Verfassungsgemäßheit des Werbungskostenhöchstbetrag für häusliches Arbeitszimmer

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit danach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in den Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2007 auf einen Jahresbetrag von 1.250 € begrenzt wurden.
Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2010 kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; allerdings gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 die Beschränkung der Höhe nach nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Verfassungsgemäßheit des Werbungskostenhöchstbetrag für häusliches Arbeitszimmer

Diese das häusliche Arbeitszimmer betreffende Gesamtregelung kommt auch hier im Fall der Klägerin zur Anwendung. Denn gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2010 gilt die mit dem JStG 2010 geschaffene Neuregelung für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

Der Bundesfinanzhof teilt die von den Klägern geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den begrenzten Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht. Die Regelung enthält insbesondere keine nachträgliche und belastende Änderung der Rechtsfolge, die nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten bedarf1.

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Eine rückwirkende Benachteiligung im Vergleich zu der zunächst im Veranlagungszeitraum 2007 geltenden, dann aber durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts2 teilweise für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung über den Abzug von Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 ist nicht festzustellen. Nach dieser Regelung waren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht abziehbar waren; ein Vertrauen darauf, dass derjenige, der neben dem häuslichen Arbeitszimmer über keinen anderen Arbeitsplatz verfügte, Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe als Werbungskosten abziehen könnte, sei daher nicht entstanden.

Insbesondere bestand unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Neuregelung für den Veranlagungszeitraum 2007 von einer Abzugsbeschränkung ganz Abstand nehmen müsste. Eine solche abzugsbeschränkende Regelung galt von 1996 bis 2006; diese wurde mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 19993 als mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar erklärt4. Schon in dieser Entscheidung beurteilte das Bundesverfassungsgericht angesichts des bei einem häuslichen Arbeitszimmer gegebenen engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung den Ansatz einer grob pauschalierenden Höchstgrenze für derartige Aufwendungen als verfassungsrechtlich unbedenklich; auf diese Entscheidung nahm das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss((BVerfG, Beschluss in BVerfGE 126, 268, BGBl I 2010, 1157)), der dem Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung aufgegeben hatte, ausdrücklich Bezug und verwies insoweit auf die von 1996 bis 2006 geltende Vorgängerregelung.

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Für den Bundesfinanzhof bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 normierten Höchstbetrag für einen Werbungskostenabzug. Denn insoweit hatte das BVerfG entschieden, dass es dem Gesetzgeber auch unbenommen bleibt, bei der Bestimmung des Höchstbetrages die objektiv gegebene, staatlich jedoch nicht beobachtbare Möglichkeit privater Mitbenutzung des häuslichen Arbeitszimmers pauschal zu berücksichtigen5.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Februar 2013 – VI R 58/11

  1. BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010 – 2 BvR 748/05 u.a., BVerfGE 127, 61, BGBl – I 2010, 1296[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BGBl I 2010, 1157[]
  3. BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 – 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 27.10.2011 – VI R 71/10, BFHE 235, 448, BStBl II 2012, 234[]
  5. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 126, 268, BGBl I 2010, 1157, Rz 47[]