Erträge aus ausländischen thesaurierenden "schwarzen" Fonds – und die Pauschalbesteuerung

§ 6 Abs. 2 des Investmentsteuergesetzes (InvStG 2004) ist auch auf thesaurierende intransparente (Dach-)Fonds anzuwenden. In diesem Fall muss der Steuerpflichtige insbesondere die ausschüttungsgleichen Erträge des Fonds erklären und nachweisen. Sie sind nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. 

Erträge aus ausländischen thesaurierenden "schwarzen" Fonds – und die Pauschalbesteuerung

Hat das Finanzgericht die vom Steuerpflichtigen nicht beigebrachten Angaben durch Auswertung der Rechenschaftsberichte der Fonds selbst ermittelt, können sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden und schließen auch die Anwendung von § 6 Abs. 1 InvStG 2004 nicht aus, wenn nicht nachvollziehbar begründet worden ist, dass die Angaben nach deutschem Recht ermittelt worden sind.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erwarb die klagende Anlegerin im Juni 2003 je 700 Thesaurierungsanteile an den nach österreichischem Recht aufgelegten Investmentfonds ESPA Best of Europe, ESPA Best of America und ESPA Best of Healthcare. Die Anteile hielt sie bis zu deren Veräußerung im März 2007 in einem Depot bei der X-Bank. Das Depot gehörte zum steuerlichen Privatvermögen der Anlegerin. Der Fonds ESPA Best of Europe ist ein europäischer Aktien-Dachfonds, der Fonds ESPA Best of America ist ein US-Aktien-Dachfonds. Der Fonds ESPA Best of Healthcare ist ein globaler Aktien-Dachfonds im Bereich Gesundheitswesen. Alle Fonds investierten ihr Vermögen nach Maßgabe der jeweiligen Fondsbedingungen überwiegend in andere Kapitalanlagefonds (Zielfonds) und/oder in offene Investmentgesellschaften. Geschäftsjahr der Fonds war jeweils der Zeitraum vom 01.05. bis zum 30.04., Ausschüttungen oder Gutschriften wurden jeweils zum 01.08. gebucht. Über ihre Tätigkeiten und deren Ergebnisse berichteten die Fonds den Anlegern jährlich einmal im Rahmen eines Rechenschaftsberichts. Die Rechenschaftsberichte enthalten auch Angaben zur steuerlichen Behandlung der jeweiligen Anteilsscheine (Ausschüttungs-/Thesaurierungsanteile), allerdings ausdrücklich nur für in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtige. Für nicht in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtige enthalten die Angaben zur steuerlichen Behandlung den Hinweis, die Anleger müssten die jeweiligen nationalen Gesetze beachten.

Im Einspruchsverfahren machte die Anlegerin vor allem geltend, die Pauschalbesteuerung gemäß § 6 InvStG 2004 verstoße gegen Europarecht1. Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Anlegerin habe Unterlagen oder Informationen nicht vorgelegt, aus denen sich die tatsächliche Höhe der Einkünfte ermitteln lasse. Die pauschale Ermittlung der Erträge sei deshalb gerechtfertigt. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat der dagegen gerichteten Klage zum Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen2. Im Klageverfahren hat die Anlegerin erstmals die Rechenschaftsberichte der Dachfonds für die Geschäftsjahre ab 2002/2003 vorgelegt und geltend gemacht, daraus ließen sich die tatsächlich erzielten Einkünfte ermitteln. Diese seien anzusetzen. Weitere Unterlagen zu verlangen, wäre europarechtswidrig. Das Finanzamt hat dagegen eingewandt, aus den Jahresberichten lasse sich die tatsächliche Höhe der Einkünfte nicht ermitteln. Die Angaben seien nur für in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Anleger verwendbar. Es fehle insbesondere eine Überleitungsrechnung, wie aus der investmentsteuerrechtlichen Rechnungslegung nach österreichischem Recht die Besteuerungsgrundlagen des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden. Das Finanzgericht hat den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine von ihm gefertigte Auswertung der Rechenschaftsberichte zur Ermittlung der Erträge der drei Fonds überreicht und diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Zur Begründung der (teilweisen) Klagestattgabe hat das Finanzgericht unter anderem ausgeführt, die Erträge aus den drei Fonds seien nicht pauschal, sondern entsprechend den für inländische Fonds geltenden Maßstäben zu ermitteln. Die Anlegerin habe bei europarechtskonformer Auslegung von § 6 Abs. 2 InvStG 2004 zumindest die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, b, d und h InvStG 2004 erklärt. Diese ließen sich den Rechenschaftsberichten der Fonds entnehmen. Dass Angaben zu Absetzungen für Abnutzung fehlten, sei unerheblich, weil abnutzbare Wirtschaftsgüter erkennbar nicht zum Vermögen der Fonds gehört hätten. Eines weiteren Nachweises bedürfe es nicht. Wäre § 6 Abs. 2 InvStG 2004 so zu verstehen, dass nicht nur eine zusätzliche Nachweismöglichkeit, sondern echte Nachweiserfordernisse begründet werden sollten, wäre die Norm verfassungswidrig (echte Rückwirkung). Echte Nachweiserfordernisse wären auch europarechtswidrig, denn sie würden Kapitalanleger, die ihr Kapital in ausländische Investmentfonds investieren, gegenüber Direktanlegern benachteiligen. Das gelte jedenfalls für Fonds, die nach den Grundsätzen der Rechtsvergleichung inländischen Fonds vergleichbar seien. Das sei hier der Fall. Das Finanzgericht hat danach als „Ausschüttungen“ die auf die thesaurierten Erträge der Anlegerin einbehaltene und abgeführte österreichische Kapitalertragsteuer angesetzt. Als „ausschüttungsgleiche Erträge“ hat das Finanzgericht die Summe aller realisierten Erträge (Zinserträge, Dividendenerträge, realisierte Kursgewinne und realisierte Kursverluste) des jeweiligen Fonds und als „Zwischengewinn“ alle zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht realisierten Gewinne angesetzt. Die Erträge seien in vollem Umfang steuerpflichtig. Die steuerliche Vorbelastung mit Kapitalertragsteuer in Österreich bleibe nach allgemeinen Feststellungsgrundsätzen unberücksichtigt, da die Anlegerin hierzu nichts vorgetragen habe und weil ihre Berücksichtigungsfähigkeit nach deutschem Recht nicht ersichtlich sei. Nach diesen Grundsätzen ermittelte das Finanzgericht in Summe Erträge aus den drei Fonds in den hier strittigen Jahren 2003 bis 2007.

Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamtes, die insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils durch den Bundesfinanzhof und zur Abweisung der Klage als unbegründet führte:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verstößt die pauschale Besteuerung von Erträgen aus im Inland nicht registrierten ausländischen Investmentfonds (sogenannte „schwarze“ Fonds) gemäß § 18 Abs. 3 AuslInvestmG gegen unmittelbar geltendes Europarecht und ist nicht anzuwenden3. Die Besteuerung der Erträge aus „schwarzen“ Fonds richtet sich stattdessen nach den für registrierte ausländische Fonds (sogenannte „weiße“ Fonds) geltenden Vorschriften des Auslandinvestment-Gesetzes. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG und § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) neben den Ausschüttungen auch die sogenannten ausschüttungsgleichen Erträge. Die ausschüttungsgleichen Erträge des Fonds gelten mit Ablauf des Geschäftsjahrs, in dem sie vereinnahmt worden sind, als zugeflossen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG, § 17 Abs. 1 Satz 3 AuslInvestmG).

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat jedoch § 6 Abs. 1 InvStG 2004 zu Unrecht nicht angewandt. Der Bundesfinanzhof hat bereits geklärt, dass die Vorschrift weder verfassungswidrig ist noch gegen Europarecht verstößt. Die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 InvStG 2004, unter denen § 6 Abs. 1 InvStG 2004 nicht anwendbar ist, liegen nicht vor. Die Anlegerin hat schon die zur Abwendung der Pauschalbesteuerung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 erforderlichen Angaben nicht erklärt; auf die Frage, wie die Richtigkeit der Angaben nachgewiesen werden kann, kommt es nicht an. Auch die vom Finanzgericht „ermittelten“ Besteuerungsgrundlagen können der inländischen Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Sie sind insbesondere nicht geeignet, um § 6 Abs. 1 InvStG 2004 zu verdrängen.

Im Ausgangspunkt ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die von der Anlegerin erzielten Erträge aus den streitbefangenen Investmentanteilen zu im Inland steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 geführt haben.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 gehören die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge sowie (erstmals ab 2005) der Zwischengewinn zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Anlegers, Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG oder Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 EStG sind. Eine dieser Ausnahmen liegt unstreitig nicht vor. Die Regelung gilt für sämtliche Anleger von Investmentfonds und damit auch für die Anlegerin als Privatanlegerin. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Formulierung des Einleitungssatzes in § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004. Damit wird das Besteuerungsrecht in Fällen des § 6 InvStG 2004 nicht ausgeschlossen4.

Die Investmentfonds, um die es im Streitfall nur noch geht, haben die Angaben gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 InvStG 2004 nicht bekannt gemacht. Das hat das Finanzgericht mit Bindungswirkung festgestellt. Es ist im Übrigen auch zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren Ausführungen. Rechtsfolge davon ist, dass die Erträge aus den Fonds nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 InvStG 2004 (i.V.m. § 10 InvStG 2004) pauschal zu ermitteln sind. Die Vorschrift ist nicht verfassungswidrig5.

Rechtlich fehlerhaft hat das Finanzgericht § 6 Abs. 1 InvStG 2004 nicht angewandt und die Besteuerungsgrundlagen aus den vorliegenden Unterlagen (Depotauszüge, Rechenschaftsberichte der Fonds) selbst ermittelt. Die Voraussetzungen, die gemäß § 6 Abs. 2 InvStG 2004 erfüllt sein müssen, um der Pauschalbesteuerung zu entgehen, liegen nicht vor. Die Vorschrift ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil die Besteuerungsgrundlagen auf anderem Weg ermittelt werden können.

§ 6 Abs. 2 InvStG 2004 ist im Streitfall anwendbar. Die Vorschrift ist zwar erst durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. b des Investmentsteuerreformgesetzes vom 19.07.20166 eingefügt worden. Sie ist aber gemäß § 22a Abs. 2 InvStG 2004 in allen Fällen anwendbar, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

Die Anlegerin hat schon die gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 notwendigen Angaben nicht erklärt. Wie die Richtigkeit der Angaben nachgewiesen werden könnte (§ 6 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004), bedarf keiner Entscheidung.

§ 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die vom Investmentfonds nicht bekannt gemachten Besteuerungsgrundlagen selbst beizubringen, zu erklären und die Richtigkeit der Angaben nachzuweisen. Erklärt der Steuerpflichtige die Angaben im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvStG 2004 mit Ausnahme der Buchst. c und f und weist er sie vollständig nach, ist § 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 anzuwenden. Dann werden die erklärten Erträge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 besteuert; § 4 InvStG 2004 findet keine Anwendung. Als Nachweis kann insbesondere eine Bescheinigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne des § 3 des Steuerberatungsgesetzes, einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle oder einer vergleichbaren ausländischen Person oder Institution dienen, dass die Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004). Weist der Anleger auch die Besteuerungsgrundlagen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c und f InvStG 2004 nach, finden die §§ 2 und 4 InvStG 2004 Anwendung (§ 6 Abs. 2 Satz 3 InvStG 2004).

§ 6 Abs. 2 InvStG 2004 ist über seinen Wortlaut hinaus auch zugunsten von Anlegern thesaurierender (Dach-)Investmentfonds anzuwenden. Die bei thesaurierenden Fonds erforderlichen Angaben sind entsprechend den in Ausschüttungsfällen geltenden Vorgaben zu machen und nachzuweisen7. Gegen die Vereinbarkeit der Vorschrift mit unmittelbar anwendbarem Europarecht oder Verfassungsrecht bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Das gilt zumindest hinsichtlich der Obliegenheit, die erforderlichen Angaben beizubringen.

Erforderlich ist bei der Beteiligung an einem thesaurierenden Fonds insbesondere die Angabe des Betrags der ausschüttungsgleichen Erträge des abgelaufenen Geschäftsjahrs (§ 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvStG 2004; BT-Drs. 18/8045, S. 130). Für die Streitjahre 2004 und 2005 sind ausschüttungsgleiche Erträge die von einem Investmentfonds nach Abzug der abziehbaren Werbungskosten nicht zur Ausschüttung verwendeten Erträge aus Zinsen, Dividenden, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstige Erträge oder Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften, soweit es sich nicht um Wertpapierveräußerungsgeschäfte handelt (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004).

Der erklärte Betrag der ausschüttungsgleichen Erträge muss nach deutschem Steuerrecht ermittelt worden sein. Das ergibt sich nicht nur aus der Definitionsnorm in § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004 (Bezugnahme auf § 23 EStG). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 InvStG 2004 muss die Investmentgesellschaft ihre Angaben außerdem mit der Bescheinigung eines Berufsträgers versehen, „dass die Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden“. Diese Anforderungen sind auch zu beachten, wenn der Steuerpflichtige die vom Investmentfonds nicht bekannt gemachten Angaben nach § 6 Abs. 2 InvStG 2004 selbst beibringt. Auch in diesem Fall hat er nach § 6 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 die Bescheinigung eines Berufsträgers darüber beizubringen, „dass die Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden“. Daraus ergibt sich jedenfalls, unabhängig von der Frage, welche Nachweisobliegenheiten im Einzelnen bestehen, dass der erklärte Betrag der ausschüttungsgleichen Erträge nach deutschem Steuerrecht ermittelt worden sein muss.

Angaben über ausschüttungsgleiche Erträge, die nicht nach deutschem Steuerrecht ermittelt wurden, können nicht nur der inländischen Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, sie genügen auch nicht, um die Pauschalbesteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 erfolgreich abzuwenden. Sowohl der ausländische Fonds als auch -ersatzweise- der Steuerpflichtige müssen die Besteuerungsgrundlagen nach inländischem Steuerrecht ermitteln und angeben. Ersichtlich wollte der Gesetzgeber die Finanzverwaltung nicht mit der Feststellung belasten, ob nach ausländischem Recht ermittelte ausschüttungsgleiche Erträge der Besteuerung zugrunde gelegt werden können oder wie sie gegebenenfalls anzupassen wären. Die dafür erforderlichen Informationen müssen jedenfalls im Grundsatz der Investmentfonds beziehungsweise der Steuerpflichtige beibringen, um der Pauschalbesteuerung zu entgehen. Dies entspricht aus der Sicht des Steuerpflichtigen der gesteigerten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten (vgl. § 90 Abs. 2 AO).

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Anlegerin die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 erforderlichen Angaben zu den ausschüttungsgleichen Erträgen der Fonds schon nicht erklärt. Aus den vorgelegten Depotunterlagen ergibt sich insofern nichts; sie enthalten keine Angaben zu den ausschüttungsgleichen Erträgen aus den intransparenten Fonds. Auch die Vorlage der Rechenschaftsberichte genügt insoweit nicht. Sie enthalten zwar Angaben zur steuerlichen Behandlung der Erträge aus den von der Anlegerin gehaltenen Thesaurierungsanteilen. Es steht jedoch fest, dass die Angaben nur für in Österreich ansässige Anleger gedacht sind. Entsprechendes gilt für die Ertragsrechnung der Fonds und die Entwicklung des jeweiligen Fondsvermögens, wie sie sich aus den Rechenschaftsberichten ergibt. Auch diese Zahlenwerke sind auf der Grundlage des österreichischen Rechts erstellt worden, denen die Fonds unterlagen. Ihnen lassen sich deshalb jedenfalls nicht vorbehaltlos die Besteuerungsgrundlagen für die inländische Besteuerung entnehmen. Eine Berufsträgerbescheinigung des Inhalts, dass die dort ausgewiesenen Zahlen auch dem deutschen Recht entsprechen, hat die Anlegerin ebenso wenig vorgelegt wie eine Überleitungsrechnung, aus der sich ergibt, wie die nach österreichischem Recht erstellten Zahlenwerke fortentwickelt werden müssten, um Besteuerungsgrundlagen zu erhalten, die dem deutschen Steuerrecht entsprechen.

Da die Anlegerin mithin schon nicht die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 erforderlichen Angaben erklärt hat, kommt es nicht mehr darauf an, welche Anforderungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 an den Nachweis ihrer Richtigkeit gestellt werden müssen. Unerheblich sind in diesem Zusammenhang deshalb auch europarechtliche Bedenken des Finanzgerichtes gegen die in § 6 Abs. 2 InvStG 2004 normierten Nachweisanforderungen oder verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf deren rückwirkende Einführung.

Die vom Finanzgericht anhand der vorliegenden Unterlagen „ermittelten“ Besteuerungsgrundlagen können der inländischen Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden und sind schon deshalb nicht geeignet, die im Gesetz angeordnete Besteuerung gemäß § 6 Abs. 1 InvStG 2004 zu verdrängen.

Das Finanzgericht ist zunächst genauso wie die Finanzverwaltung nicht dazu verpflichtet, nach ausländischem Recht erstellte Rechenwerke auf ihre Übereinstimmung mit inländischem Steuerrecht zu überprüfen. Die Obliegenheit zur Beibringung nach inländischem Recht ermittelter Angaben trifft nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 InvStG 2004 und der damit im Zusammenhang stehenden Vorschriften jedenfalls vorrangig den Steuerpflichtigen, der sein Kapital in einen ausländischen intransparenten Fonds investiert hat. Soweit das Finanzgericht Rheinland-Pfalz im Streitfall von etwas anderem ausgegangen ist (durch das Gericht anzustellende Rechtsvergleichung), findet dies im anzuwendenden Recht keine Grundlage.

Aber auch die danach vom Finanzgericht quasi überobligationsmäßig auf diesem Wege ermittelten Angaben können der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Sie können deshalb auch nicht die Besteuerung nach § 6 Abs. 1 InvStG 2004 verdrängen.

Das Finanzgericht hat im Ausgangspunkt schon keine Feststellungen zum ausländischen Recht getroffen (vgl. § 293 der Zivilprozessordnung), sondern nur ausgeführt, die zu beurteilenden österreichischen Investmentfonds seien mit deutschen Investmentfonds vergleichbar, da auch hier zwischen ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen differenziert werde und diese zu Kapitaleinkünften führen könnten.

Diese Ausführungen tragen die Schlussfolgerung des Finanzgerichtes nicht, dass die nach österreichischem Recht ermittelten Bezugsgrößen bei der Ermittlung der inländischen Besteuerungsgrundlagen unverändert zugrunde gelegt werden können. Ungeachtet des Umstands, dass die Ermittlung des ausländischen Rechts revisionsrechtlich zur Tatsachenfeststellung gehört, zu der der Bundesfinanzhof grundsätzlich nicht befugt ist, bedarf es insoweit keiner Rechtsvergleichung. Der BFH muss die Schlussfolgerung des Finanzgerichtes nicht widerlegen; es genügt, dass sie nicht nachvollziehbar begründet ist. Davon unabhängig hat der Beigetretene zum Beispiel darauf hingewiesen, dass ausschüttungsgleiche Erträge nach dem anwendbaren inländischen Recht nicht negativ sein können (§ 3 Abs. 4 InvStG 2004). Das Finanzgericht hat aber zumindest im Streitjahr 2005 per Saldo negative ausschüttungsgleiche Erträge ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Schon dies zeigt, dass die vom Finanzgericht ermittelten Beträge nicht dem anwendbaren inländischen Recht entsprechen. Entsprechendes gilt für die Nichtberücksichtigung der Ertragsausgleichszahlungen und betrifft auch das Streitjahr 2004.

Das Finanzgericht war auch nicht befugt, Besteuerungsgrundlagen, die der Steuerpflichtige nach § 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 erklären soll, aber nicht erklärt hat, anhand vorliegender Unterlagen zu schätzen. Sind die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 InvStG 2004 nicht erfüllt, weil der Steuerpflichtige die erforderlichen Angaben nicht beigebracht hat und lassen sich die Angaben auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen entnehmen, ergibt sich die Rechtsfolge aus § 6 Abs. 1 InvStG 2004. Dies schließt jedenfalls eine individuelle (Voll-)Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO aus8. Daran hält der Bundesfinanzhof fest.

Das Finanzgericht ist für die Streitjahre 2004 und 2005 von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben.

Die Sache ist spruchreif. Nach Ablauf der üblichen Aufbewahrungsfristen, insbesondere für Buchführungsunterlagen, ist nicht mehr damit zu rechnen, dass die Rechenschaftsberichte der Fonds heute noch auf ihre Übereinstimmung mit deutschem Steuerrecht überprüft werden könnten. Davon gehen offenbar auch die Beteiligten aus. Hinzu kommt, dass die Transparenzvorschriften auch bei den Zielfonds erfüllt sein müssten, wenn die Pauschalbesteuerung auf der Ebene des Dachfonds vollständig abgewendet werden soll (§ 10 InvStG 2004). Auch insofern ist jedoch nicht mehr davon auszugehen, dass entsprechende Unterlagen nach einer denkbaren Zurückverweisung des Streitfalls an das Finanzgericht heute noch beigebracht werden können. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Streitfall anhand der vorliegenden Unterlagen abschließend beurteilt werden muss.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Juni 2024 – VIII R 13/20

  1. EuGH, Urteil „van Caster“ vom 09.10.2014 – C-326/12, EU:C:2014:2269[]
  2. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.2019 – 3 K 1264/16[]
  3. BFH, Urteile vom 18.11.2008 – VIII R 24/07, BFHE 223, 398, BStBl II 2009, 518; und vom 18.11.2008 – VIII R 2/06, BFH/NV 2009, 731[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 17.11.2015 – VIII R 27/12, BFHE 252, 112, BStBl II 2016, 539, Rz 21[]
  5. BFH, Urteil vom 14.05.2019 – VIII R 31/16, BFHE 264, 496, BStBl II 2019, 562, Rz 29 ff.[]
  6. BGBl I 2016, 1730[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 14.05.2019 – VIII R 31/16, BFHE 264, 496, BStBl II 2019, 562[]
  8. BFH, Urteil vom 14.05.2019 – VIII R 31/16, BFHE 264, 496, BStBl II 2019, 562, Rz 25[]