Das Bundesverfassungsgericht verneint eine Auslagenerstattung aus Billigkeitsgründen, wenn die Erledigung der Verfassungsbeschwerde ausschließlich auf prozessualer Überholung beruht.
In dem hier entschiedenen Fall befand sich der Beschwerdeführer auf Grundlage des Haftbefehls des Amtsgerichts Lübeck vom 11.05.2016 seit dem 21.10.2016 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegen die Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft wandte sich der Beschwerdeführer zunächst im fachgerichtlichen Verfahren mit der Beschwerde. Nachdem das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die Beschwerde mit hier angefochtener Entscheidung zurückgewiesen hatte, hat der Beschwerdeführer unter dem 19.06.2017 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Entscheidung vom 28.06.2017 hat das Landgericht Lübeck den Beschwerdeführer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und Haftfortdauer angeordnet. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Beschwerdeführer mit der Revision.
Im Hinblick auf die prozessual überholende Haftfortdauerentscheidung vom 28.06.2017 hat der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt und um Hergabe einer Auslagenentscheidung gemäß § 34a BVerfGG ersucht.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte dies ab; dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen nicht zu erstatten:
Vor dem Hintergrund, dass das Verfahren über die Verfassungsbeschwerde kostenfrei ist (§ 34 Abs. 1 BVerfGG), ist das Ersuchen des Beschwerdeführers auf Hergabe einer Auslagenentscheidung als Antrag auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen auszulegen.
Über die Auslagenerstattung ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Die Erstattung der Auslagen nach dieser Vorschrift stellt im Hinblick auf die Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 34 Abs. 1 BVerfGG), den fehlenden Anwaltszwang und das Fehlen eines bei Unterliegen des Beschwerdeführers erstattungsberechtigten Gegners die Ausnahme von dem Grundsatz des Selbstbehalts der eigenen Auslagen dar1. Bei der Entscheidung über die Auslagenerstattung kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. So ist es billig, einer beschwerdeführenden Person die Erstattung ihrer Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall – falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind – davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren der beschwerdeführenden Person selbst für berechtigt erachtet hat2. Im Hinblick auf die Funktion und die Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts findet eine überschlägige Beurteilung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung über die Auslagenerstattung jedoch grundsätzlich nicht statt3.
Nach diesen Maßstäben scheidet die Anordnung einer Auslagenerstattung aus. Die gegenwärtige Belastung des Antragstellers durch die hier angegriffenen Haftentscheidungen hat sich ausschließlich durch die prozessual überholende Haftfortdauerentscheidung des Landgerichts Lübeck vom 28.06.2017 erledigt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse nicht geltend gemacht. Umstände, die eine Auslagenerstattung aus Billigkeitsgesichtspunkten rechtfertigten, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 2 BvR 1368/17











