Die Familienkasse muss das Kindergeld für ein in Deutschland lebendes Kind in voller Höhe auszahlen, wenn sie keine Auskunft der ausländischen Verbindungsstelle darüber erhält, ob für das Kind Ansprüche auf Familienleistungen nach ausländischem Recht bestehen.
Hintergrund sind die anlässlich des Brexits getroffenen Regelungen. Trotz des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit) sind bestimmte europäische Verordnungen aufgrund des entsprechend geschlossenen Austrittsabkommens (vgl. Art. 30, 31 Abs. 1 des am 01.02.2020 in Kraft getretenen Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft) weiterhin auf Sachverhalte zwischen Großbritannien und der EU anwendbar. Das betrifft auch die Koordinierung der Ansprüche auf Familienleistungen (vgl. Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009). Der Datenaustausch zwischen den Trägern ist weiterhin vorgesehen, und Großbritannien nimmt am elektronischen Austausch von Sozialversicherungsdaten teil.
In dem hier vom Finanzgericht Köln entschiedenen Fall beantragte eine deutsche Staatsangehörige bei der Familienkasse Kindergeld für das bei ihr lebende Kind, das ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Vater des Kindes ist ein Angehöriger der britischen Armee. Die Familienkasse zahlte lediglich einen Unterschiedsbetrag zum britischen Kindergeld („Child benefit„) aus, da sie davon ausging, dass für den Kindsvater ein vorrangiger Anspruch auf britische Familienleistungen bestehe. Auskunftsersuchen der Familienkasse an die britische Verbindungsstelle blieben für die von der Klage erfassten Kindergeldmonate unbeantwortet.
Die auf Zahlung des vollen Kindergelds gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht Köln befand, dass von der Mutter nicht verlangt werden könne, weitere Auskunftsersuchen abzuwarten und damit eine faktisch endgültige Kürzung der Familienleistungen hinzunehmen. Die Anspruchsvoraussetzungen nach nationalem Recht lägen unstreitig vor. Die nach Europarecht nachrangig zuständige Familienkasse müsse Kindergeld nach nationalen Vorschriften in voller Höhe zahlen, wenn aufgrund fehlender Mitwirkung des ausländischen Trägers nicht zweifelsfrei geklärt werden könne, ob ein den deutschen Kindergeldanspruch ausschließender Anspruch auf ausländische Familienleistungen bestehe.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Familienkasse hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision zum Bundesfinanzhof1 eingelegt.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 23. Mai 2025 – 14 K 950/22
- BFH – III R 28/25[↩]
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