Spielvergnügungssteuer in Hamburg

Ist das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz verfassungsgemäß? Das Finanzgericht Hamburg hat hieran keinen Zweifel:

Spielvergnügungssteuer in Hamburg

Der Spieleinsatz ist als steuerliche Bemessungsgrundlage ein sachgerechter Maßstab, denn auch soweit Gewinne zum Weiterspielen verwendet werden, liegt darin eine Verwendung von Vermögen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Spielers berührt. Der Spieleinsatz ist als steuerliche Bemessungsgrundlage hinreichend bestimmt. Hierbei ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass bei den Spielgeräten neuer Bauart ein Betrag mit der Umbuchung in den Punktespeicher als Einsatz erfasst wird.

Der Spielvergnügungsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 HmbSpVStG u. a. der Aufwand für die Nutzung von Spielgeräten mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit, wenn der Aufwand in einem Spieleinsatz i.S.d. § 1 Abs. 3 HmbSpVStG besteht sowie der Aufstellort der Spielgeräte in Hamburg belegen und einer wenn auch begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist. Spieleinsatz ist gemäß § 1 Abs. 3 HmbSpVStG die Verwendung von Einkommen oder Vermögen durch den Spieler zur Erlangung des Spielvergnügens. Steuerschuldner ist nach § 3 Abs. 1 HmbSpVStG der Halter des Spielgeräts. Halter ist derjenige, für dessen Rechnung das Spielgerät aufgestellt wird (Aufsteller). Die Steuer beträgt gemäß § 4 Abs. 1 HmbSpVStG für die Nutzung der Gewinnspielgeräte 5 vom Hundert des Spieleinsatzes und für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.04.2006 8% des Spieleinsatzes.

Der Spieleinsatz ist eine für die Erhebung der Vergnügungsteuer verfassungsrechtlich zulässige und umsetzbare Bemessungsgrundlage. § 1 Abs. 3 HmbSpVStG definiert, dass Spieleinsatz die Verwendung von Einkommen oder Vermögen durch den Spieler zur Erlangung des Spielvergnügens ist. Zu den Spieleinsätzen zählen nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht nur die in den Spielautomaten eingeworfenen Bargeldbeträge, sondern auch Gewinne, die sich der Spieler nicht auszahlen lässt, obwohl er dies könnte, sondern zum Weiterspielen verwendet. In einer Nutzung von Gewinnen liegt die Verwendung von Vermögen zur Erlangung des Spielvergnügens. Für die Besteuerung kann es keinen Unterschied machen, ob ein Spieler das ihm aufgrund eines Gewinns ausgezahlte Geld wieder in den Spielautomaten einwirft, oder ob er gleichsam in einem abgekürzten Zahlungsweg den Gewinn ohne zwischenzeitliche Auszahlung unmittelbar zum Weiterspielen nutzt1.

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Verfassungsrechtlich ist die Heranziehung des Spieleinsatzes als Bemessungsgrundlage der Aufwandsteuer nicht zu beanstanden.

Zu den die Vergnügungsteuer als Aufwandsteuer kennzeichnenden Merkmalen gehört, dass der verwendete Steuermaßstab in einem zumindest lockeren Bezug zu dem zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler stehen muss. Der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand ist dabei der sachgerechteste Maßstab für eine Vergnügungsteuer2.

Der Gesetzgeber hat bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich ist. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat3.

Mit der Heranziehung des Spieleinsatzes als Bemessungsgrundlage hat der Hamburgische Gesetzgeber einen sachgerechten Maßstab gewählt und die verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten4. Auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtung des Aufwands eines Spielers erweist sich dieser Besteuerungsmaßstab nicht als fehlerhaft. Denn auch soweit der Spieler Gewinne zum Weiterspielen nutzt, liegt darin eine Verwendung von Vermögen, die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berührt. Es ist bei der Vergnügungsteuer, die darauf abzielt, die mit der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Spielvergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Spielers zu belasten, nicht entscheidend, welcher Betrag bei dem Spielgeräteaufsteller und damit Anbieter des Spielvergnügens verbleibt. Denn anders als bei der Umsatzsteuer ist Gegenstand der Spielvergnügungsteuer nicht die Leistung des Spielgeräteaufstellers, also die Bereitstellung der Spielgeräte für ein Spielvergnügen, sondern der Aufwand des Spielers für das Spielvergnügen selbst. Dieser bemisst sich nicht nach dem Betrag, der bei dem Geräteaufsteller verbleibt.

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Der Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage der Vergnügungsteuer ist auch eine technisch umsetzbare Besteuerungsgrundlage.

In dem hier streitigen Zeitraum Oktober 2005 bis einschließlich August 2006 hatte die Klägerin ausschließlich nach der bis zum 31.12.2005 geltenden Spielverordnung5 zugelassene Spielgeräte aufgestellt. Diese Spielgeräte sind gemäß der selbstverpflichtenden Vereinbarung der Hersteller von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit und der Verbände der Unterhaltungsautomatenwirtschaft mit den Bundesministerien für Wirtschaft sowie für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit6 mit manipulationssicheren Zählwerken ausgestattet. Den Ausdrucken der Zählwerke kann nach den Erkenntnissen des Finanzgerichts Hamburg regelmäßig – bis auf ganz wenige Ausnahmen – die Anzahl der gespielten Spiele entnommen werden. Nach § 13 Nr. 5 SpielV a. F. darf der Einsatz für ein Spiel höchstens 0,20 € betragen. Bei den Spielgeräten alter Bauart beträgt der Spieleinsatz für ein Spiel 0,20 €. Ausnahmen hiervon sind dem Senat nicht bekannt und werden von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Der Spieleinsatz kann deshalb regelmäßig durch eine Multiplikation der Anzahl der Spiele mit 0,20 € ermittelt werden.

Sofern bei einzelnen Geräten die Anzahl der gespielten Spiele nicht oder nicht zuverlässig von den Zählwerken erfasst wird, ermöglicht das Gesetz in seiner geänderten Fassung vom 06.10.2006 auf der Grundlage von § 12 HmbSpVStG über den Hilfsmaßstab „Kasseninhalt“ den Spieleinsatz zu ermitteln. Darüber hinaus kann auf dem Markt für Geräte alter Bauart für verhältnismäßig geringe Kosten ein Zusatzgerät erworben werden, dass die Anzahl der gespielten Spiele erfasst. Der Senat hält danach die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob bei den Spielgeräten alter Bauart der Spieleinsatz bzw. weitere Daten zur Berechnung des Spieleinsatzes, wie die Anzahl der Spiele, zutreffend aufgezeichnet werden, nicht für erforderlich. Der Kasseninhalt ist nach der selbstverpflichtenden Erklärung aufzuzeichnen und würde für die Ermittlung des Spieleinsatzes ausreichen. Im Übrigen liegt es in der Entscheidungsgewalt des Spielgeräteaufstellers, nur solche Geräte aufzustellen, bei denen der Spieleinsatz zuverlässig ermittelt werden kann.

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Aber auch bei den Spielgeräten neuer Bauart ist nach den Erkenntnissen des Finanzgerichts Hamburg der Spieleinsatz technisch zuverlässig zu ermitteln.

Spieleinsatz im Sinne des § 1 Abs. 3 HmbSpVStG liegt erst dann vor, wenn der Spieler die Verfügungsmacht über die in ein Spielgerät eingeworfenen Bargeldbeträge oder über die unmittelbar zum Weiterspielen genutzten Gewinne aufgrund des Spielvorgangs endgültig verloren hat. Der Bundesfinanzhof sieht7 deshalb einen Spieleinsatz in den Fällen als nicht gegeben an, in denen nach den Vorgaben der SpielV n. F. ein Geldbetrag z.B. wegen Überschreitung der vorbestimmten Obergrenze (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 SpielV n. F.) oder einer erzwungenen Spielpause (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielV n. F.) nicht angenommen bzw. wieder ausgezahlt wird. Insoweit fehle es an einem der Besteuerung unterliegenden Aufwand für die Nutzung von Spielgeräten im Sinne des § 1 Abs. 1 HmbSpVStG und an einer Verwendung von Einkommen oder Vermögen zur Erlangung des Spielvergnügens i.S.d. § 1 Abs. 3 HmbSpVStG8.

Nach den Erkenntnissen des Finanzgerichts Hamburg werden diese Geldbeträge von den Kontrollmodulen der Spielgeräte nicht als Einsatz erfasst. Auch Geldbeträge, die in das Spielgerät eingeworfen und in Nutzung des Geräts als Geldwechsler wieder ausgezahlt werden, ohne dass eine Umwandlung in Punkte erfolgt, werden nicht als Einsatz erfasst.

Ein Geldbetrag wird jedoch mit der Umbuchung in den Punktespeicher von dem Kontrollmodul als Einsatz und die Rückbuchung in den Geldspeicher als Gewinn aufgezeichnet. Dies ist nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg rechtlich nicht zu beanstanden, auch soweit dies zur Folge hat, dass Beträge steuerlich in die Bemessungsgrundlage des Spieleinsatzes einfließen, die von dem Geldspeicher in den Punktespeicher hin- und hergebucht worden sind, ohne dass die Walzen des Spielgeräts mit diesem Einsatz in Gang gesetzt worden wären. Denn der Bereich des Punktespeichers ist den Reglementierungen der SpielV n. F. entzogen. Insoweit können die Vorgänge in dem Punktespeicher von den Herstellern frei gestaltet werden. Insbesondere muss nicht gewährleistet sein, dass eine jederzeitige Rückbuchung möglich ist. Das bedeutet, dass mit der Umwandlung eines Geldbetrages in Punkte dieser dem Zugriff des Spielers endgültig entzogen sein könnte, auch wenn die derzeit aufgestellten Spielgeräte wohl regelmäßig die Rückumwandlung von Punkten in Geld jederzeit zulassen. Eine rechtliche Gewähr hierfür besteht jedoch nicht. Um spielen zu können, ist demgegenüber eine vollständige Umbuchung eines Geldbetrages in Punkte nicht notwendig, sondern der Spieler hat es in der Hand, wie viel Geld er von seinem Geldspeicher in den Punktespeicher umbucht. Die Spielgeräte müssen nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 SpielV n. F. eine interne Vorrichtung aufweisen, die es ihnen neben einer automatischen Umbuchung ermöglicht, manuell durch Betätigung einer Taste jeden einzelnen Geldeinsatz in Punkte umzuwandeln. Der Spieler hat es danach in der Hand, nur den Betrag in Punkte umzuwandeln, den er tatsächlich auch verspielen will.

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Für eine Erfassung des Spielbeginns mit der Umwandlung in Punkte spricht auch, dass in dem Punktespeicher eine Dispositionsreserve für den Spieler entsteht, aus der er unabhängig von den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SpielV n. F. Einsätze tätigen kann. Da es sich bei dem Punktespeicher um einen freien, nicht durch die Spielverordnung reglementierten Bereich handelt, gibt es keine rechtliche Begrenzung eines Punkteeinsatzes nach oben; die Vorgaben des § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SpielV gelten nicht. Die Dispositionsreserve des Punktespeichers kann danach zu Einsätzen in einer Höhe genutzt werden, die die SpielV n. F. nicht zulassen würde. Diese Dispositionsfreiheit bei den Einsätzen gewinnt der Spieler erst durch die Umwandlung in Punkte, so dass bereits dieser Vorgang als Teil des Spiels anzusehen ist, weil er den Einsatz und das eingehbare Risiko beeinflusst9.

Das Finanzgericht Hamburg setzt sich damit nach seiner Auffassung nicht in Widerspruch zu der Rechsprechung des Bundesfinanzhofs in den im summarischen Verfahren ergangenen Beschlüssen vom 27. November 200910, die sich zu dieser Abgrenzung bisher noch nicht geäußert hat. Der Hamburgische Gesetzgeber hat die Bemessungsgrundlage Spieleinsatz mit dem HmbSpVStG vom 29.09.2005 bestimmt. Die SpielV n. F. regelt in § 12 Abs. 2 d, dass bei den Geldspielgeräten die Dokumentation sämtlicher Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen vorgehalten werden muss. Sofern die Spielgeräte neuer Bauart diese Erfassung ermöglichen, in dem der Einsatz gezählt wird mit der Umbuchung in Punkte, also dem „Verlassen“ des durch die SpielV n. F. reglementierten Bereichs, ist dies eine Entscheidung, die die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht rechtswidrig werden lässt, auch wenn dadurch in Einzelfällen Geldbeträge als Einsatz erfasst werden, die möglicherweise tatsächlich nicht für das Spiel (auch nicht als Dispositionsreserve) genutzt

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Finanzgericht Hamburg 2. Senat, Urteil vom 26.08.2010, 2 K 6/09

  1. BFH, Beschluss vom 27.11.2009 – II B 75/09, BFH/NV 2010, 694[]
  2. vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1971 – 1 BvL 7,8/69, BVerfGE 31, 119, 127; Beschluss vom 04.02.2009 – 1 BvL 8/05, NVwZ 2009, 968[]
  3. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 – 1 BvL 8/05, NVwZ 2009, 968 m.w.N.[]
  4. vgl. BFH, Beschluss vom 27.11.2009 – II B 75/09, BFH/NV 2010, 692[]
  5. BGBl. I 1985 S. 2245 SpielV a. F.[]
  6. siehe BT-Drs. 11/6224 vom 15.01.1990[]
  7. in BFH, Entscheidung vom 27.11.2009 – II B 75/09, BFH/NV 2010,692[]
  8. BFH, Beschluss vom 27.11.2009 – II B 75/09, BFH/NV 2010, 692; Beschluss vom 27.11.2009 – II B 102/09[]
  9. vgl. ergänzend FG Hamburg vom 13.04.2010 – 2 K 11/09; BFH, Beschluss vom 27.11.2009 – II B 75/09, BFH/NV 2010, 692[]
  10. BFH, Beschlüsse vom 27.11.2009 – II B 75/09; II B 102/09[]