Die Einkünfte des Büttenredners

Einkünfte aus einer Tätigkeit als Büttenredner (Humorist) sind keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Sie sind daher nicht der Gewerbsteuer zu unterwerfen.

Die Einkünfte des Büttenredners

Nach § 2 Abs. 1 GewStG ist ein stehender Gewerbebetrieb, der im Inland betrieben wird, gewerbesteuerpflichtig. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG). Danach ist ein Gewerbebetrieb jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie unter anderem nicht als Ausübung eines freien Berufes anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 EStG). Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehört auch die selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).

Der Büttenredner ünterhält keinen stehenden Gewerbebetrieb, weil er eine künstlerische Tätigkeit ausübt.

Unter „künstlerischer“ Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes eine eigenschöpferische Tätigkeit mit einer gewissen Gestaltungshöhe zu verstehen1. Diese Merkmale sind auch für die Beurteilung rednerischer Tätigkeiten maßgebend2.

Das Finanzgericht Düsseldorf ist im vorliegenden Fall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, der persönlichen Anhörung des Büttenredners in der mündlichen Verhandlung und der Vorlage der „Redemanuskripte“ überzeugt, dass der Büttenredner künstlerisch im Sinne der Rechtsprechung tätig war. Hierüber konnte das Gericht kraft eigener Sachkunde entscheiden, so dass die Zuziehung eines Sachverständigen nicht erforderlich war3.

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Bei der Vortragstätigkeit des Büttenredners handelt es sich um eine eigenschöpferische Leistung.

Diese ist gegeben, wenn in ihr die individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft des Künstlers zum Ausdruck kommt4. Hingegen fehlt es an einer eigenschöpferischen Tätigkeit, wenn der Redner mit Schablonen arbeitet und die gleiche Rede, wenn auch mit Variationen, in zahlreichen Fällen immer wieder vorträgt5.

Die Darbietung des Büttenredners ist dadurch gekennzeichnet, dass er als Figur die Zuschauer mit Witzen und Beschreibungen von komischen Situationen unter Einsatz von Mimik und Gestik unterhält. Anders als bei einem „typischen Büttenredner“ steht nicht die Rede selbst im Vordergrund, sondern die Figur. Diese Figur verkörpert der Büttenredner in einer ihm eigenen, individuellen Weise und gibt ihr eine eigene persönliche Note.

Sowohl das Kostüm und die Requisiten als auch die Art und Weise der Darbietung hat der Büttenredner selbst kreiert. Zusammen mit den selbst geschriebenen Vorträgen kommt in dieser Figur die individuelle Gestaltungskraft des Büttenredners zum Ausdruck.

Der Büttenredner verwendet für seine Auftritte auch keine Redeschablonen. Dagegen spricht schon die Art seiner Auftritte, denn er steht nicht wie ein „typischer Büttenredner“ in der „Bütt“ und liest eine vorgefertigte, ausformulierte Rede vor. Vielmehr besteht seine „Rede“ aus Witzen, Sprüchen und kurzen humorvollen Geschichten, die er ohne eine feste Reihenfolge und ohne Reimschema vorträgt. Bei dieser Art des Vortrages liegt es schon in der Natur der Sache, dass der Büttenredner nicht – wie möglicherweise ein Fest – oder Trauerredner – mit der Verwendung weniger Grundmuster und Redeschablonen auskommt und die gleiche Rede, nur mit gewissen, auf den Einzelfall abgestellten Variationen und Daten in zahlreichen Fällen wieder vorträgt. Wie der Büttenredner in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hat, kommen seine Vorträge dadurch zustande, dass er Einfälle und Ideen auf Grund des aktuellen Tagesgeschehens, persönlicher Erlebnisse usw. auf Zetteln in Form von Stichwörtern festhalte. Die Schlagzeilen der BILD-Zeitung würden ihn dabei häufig inspirieren. Auch sammle er Witze, die er dann auf Politiker oder bekannte Persönlichkeiten umschreibe. Der Vortrag des Büttenredners wird durch die vorgelegten „Redemanuskripte“ bestätigt. Diese bestehen aus einer Reihe von Stichwörtern, die kreuz und quer auf einem Blatt handschriftlich festgehalten worden sind und teilweise durch Pfeile verbunden werden. Nur der Büttenredner selbst dürfte in der Lage sein, anhand von diesen „Manuskripten“ eine Rede zu halten. Ein Grundmuster oder eine Redeschablone vermag das Finanzgericht Düsseldorf nicht zu erkennen. Vielmehr ist das Finanzgericht davon überzeugt, dass der Büttenredner mit Bühnenerfahrung die Stimmung des Publikums im Saal erkennen und seine „Rede“ spontan anpassen kann. Bei einem vorgefertigten, feststehenden Redemanuskript wäre das nicht möglich. Gerade dadurch, dass der Büttenredner während seiner Auftritte erkennt, welche Witze dem jeweiligen Publikum gefallen oder nicht, und er entsprechend reagiert, kommt nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf seine schöpferische Gestaltungskraft zum Ausdruck.

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Die eigenschöpferische Leistung des Büttenredners erreicht auch eine gewisse Gestaltungshöhe. Hinsichtlich der Beurteilung dieser Frage ist zu beachten, dass die vom Bundesfinanzhof entwickelten Merkmale der Abgrenzung zwischen Kunst und Nichtkunst im Grenzbereich zwischen Kunst und Gewerbe dienen. Gemeint ist also, dass das Werk die Gestaltungshöhe erreichen muss, die es erst als Kunst qualifiziert. Nicht gemeint ist, dass die Leistung ein bestimmtes künstlerisches Niveau erreichen muss. Eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen „höherer“ und „niederer“, „guter“ und „schlechter“ Kunst, wäre mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht vereinbar, da sie auf eine Inhaltskontrolle hinausliefe6.

Danach ist es unerheblich, ob die Inhalte der Büttenreden des Büttenredners ein hohes oder niedriges Niveau haben oder ob die Witze nach Ansicht des Finanzgerichts gut oder schlecht sind. Es genügt, wenn die künstlerische Gestaltungshöhe ein nicht genau bestimmbares Mindestmaß erreicht, unterhalb dessen eine Leistung kein künstlerisches Werk ist. Für die insoweit zu treffende Entscheidung ist der allgemeinen Verkehrsauffassung besonderes Gewicht beizulegen7. Dieses Mindestmaß an künstlerischer Gestaltungshöhe meint das Finanzgericht Düsseldorf, den Auftritten des Büttenredners aus den bereits genannten Gründen (Art und Weise der Darbietung, Schaffung der Figur) nicht absprechen zu können. Der Büttenredner verleiht seinen Auftritten eine unverkennbare, unnachahmliche Note. Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Zeitungsartikeln der Tagespresse entnehmen lässt, wird er vom Publikum als ein großer Star des Karnevals gefeiert. Auch die Tatsache, dass er jedes Jahr … für seine Auftritte Gagen erhält, deren Höhe sich für einen Büttenredner im oberen Bereich befinden dürfte, bestätigt, dass die Auftritte des Büttenredners unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung das Mindestmaß an Gestaltungshöhe erreichen. Ein solcher Erfolg beim Publikum, welchen der Büttenredner unstreitig seit Jahren erzielt, ist nur dadurch zu erklären, dass er bei seinen Auftritten eine Leistung vollbringt, die über die hinreichende Beherrschung der Technik, eine Rede zu halten, hinausgeht.

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Finanzgericht Düsseldorf – Urteil vom 25. Februar 2004 – 7 K 7162/01 G

  1. vgl. BFH, Urteil vom 26.02.1987 – IV R 105/85, BStBl II 1987, 376 m. w. N.[]
  2. BFH, Urteil vom 29.07.1981 – I R 183/79, BStBl II 1982, 22[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom BFH, Urteil vom 26.02.1987 – IV R 105/85, BStBl II 1987, 376[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 11.07.1991 IV R 15/90, BStBl II 1991 889; vom 11.07.1991 – IV R 102/90, BStBl II 1992, 413[]
  5. BFH, Urteil vom 26.02.1987 – IV R 105/85, BStBl II 1987, 376[]
  6. BVerfG, Beschlüsse vom 03.06.1987 – 1 BvR 313/85, BVerfGE 75, 369; und vom 07.03.1990 – 1 BvR 266/86, 1 BvR 913/87, BVerfGE 81, 278[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 11.07.1991 – IV R 102/90, BStBl II 1992, 413[]