Die Auferlegung einer Bewährungsauflage in Form einer Geldauflage ist am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG1, gegebenenfalls an Art. 14 Abs. 1 GG2, nicht aber an Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen.

Das Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat bereits entschieden, dass eine Bewährungsauflage, unverzüglich ein Arbeitsverhältnis zu begründen, an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen ist, der insoweit spezielleren Vorschrift zu Art. 2 Abs. 1 GG3. Der Zweite Senat hat § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StGB am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG gemessen4. Das Bundesverfassungsgericht hat weiter entschieden, dass die Auflage, seine Einkommensverhältnisse offenzulegen, die allgemeine Handlungsfreiheit einschränke und dass es einer Prüfung am Maßstab des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG selbst dann nicht bedürfe, wenn durch den zwischenzeitlichen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in dessen Schutzbereich eingegriffen worden sei5. Ebenso ist geklärt, dass die Auflage, den durch die Tat verursachten Schaden wieder gut zu machen (§ 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB), eine gerechtfertigte Beschränkung der Handlungsfreiheit darstelle6.
Nichts anderes kann für die Auflage gemäß § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB gelten, einen Geldbetrag zu Gunsten einer gemeinnützigen Organisation zu zahlen. Wird eine derartige Auflage erteilt, greift dies grundsätzlich nur in die allgemeine Handlungsfreiheit sowie möglicherweise in die Eigentumsfreiheit des Verurteilten ein, sofern nicht ausnahmsweise durch die Auflage ein spezielleres Grundrecht unter demselben Gesichtspunkt berührt wird3. Dass die Bewährungsauflage zum Widerruf der Strafaussetzung führen kann, rechtfertigt es nicht, sie wie eine mittelbare Freiheitsbeschränkung zu behandeln. Grundsätzlich soll die unter Auflagen gewährte Strafaussetzung dem Verurteilten die Möglichkeit geben, sich zu bewähren. Die erteilten Auflagen eröffnen häufig erst die Möglichkeit der bedingten Strafaussetzung und dienen so im Ergebnis der Erhaltung der Freiheit, nicht deren Entzug. Außerdem führt ein Verstoß gegen eine Bewährungsauflage nicht zwingend zum Widerruf der Strafaussetzung. Der Widerruf ist materiell an die einschränkenden Voraussetzungen geknüpft, dass der Verstoß gegen die Bewährungsauflage gröblich und beharrlich ist (§ 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB) und kein milderes Mittel als der Widerruf der Strafaussetzung in Betracht kommt (§ 56f Abs. 2 StGB). Dies ist in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren, das den Maßstäben des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 2 GG genügen muss7, festzustellen.
Unterliegt somit die erstmalige Erteilung einer Geldauflage allein dem Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG bzw. – möglicherweise – des Art. 14 Abs. 1 GG, kann für das Verfahren ihrer nachträglichen Änderung gemäß § 56e StGB kein strengerer Maßstab gelten. Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist in diesem Verfahren daher nicht eröffnet. Auf eine unzureichende Sachaufklärung durch das Gericht kann sich der Beschwerdeführer überdies schon deswegen nicht berufen, weil er an der Klärung seiner hierfür relevanten Vermögensverhältnisse nicht in der ihm obliegenden Weise mitgewirkt hat. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides aus einem einzigen Veranlagungszeitraum ist hierfür nicht ausreichend.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. August 2011 – 2 BvR 507/11
- vgl. BVerfGE 95, 267, 300; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 05.03.2009 – 2 BvR 1824/05, NVwZ 2009, S. 837[↩]
- offen gelassen in BVerfGE 115, 97, 112[↩]
- vgl. BVerfGE 58, 358, 363[↩][↩]
- vgl. BVerfGE 83, 119, 129[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.09.1994 – 2 BvR 598/93, NStZ 1995, 25, 26[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.2002 – 2 BvR 499/02[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28.09.2010 – 2 BvR 1081/10, juris[↩]