Der bloße Besitz von Haschisch zum Zweck des Eigenkonsums stellt keine Straftat dar, durch die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder gefährdet werden und aus der sich damit eine Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit ergibt1.

Die für die Maßregelanordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erforderliche Gefahr künftiger erheblicher Straftaten des Angeklagten, aufgrund derer er für die Allgemeinheit gefährlich ist, kann nicht allein aus der Anlasstat des Besitzes von Betäubungsmitteln (hier: Haschisch) in nicht geringen Mengen abgeleitet werden, weil der bloße Besitz von Haschisch zum Zweck des Eigenkonsums keine Straftat darstellt, durch die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder gefährdet werden und aus der sich damit eine Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit ergibt1.
So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem die Gefährlichkeitsprognose des Landgerichts der revisionsgerichtlicher Prüfung nicht standhielt: Das Landgericht leitet die Gefahr künftiger erheblicher Straftaten des Angeklagten, aufgrund derer er für die Allgemeinheit gefährlich ist, zunächst zutreffend nicht aus der Anlasstat ab. Vielmehr stützt die Strafkammer – ausgehend von § 63 Satz 2 StGB – ihre Erwartung, dass der Angeklagte aufgrund seiner psychischen Erkrankung künftig erhebliche Straftaten im Sinne des § 63 StGB begehen werde, auf die nach ihren Feststellungen neben der Erkrankung bestehende Neigung des Angeklagten zu aggressivem und impulsivem Verhalten und verweist zur Begründung insbesondere auf den Vorverurteilungen zugrunde liegende Taten des Angeklagten. Dies hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand, weil diese in den Jahren 1997, 2008 und 2018 abgeurteilten Taten, aus denen das Landgericht – der Sachverständigen folgend – eine vom Angeklagten ausgehende Gefahr künftiger nötigender Verhaltensweisen, Aufforderungen zu Selbsterniedrigung, Schlägen und Vorhalten von Waffen zur Erzwingung der Mitwirkung bei der analen Penetration ableitet, nicht im Einzelnen festgestellt sind. Lediglich die entsprechenden Vorahndungen sind den Urteilsgründen zu entnehmen, nicht aber die Einzelheiten des damals abgeurteilten Tatgeschehens und die psychische Situation des Angeklagten bei der jeweiligen Tatbegehung. Auch das zur Begründung der Gefahrenprognose zusätzlich herangezogene Verhalten des Angeklagten in Haftanstalten und Krankenhäusern, das die Sachverständige in ihre Überlegungen eingestellt und auf die sich damit auch das Landgericht gestützt hat, wird weitgehend pauschal und wertend mitgeteilt. Der Bundesgerichtshof kann auf dieser Grundlage nicht verantwortlich nachvollziehen, ob aus den früheren Taten des Angeklagten, dessen sonstigem Verhalten und seiner psychischen Erkrankung – gefördert durch den Betäubungsmittelkonsum, der Grund für die Anlasstat war und vergleichbare Taten erwarten lässt – zu schließen ist, dass vom Angeklagten eine Gefahr künftiger erheblicher, das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit gefährdender rechtswidriger Taten ausgeht.
Die Entscheidung über die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hatte im vorliegenden Fall wegen der rechtlichen Verbindung und Wechselwirkung (§ 72 StGB) der Maßregeln nach §§ 63 und 64 StGB ebenfalls keinen Bestand2.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. September 2020 – 1 StR 324/20
- BGH, Beschluss vom 18.07.2019 – 4 StR 43/19 Rn. 12[↩][↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 08.07.2020 – 3 StR 154/20 Rn. 14 mwN[↩]
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