Das beim sexuellen Übergriff verwendete Medikament

Ein Pfleger, der einer ihm anvertrauten Patientin in einer Infusion ein Narkosemittel verabreicht, um sie dadurch in einen Zustand der Bewusstlosigkeit zu versetzen und an ihr sodann sexuelle Handlungen vorzunehmen, erfüllt den Tatbestand des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB

Das beim sexuellen Übergriff verwendete Medikament

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall legte der Pfleger der Patientin in der Absicht, sie in einen Zustand der Bewusstlosigkeit zu versetzen und an ihr sodann sexuelle Handlungen vorzunehmen, der in einem Mehrbettzimmer liegenden Patientin eine Infusion mit dem Medikament Midazolam, einem Arzneistoff aus der Gruppe der kurzwirksamen Benzodiazepine, der insbesondere in der Intensivmedizin und zur Narkosevorbereitung bei Operationen verwendet wird. Er tat dies in dem Wissen, dass die Verabreichung dieses Medikaments bei der Patientin weder ärztlich angeordnet noch sonst medizinisch indiziert war. Um mit der Patientin dann möglichst ungestört zu sein, drückte er ihr die MidazolamInfusion in die Hand und führte sie sogleich auf eine Toilette auf dem Gang der Station. Dort verlor sie das Bewusstsein, was der Pfleger, seinem Tatplan folgend ausnutzte, um sich an ihr sexuell zu vergehen. Dabei ejakulierte er in ihren unbekleideten Scheidenbereich. Sodann legte er sie in ihr Bett zurück, wo sie erst am nächsten Morgen aus ihrem komatösen Schlaf erwachte und sich ab dem Toilettengang an nichts mehr erinnern konnte.

Der Bundesgerichtshof bestätigte den Schuldspruch des Landgerichts. Auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe beim sexuellen Übergriff ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB verwendet, hielt rechtlicher Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof stand:

Dabei kam es für den Bundesgerichtshof nicht darauf an, ob ein narkotisierendes Mittel schon für sich allein ein gefährliches Werkzeug sein kann1. Denn hier wurde das Medikament Midazolam dem Opfer nicht lediglich in ein Getränk gemischt, sondern mittels Infusion verabreicht, bei der das Medikament durch einen Katheter direkt in die Blutbahn des Opfers verbracht wird. Diese Form der Verabreichung des Arzneistoffs, der zu Bewusstlosigkeit mit Erbrechen und infolge Aspiration des Erbrochenen sogar zum Erstickungstod führen kann, in einer Dosis „im höhertherapeutischen Bereich“ war auch gefährlich2. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde die Geschädigte aufgrund der Infusion auf der Toilette bewusstlos und befand sich – nachdem sie nach der Tat vom Angeklagten in dieser Verfassung erst ins Bett gebracht werden musste – noch bis zum nächsten Morgen in einem komatösen Zustand und war über einen Zeitraum von über zwölf Stunden kaum ansprechbar.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Oktober 2018 – 1 StR 418/18

  1. vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 27.01.2009 – 4 StR 473/08, NStZ 2009, 505; vom 20.04.2017 – 2 StR 79/17, Rn.19, NStZ-RR 2017, 251; und vom 07.03.2018 – 5 StR 652/17, Rn. 4 mwN[]
  2. vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 27.01.2009 – 4 StR 473/08, NStZ 2009, 505[]