, so das Landessozialgericht, habe der Gesetzgeber den Leistungsbedarf nicht in einem Verfahren bemessen, welches den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine solche Bemessung stellt, entspricht. Er sei vielmehr „ins Blaue hinein“ geschätzt worden. Bei einem so deutlichen Abweichen der Leistungen für Asylbewerber von den Hartz-IV-Leistungen könne zudem davon ausgegangen werden, dass die Leistungen offensichtlich nicht ausreichten, um das menschenwürdige Existenzminimum sicherzustellen.
Weil es das zu Grunde liegende Gesetz für verfassungswidrig hält, hat das Landessozialgericht das Klageverfahren ausgesetzt und die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Bedarfssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Sollte sich das Bundesverfassungsgericht der Ansicht der Essener Richter anschließen, müsste der Gesetzgeber die Höhe der Sätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz neu regeln.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Juli 2010 – L 20 AY 13/09
- BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09[↩]