Gewinn und Verlust bei Aktiengeschäften

Verluste aus Aktienanlagen können nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden. Mit der Umsetzung der Europäischen „“DAC 6“-Richtlinie1 (Directive on Administrative Cooperation) in nationales Recht, die bis zum Jahresende 2019 erfolgen musste, ist die Verrechnung aber nur noch bis zu einer Höhe von 10.000 € erlaubt. Durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, findet sich diese Regelung nun auch im deutschen Recht.

Gewinn und Verlust bei Aktiengeschäften

Die Corona-Pandemie macht sich auf vielen unterschiedlichen Gebieten bemerkbar: Neben den immensen Auswirkungen im Bereich des Gesundheitswesens sind die Folgen auch auf dem sozialen, zwischenmenschlichen Bereich spürbar. Genauso schwer fallen die Folgen auf dem wirtschaftlichen Sektor aus: Da mit dem Lockdown im Frühjahr in fast allen Wirtschaftsbereichen drastische Einbußen zu verzeichnen waren – und noch sind, ist es keineswegs überraschend, dass sich die Corona-Pandemie ebenfalls auf den Aktienmärkten ausgewirkt hat. An den Börsen sind die Aktien im Fallen. Viele Anleger haben das in ihrer Unsicherheit zum Anlass genommen, Wertpapiere zu veräußern. Für sie war es sinnvoll, sich möglichst schnell von ihren Aktienpaketen zu trennen – und sei es auch mit schmerzhaften Verlusten.

Allerdings kann man diese Verluste unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend machen: Kein Anleger fährt mit seinen Aktien und diversen anderen Papieren ständig nur Verluste ein. Erfreulicher sind die Aktiengewinne. Aber diese unterfallen der Steuer. Es ist dem Steuerpflichtigen jedoch möglich, seine eingefahrenen Verluste bei Aktien und Anleihen mit seinen Gewinnen zu verrechnen. Durch das zum Jahresbeginn in Kraft getretene Gesetz zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen ist ganz „beiläufig“ ebenfalls eine Änderung des Einkommensteuergesetzes vorgenommen worden. So wird in Artikel 5 festgelegt, dass nach den §§ 20 Absatz 6 Satz 4 EStG und 52 Absatz 28 EStG Sätze eingefügt werden, die Verluste aus Kapitalvermögen betreffen. Danach dürfen Verluste aus Kapitalvermögen nur in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 ausgeglichen werden. Außerdem können nicht verrechnete Verluste je Folgejahr ebenfalls nur bis zur Höhe von 10.000 Euro verrechnet werden. Zu diesen Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gemäß § 20 Absatz 1 Nr. 1 auch Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien.

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In der Praxis heißt das, eine Verrechnung und Abzug von Verlusten aus Kapitalvermögen mit anderen Einkünften bleibt – wie bisher – untersagt (§ 20 Absatz 6, Satz 1-3 EStG). Darüber hinaus ist im Falle von Veräußerungsgeschäften aus Aktien eine Verlustverrechnung nur gestattet mit Einkünften, die ebenfalls aus dem Aktienhandel stammen (§ 20 Absatz 6, Satz 4 EStG). Diese Verrechnung ist mit der neuen Gesetzeslage nun weiter reglementiert worden: Unabhängig von der Höhe der Verluste ist eine Verrechnung begrenzt auf eine Summe von höchstens 10.000 Euro. Liegt der gesamte Verlust höher, kann im darauffolgenden Jahr ebenfalls eine Verrechnung nur in Höhe von 10.000 Euro vorgenommen werden. Dieser sogenannte Verlustvortrag kann bis zu sieben Jahre erfolgen.

Regelmäßig ist für die Versteuerung von Aktiengewinnen seit dem Jahr 2019 die Abgeltungsteuer maßgebend. Dabei werden Gewinne, die über der Grenze des Sparerfreibetrages (801,00 €) liegen, automatisch der Abgeltungsteuer (26,38 %) unterzogen. Unter der Voraussetzung, dass der Anleger sein Aktiendepot ausschließlich bei einer Bank unterhält, führt diese ohne weiteres Zutun des Anlegers die Abgeltungsteuer an das zuständige Finanzamt ab – wenn keine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt.

Da nun die Verrechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften nur noch mit Gewinnen aus den gleichen Geschäften erfolgen darf, werden „überschüssige“ Verluste, die nach einer Verrechnung von maximal 10.000 Euro noch vorhanden sind, für die nächsten Jahre bei der Bank verwahrt. Gleiches gilt, wenn möglicherweise nicht so viele Gewinne aus Aktiengeschäften erwirtschaftet worden sind, dass sie mit den Verlusten verrechnet werden können. Um mit einem Verlustvortrag in künftigen Jahren einen hoffentlich erwirtschafteten Aktiengewinn überhaupt verrechnen zu können, bedarf es einer Verlustbescheinigung. Bis zum 15. Dezember sollte der Anleger bei seiner Bank diese Verlustbescheinigung anfordern, damit er sie im Rahmen der Steuererklärung bei seinem Finanzamt einreichen kann. Dabei ist aber zu beachten, dass es sich nur dann um einen Verlust aus Aktiengeschäften handelt, wenn tatsächlich eine Veräußerung mit Verlust stattgefunden hat, ein Verlust durch fallende Aktienkurse während die Aktien im eigenen Depot verbleiben, erkennt das Finanzamt nicht an.

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Außerdem ist es sehr umstritten, ob eine Begrenzung der Verrechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften mit Gewinnen aus Aktiengeschäften sich überhaupt mit der Verfassung in Einklang bringen lassen. Ein dementsprechendes Verfahren ist zurzeit beim Bundesfinanzhof anhängig((BFH – VIII R 11/18)). Nach Auffassung des Klägers ist kein verfassungsrechtlich anzuerkennender Grund ersichtlich, weshalb allein die Aktienverluste von der Verrechnung mit anderen Kapitalerträgen ausgeschlossen sind. So unterzieht der Bundesfinanzhof die Bestimmung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a.F., wonach Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen, einer verfassungsrechtlichen Prüfung. Vorausgegangen war diesem Verfahren eine Entscheidung2 des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts, das die Beschränkung des Verlustausgleichs bei Verlusten aus der Veräußerung von Aktien gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG a.F. für verfassungsgemäß erklärt hat. So hat nach seiner Auffassung der Gesetzgeber die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht willkürlich überschritten. Der Kläger war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und hat die gemäß § 115 Absatz 2 Nr. 1 FGO zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Eine Entscheidung steht noch aus.

  1. Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl. L 139 vom 05.06.2018[]
  2. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 28.02.2018 – 5 K 69/15[]
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